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THESEUS
Gefunden in Altofen.
Ab b i 1 d u n g: Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Öster-
reich-Ungarn XIII 1890 S. 66 Fig. 20.
Literatur: J. Ziehen Arch.-epigr. Mitt. a. a. O. S. 66ff.
J. Ziehen bezeichnet die Platte Fig. 428 als Einzelrelief.
Doch paßt das Verhältnis der Höhe zur Breite durchaus für
die Schmalseite eines großen Sarkophags. Dargestellt ist
Theseus im Kampf mit Minotaurus. Dieser ist auf das
linke Knie gesunken, hebt die linke Hand über den Kopf
und streckt den rechten Arm hilflos zur Seite. Theseus
hat ihn mit der Linken im Nacken gepackt, und hebt mit
Tafel
430) S. Clieveden. Fig. 430. Fig. 430a. Fig. 430b.
L. 1,92. H. 0,80. T. 0,87. Nach Photographie.
Gefunden im Oktober 1883 in Castel Giubileo, dem alten Fide-
nae, bei Ausgrabungen, die von den Fratelli Bianchi, einer römi-
schen Seidenhändlerfirma, unternommen wurden. Von diesen später
an MlSTER Astor verkauft, der den Sarkophag auf seinem Landgute
Clieveden als Blumenbehälter verwandt hat. Vorher in Rom nicht
ungeschickt, aber doch im einzelnen nicht korrekt ergänzt und leider
auch geputzt Fig. 430'. Dabei sind einzelne Fragmente nicht mit ver-
wandt und später wohl verschleudert worden; jedenfalls sind sie jetzt
verschollen; über diese und über einige auf unserer Abbildung nicht
kenntliche Details stehen mir Notizen zu Gebote, die ich 1884 vor dem
noch nicht restaurierten Original gemacht habe.
Abbildungen: Archäologische Zeitung XLII 1884 S. 273 (nur
die Vorderseite, Umzeichnung nach Photographie). — Journal of hel-
lenic studies XX 1900 VIII b (die Vorderseite ergänzt), c. d. (Schmal-
seiten), p. 90 (r. Hälfte der Vorderseite vor der Ergänzung).
Literatur: Notizie degli scavi 1883 p. 372 s.\ robert und
Trendelenburg Arch. Zeitung XLII 1884 S. 77; M.Mayer ebd.
S. 271fr.; Robert Journ. of hell. stud. a. a. O. p. Sbss.
Die Vorderseite Fig. 430 wird, wie bei den Hippolytus-
Sarkophagen 164 fr., den Adonis-Sarkophagen 12 ff. und
zuweilen auch auf den Sarkophagen mit Löwenjagd (z. B.
Clarac Mus. d. sculpt. pl. 151, 186 nr. 423), durch einen
Torbogen in zwei Hälften geteilt, an dessen Archivolt eine
nach rechts schreitende lang-bekleidete Victoria mit Kranz
und Palme in den Händen angebracht ist. Die linke Hälfte
enthält nur eine einzige Szene, die rechte deren zwei, von
denen die an der Ecke sich auch auf die anstoßende Schmal-
seite Fig. 430 b erstreckt und der anderen zeitlich voran-
geht; auf der Vorderseite greifen beide Szenen stark inein-
ander über. Auch die linke Schmalseite Fig. 430 a stellt
die Fortsetzung der anstoßenden Szene auf der Vorder-
seite dar.
Die Szene auf der linken Seite ist nach dem Schema
der entsprechenden Szenen auf den genannten Hippolytus-
und Jagdsarkophagen, also Hippolytus vor Phädra und
der Rechten die Keule zum Schlag. Rechts ist noch ein
Jüngling angebracht, der den linken Fuß auf eine Boden-
erhöhung setzt, und die linke Hand an die Wange legt,
während die auf dem linken Oberschenkel ruhende Rechte
einen Gegenstand zu halten scheint. Vermutlich ist es
Mercur und das Attribut sein Caduceus, der ursprünglich
durch Farbe deutlich gemacht war.
429) = 144 b, wo man sehe.
Von Literatur ist hinzugekommen: v. Salis Archäologisches
Jahrbuch XXV 1910 S. 140 fr.
CXXXV.
