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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Die Juden in Konstanz. Nach den Urkunden des dortigen Stadtarchives
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0037
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der Tagmesse im Dome, schloß man alle Thore der Stadt, sieng
sämmtliche Juden und sperrte sie in ihre HLuser ein, wo
sie bewacht wurden. Die Juden baten, man solle sie loslassen
und die Wächter entfernen. Der Stadtrath gieng darauf ein,
wenn sie schwören würden, weder Leib noch Gut von der
Stadt zn entfremden. Als sie dies thaten, wurden sie srei; doch
kamen sie nicht viel unter die Leute und hielten sich in ihren
Handlungen eingezogen.

Alll das indessen hals ihnen wenig; denn bei der vierten
und letzten Zunftempörung, am 31sten Juli 1430, drangen die
Ausrührer in die Häuser der Juden ein, nahmen Jung und
Alt von beiden Geschlechtern, die vorher nicht entsliehen konnten,
gefangen und setzten sie aus den Thurm am Ziegelgraben.
Die Armen ließen den Rath um die Erlaubniß bitten, eine Bot-
schaft an Kaiser Sigismund nach Regensburg absenden zu
dürfen, was ihnen auch gestattet wurde. Hierauf begaben sich
achtzehn Rathsglieder zu den übrigen Juden in die alte Katze,
welche mit ihnen übereinkamen, daß sie 2200 Gulden auf den
Tag erlegen, sich damit von der Stadt loskaufen und sich mit
dem Kaiser darüber benehmen sollten.

Da sich die alten Geschlechter in Konstanz wegen ihrer
Vertreibung im Jahre 1429 dem Schiedsspruche des Kaisers
unterworfen hatten, und deshalb Unterhandlungen mit ihnen und
der Gemeinde eröffnet worden waren, so wollten sich die kai-
serlichen Anwälte nicht mit den angebotenen 2000 Gulden
begnügen, sondern verlangten noch weitere 2000 für die kaiser-
liche Kanzlei. Die städtischenAbgeordneten nahmen diesen
Vorschlag an, wenn man der Stadt die zur Lösung der Sig-
mundffchen Pfänder versprochenen 10,000 Gulden baar ausbe-
zahle, was nun in einem Wechsel auf Venedig geschah ^).

Als die Gesandten wieder zurückkamen, gieng es hinter die
Juden her. Man befahl ihnen, Alles, was sie hätten, oder

6) König Sigmund war einer Anzahl von Konstanzern seit den Tagen
des Conciliums noch 21,500 Gulden schuldig, wofür er ihnen kostbare Ta-
peten,-Vor- und llmhängtücher in Versatz gegeben. Vergl. Marmor,
das Concil zu Konstanz (nach Reichenthal), S. 152.
 
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