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Robert, Carl [Editor]; Matz, Friedrich [Editor]; Andreae, Bernard [Editor]; Robert, Carl [Editor]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0095
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HAUPT- UND FULLFIGUREN.

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noch nicht gefunden. Auf 392 läuft Victoria dem Ge-
spanne des Pluto entgegen.

In dem ursprünglichen Typus der Entführungsszene, wie
ihn uns die älteren Exemplare von IIa 35g. 361—363. 368.
372—374. 376 repräsentieren, eilt Minerva dem Wagen
nach um Proserpina zu befreien, wird aber von Venus zu-
rückgehalten. Fast immer ist auch Diana zugegen, die sich
meist ängstlich entfernt, zuweilen auch noch eine weitere
Gespielin 361 - 363. 372. 374. Auf zwei Exemplaren von
III c 410 und 4111 ist dieses Schema so modifiziert, daß die
dazwischentretende Diana Venus auf das Nahen der Ceres
aufmerksam macht; auf einem andern Exemplar derselben
Gruppe 413 und auf einem der Gruppe III b 406 läuft nur
Venus hinter Minerva her, während Diana fortgelassen ist.
Auf einem andern Exemplar von III b 397 läuft Diana un-
mittelbar hinter Minerva her, während Venus im Hinter-
grunde erscheint; ebenso steht Venus auf einem Exemplar
von IIc 391 im Hintergrunde, während Diana fehlt. Diana
und Minerva ohne Venus in IIIb auf 394. Aber in den
meisten Fällen folgt auf den jüngeren Exemplaren hinter
dem Wagen des Pluto nur Minerva. So schon auf zwei
Exemplaren von IIa 377. 378, wo Venus beide Male noch
vom Blumenpfiücken her am Boden kniet, Diana aber das
eine Mal in derselben Stellung dargestellt ist, das andere
Mal die Flucht ergreift. Ferner erscheint Minerva allein in
II c auf 3go. 392, in III b auf 3gg. 402. 405. 40g, in III c auf
415. In II c auf 387. 38g übernimmt statt ihrer Diana die
Verfolgung, in III c auf 412, dem figurenärmsten Exemplar,
fehlen die drei Göttinnen nicht nur bei der Entführungs-
szene, sondern überhaupt. Eine eigentümliche Stellung nimmt
die zweite Gruppe der zweiten Klasse ein, die einzige, bei
der die Bewegung nicht von rechts nach links, sondern von
links nach rechts geht, 37g—384. Hier läuft Minerva nicht
hinter dem Wagen des Pluto her, sondern ihm entgegen,
und zwar mit einem Zweite in der rechten Hand, der zwar
nur auf 384 erhalten, aber danach auch auf 382 und 383 mit
großer Wahrscheinlichkeit zu ergänzen ist. Man hat hieraus
auf eine dem Pluto freundliche Gesinnung der Minerva
schließen, eine andere Sagenversion wie bei den übrigen Ex-
emplaren statuieren und diese Gruppe als besondere Klasse
ausscheiden wollen. Allein die Annahme verschiedener Sagen-
versionen ist bei der übrigen Gleichartigkeit der Darstellung
mehr als bedenklich1) und die Beglückwünschung durch
Darbieten eines Zweiges aus dem Altertum nicht zu be-
legen. Vielmehr ist es hier wie auf dem Adonis-Sarko-
phage 21 der Zauberzweig, der, wie er einerseits den Ein-
tritt in die Unterwelt ermöglicht, so die Rückkehr zum Licht
verbürgt, vgl. oben S. 23 und Sitz.-Ber. d. Berk Akademie
1915 S. 709 fr. Diesen hält Minerva als prophetisches Sym-
bol der geraubten Proserpina hin; im Gegensatz zu ihr hebt

T) Vgl. das oben S. 169 bei den Hippolytos-Sarkophagen Bemerkte.

die 383 und 384 über dem Gespanne erscheinende Venus
den Granatapfel hoch, durch dessen Genuß Proserpina der
Unterwelt verfällt, ebenso auf 3g3. Auf 383 erscheint hinter
Minerva auch die auf 384 fehlende Diana, die sich hier
nach links entfernt, auf 382, wo Venus fehlt, kniet sie zwi-
schen Minerva und dem Gespanne. Auf 37g sieht man sie
hinter dem Gespanne des Pluto sich nach rechts entfernen;
dieses Exemplar, auf dem gleichfalls Venus fortgelassen ist,
nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als Minerva nicht
den Zweig hält, sondern die Rechte auf die Schulter des
Mercur legt, wie um ihm Halt zu gebieten.

Die bei den jüngeren Gruppen aus der Entführungs-
szene ausgeschalteten Göttinnen werden dort häufig für die
Überraschungsszene verwandt. Diese ist offenbar ein
späterer Eindringling. Allein oder nur von Amoren umge-
ben erscheint die blumenpflückende Proserpina auf allen
Exemplaren von II b, einmal in III b 3g7 und zweimal in III c
410 und 411 Sonst ist stets auch der herantretende Pluto
dargestellt, der auf 3gi. 405. 4051. 406. 40g. 413. 415 von
Mercur begleitet wird. Auf den beiden Exemplaren, wo
Diana in der Entführungsszene die Rolle der Minerva
übernimmt, ist diese das eine Mal 38g zur Überraschungs-
szene, das andere Mal 387 zur suchenden Ceres gestellt,
während hier Venus bei der Überraschung zugegen ist;
auf 3go wohnen Venus und Iuno, auf 3g2 Venus und
Diana der Überraschungsszene bei, auf 3gg Venus allein.
Auf vielen Exemplaren der dritten Klasse kniet Venus als
Gegenstück der Proserpina blumenpflückend am Boden 3g4.
402. 405. 405*. 40g. 415. Außerdem ist hierbei Diana zu-
gegen auf 405. 406, Minerva auf 405l, Diana und Mi-
nerva 40g. 415. Auf 3g3, wo Überraschung und Entfüh-
rung in eins zusammengezogen sind, fehlt keine der drei
Göttinnen, und Venus hebt zeigend den Granatapfel hoch.
Kleine Lokalgottheiten zur Raumausfüllung finden sich in
dieser Szene nur bei der dritten Klasse auf 3g7. 402. 40g;
auf 405 und 4051 tritt an ihre Stelle ein rätselhafter bär-
tiger Mann im wallenden Ärmelgewand, das eine Mal mit
großen Schulterflügeln.

Von erhaltenen Bildwerken anderer Gattungen stehen
den Sarkophagen am nächsten die beiden Elfenbeinplatten
aus Pompeii, von denen die eine die Entführung (mit einer
Halbfigur, die als Iupiter gedeutet zu werden pflegt), die
andere die verfolgenden Gottheiten Minerva und Diana (ohne
Venus) und unmittelbar hinter diesen herschreitend die su-
chende Ceres zeigt, Giornale degli scavi di Pompeü III tav. 1,
Overbeck Griech.Kunstmythologie Atlas Taf. XVIII 4 ab, da-
nach unsere Abbildung S. 454. Ähnlich ist auch eine Schale
des Canoleius, Pagenstecher Calenische Reliefkeramik S.74ff.
Nr. 114 Abb. 34, danach unsere Abbildung S. 454*). Dieser

2) Für die freundliche Überlassung des Klischees spreche ich der Ver-
lagsbuchhandlung von Georg Reimer meinen verbindlichsten Dank aus.

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