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ankündigt, möchte man die brennenden Holzscheite in den offenen Kami-
nen nicht missen. Sie gehören mit zur letzten Behaglichkeit dieser Räume.

Auch die Wohltätigkeit war in das Palais Auersperg gezogen, und
zwar durch eine ähnliche großangelegte Aktion wie diejenige ist, welche'
gegenwärtig in diesem Hause stattfindet. Im Jahre 1875 fand hier eine
glänzende Theatervorstellung statt, die von dem geistvollen, leider zu frühe
verstorbenen Kunstmäzen Baron Oihon Bourgoing im Vereine mit Für-
stin Metternich arrangiert worden war. Eine Bühne war aufgeschlagen,
eine Hofloge mit roten, goldverbrämten Draperien errichtet, in welcher
Kronprinz Rudolf und alle in Wien weilenden Mitglieder des Kaiserhauses
erschienen waren. Das Programm war in der Art der Kongreßfeste gehal-
ten, deren Erinnerung in Wien nie verblichen war. Die seinerzeit so be-
rühmten Wiener lebenden Bilder, mimische Darstellungen nach berühmten
Gemälden, wurden wieder in das Lichtfeld einer gesellschaftlichen Bühne
gestellt. Die Tableaus der „Judenbraut" nach Rembrandt, „der Prinzessin
Lamballe" nach Joseph Hickel, der „Pelotoneusse"'' nach Grenze und viele
andere wurden von Mitgliedern der Wiener Aristokratie dargestellt, eine
erlesene künstlerische Augenweide.

Wenn sich aber jetzt die Pforten des Palastes wieder auf tun und gast-
lich empfangen, so geschieht es um des edlen Zweckes willen, dem die Ver-
anstaltung zustrebt: Die reine Menschlichkeit in schöner Art zu beweisen
und von den vielen Leiden dieser bitteren Zeit eines zu mildern. Dadurch,
daß die Kunst, diese hehre Göttin, ihren Glanz über das Unternehmen
breitet, erhält es eine symbolische Bedeutung. Die Frohheit, welche von
schönen Kunstgebilden ausgeht, soll auch diejenigen Menschen erfüllen,
deren Lebensschicksal durch die patriotische Tat gewendet wird. Das Licht
der Freude soll vielen entzündet werden. Dies ist das letzte Ziel der unter-
nommenen Aktion.

W i e n, im Mai 1917.

Richard Smekal.
 
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