Aufbruch zur Jagd, komponiert. Sie stellt Theseus vor
Minos dar. Theseus mit Porträtzügen und dem kurzge-
schnittenen Haupt- und Barthaar, wie es im dritten Jahr-
hundert Mode war, streckt gestikulierend die rechte Hand
aus; in der Linken hält er einen Speer; bekleidet ist er
mit einem langen Mantel und mit Schuhen. Der ihm gegen-
überstehende Minos hebt, über seine Rede erstaunt, die
rechte Hand. Er ist bärtig und hat lockiges Haupthaar;
bekleidet ist er mit gegürteter und geschürzter Tunica,
Mantel und Stiefeln; in der Linken hält er einen Speer,
zu seinen Füßen liegt am Boden sein Helm, vgl. 324. 325.
Hinter ihm steht sein Trabant, in derselben Tracht, wie
der König; jedoch mit Schuhen statt der Stiefel. Mit der
Linken stützt er sich auf einen Speer, die Rechte erhebt
auch er mit einer Gebärde des Staunens; da sie aber nicht
unterschnitten ist, entsteht der Eindruck als lege er sie
auf die rechte Schulter des Minos. Theseus ist von lauter
göttlichen Personen umgeben. Zwischen ihm und Minos
steht, ihn sinnend anblickend, wobei sie das Kinn auf die
rechte Hand stützt, Venus; sie trägt ein Diadem und einen
langen schleierartig über den Hinterkopf gezogenen Mantel;
in der auf den Abbildungen durch den Kopf des Theseus
verdeckten Linken hält sie ein Szepter, dessen unterer Teil
auf ihrem Gewände zu erkennen ist. Zu ihr gehört der
Amor, der von Theseus nach links wegschreitend den Kopf
zu ihm emporhebt; er hielt in der erhobenen Linken eine
Fackel, von der nur noch der mittlere Teil erhalten ist.
Der rechte Arm war gesenkt; vermutlich machte er damit
einen zeigenden Gestus, um Theseus den Weg zu weisen.
Über der linken Schulter des Theseus wird, als Gegenstück
zu Venus, Minerva sichtbar, hinter seinem linken Arme
sein gezäumtes Roß, vor diesem sein Jagdhund. Vor dem
Pferde schreitet, jedoch ohne es wie auf den Hippolytus-
und den Jagdsarkophagen am Zügel zu fassen, Vir tu s mit
Helm und Speer, das Schwert an der Seite, in gegürteter
und geschürzter Exomis und Jagdstiefeln; den Kopf nach
THESEUS
Gefunden in Altofen.
Ab b i 1 d u n g: Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Öster-
reich-Ungarn XIII 1890 S. 66 Fig. 20.
Literatur: J. Ziehen Arch.-epigr. Mitt. a. a. O. S. 66ff.
J. Ziehen bezeichnet die Platte Fig. 428 als Einzelrelief.
Doch paßt das Verhältnis der Höhe zur Breite durchaus für
die Schmalseite eines großen Sarkophags. Dargestellt ist
Theseus im Kampf mit Minotaurus. Dieser ist auf das
linke Knie gesunken, hebt die linke Hand über den Kopf
und streckt den rechten Arm hilflos zur Seite. Theseus
hat ihn mit der Linken im Nacken gepackt, und hebt mit
Tafel
430) S. Clieveden. Fig. 430. Fig. 430a. Fig. 430b.
L. 1,92. H. 0,80. T. 0,87. Nach Photographie.
Gefunden im Oktober 1883 in Castel Giubileo, dem alten Fide-
nae, bei Ausgrabungen, die von den Fratelli Bianchi, einer römi-
schen Seidenhändlerfirma, unternommen wurden. Von diesen später
an MlSTER Astor verkauft, der den Sarkophag auf seinem Landgute
Clieveden als Blumenbehälter verwandt hat. Vorher in Rom nicht
ungeschickt, aber doch im einzelnen nicht korrekt ergänzt und leider
auch geputzt Fig. 430'. Dabei sind einzelne Fragmente nicht mit ver-
wandt und später wohl verschleudert worden; jedenfalls sind sie jetzt
verschollen; über diese und über einige auf unserer Abbildung nicht
kenntliche Details stehen mir Notizen zu Gebote, die ich 1884 vor dem
noch nicht restaurierten Original gemacht habe.
Abbildungen: Archäologische Zeitung XLII 1884 S. 273 (nur
die Vorderseite, Umzeichnung nach Photographie). — Journal of hel-
lenic studies XX 1900 VIII b (die Vorderseite ergänzt), c. d. (Schmal-
seiten), p. 90 (r. Hälfte der Vorderseite vor der Ergänzung).
Literatur: Notizie degli scavi 1883 p. 372 s.\ robert und
Trendelenburg Arch. Zeitung XLII 1884 S. 77; M.Mayer ebd.
S. 271fr.; Robert Journ. of hell. stud. a. a. O. p. Sbss.
Die Vorderseite Fig. 430 wird, wie bei den Hippolytus-
Sarkophagen 164 fr., den Adonis-Sarkophagen 12 ff. und
zuweilen auch auf den Sarkophagen mit Löwenjagd (z. B.
Clarac Mus. d. sculpt. pl. 151, 186 nr. 423), durch einen
Torbogen in zwei Hälften geteilt, an dessen Archivolt eine
nach rechts schreitende lang-bekleidete Victoria mit Kranz
und Palme in den Händen angebracht ist. Die linke Hälfte
enthält nur eine einzige Szene, die rechte deren zwei, von
denen die an der Ecke sich auch auf die anstoßende Schmal-
seite Fig. 430 b erstreckt und der anderen zeitlich voran-
geht; auf der Vorderseite greifen beide Szenen stark inein-
ander über. Auch die linke Schmalseite Fig. 430 a stellt
die Fortsetzung der anstoßenden Szene auf der Vorder-
seite dar.
Die Szene auf der linken Seite ist nach dem Schema
der entsprechenden Szenen auf den genannten Hippolytus-
und Jagdsarkophagen, also Hippolytus vor Phädra und
der Rechten die Keule zum Schlag. Rechts ist noch ein
Jüngling angebracht, der den linken Fuß auf eine Boden-
erhöhung setzt, und die linke Hand an die Wange legt,
während die auf dem linken Oberschenkel ruhende Rechte
einen Gegenstand zu halten scheint. Vermutlich ist es
Mercur und das Attribut sein Caduceus, der ursprünglich
durch Farbe deutlich gemacht war.
429) = 144 b, wo man sehe.
Von Literatur ist hinzugekommen: v. Salis Archäologisches
Jahrbuch XXV 1910 S. 140 fr.
CXXXV.
Aufbruch zur Jagd, komponiert. Sie stellt Theseus vor
Minos dar. Theseus mit Porträtzügen und dem kurzge-
schnittenen Haupt- und Barthaar, wie es im dritten Jahr-
hundert Mode war, streckt gestikulierend die rechte Hand
aus; in der Linken hält er einen Speer; bekleidet ist er
mit einem langen Mantel und mit Schuhen. Der ihm gegen-
überstehende Minos hebt, über seine Rede erstaunt, die
rechte Hand. Er ist bärtig und hat lockiges Haupthaar;
bekleidet ist er mit gegürteter und geschürzter Tunica,
Mantel und Stiefeln; in der Linken hält er einen Speer,
zu seinen Füßen liegt am Boden sein Helm, vgl. 324. 325.
Hinter ihm steht sein Trabant, in derselben Tracht, wie
der König; jedoch mit Schuhen statt der Stiefel. Mit der
Linken stützt er sich auf einen Speer, die Rechte erhebt
auch er mit einer Gebärde des Staunens; da sie aber nicht
unterschnitten ist, entsteht der Eindruck als lege er sie
auf die rechte Schulter des Minos. Theseus ist von lauter
göttlichen Personen umgeben. Zwischen ihm und Minos
steht, ihn sinnend anblickend, wobei sie das Kinn auf die
rechte Hand stützt, Venus; sie trägt ein Diadem und einen
langen schleierartig über den Hinterkopf gezogenen Mantel;
in der auf den Abbildungen durch den Kopf des Theseus
verdeckten Linken hält sie ein Szepter, dessen unterer Teil
auf ihrem Gewände zu erkennen ist. Zu ihr gehört der
Amor, der von Theseus nach links wegschreitend den Kopf
zu ihm emporhebt; er hielt in der erhobenen Linken eine
Fackel, von der nur noch der mittlere Teil erhalten ist.
Der rechte Arm war gesenkt; vermutlich machte er damit
einen zeigenden Gestus, um Theseus den Weg zu weisen.
Über der linken Schulter des Theseus wird, als Gegenstück
zu Venus, Minerva sichtbar, hinter seinem linken Arme
sein gezäumtes Roß, vor diesem sein Jagdhund. Vor dem
Pferde schreitet, jedoch ohne es wie auf den Hippolytus-
und den Jagdsarkophagen am Zügel zu fassen, Vir tu s mit
Helm und Speer, das Schwert an der Seite, in gegürteter
und geschürzter Exomis und Jagdstiefeln; den Kopf nach