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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Eine Schwarzwald=Wanderung, 1858
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0368
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halb Stunden langen Weg durclsts Thal der Werrach in das
Rheinthal hinaus. Der Himmel blickte zwischen den hohen und
gähen Thalhalden freundlich auf mich herab, während das mun-
tcre Thalwasfer meine Empfindungen mit der tranlichen Musik
seines Nanschens begleitete.

Das Werrachthal, welches nach Herstellung seiner Kunft-
straße eine Zeitlang für das merkwürdigste und am meisten ma-
lerische nnserer vaterländischen Thäler gegolten, zeichnet sich aller-
dings dnrch seine wildromantische Natur besonders aus.
Tief zwischen gewaltige Bergabhänge eingezwängt, ziehet es sich
in mannigfachen Krümmungen abwärts, öfters von schroffen,
kühncn Felsenvorsprüngen so verengert, daß die Straße
neben dem Thalwasser kaum noch ihren Durchgang findet.

Und eine Stelle dieser Engpäsfe hat große Aehnlichkeit mit
dem Hirschsprunge im Höllenthal. Allein, die Felsen- und
Waldpartien sind unmalerisch zerrissen; das Thalbette bleibt in
Breite uud Gestaltung zu gleichförmig, zu beschränkt, und die
characteristischen Scenen wiederholen sich so oftmals, daß sie ihren
Reiz dadurch verlieren.

Es fehlen die breiteren Stellen, die sonnigen Thal-
anen, die hochgrünen Bergwiesen neben dem dunkeln Tannen-
grün, wie solche das Höllenthal besizt. Und bei diesem Mangel
an Abwechselung in Gestalt und Färbung ist das Thal zu lange,
es ermüdet dcn Wanderer seelisch und leiblich.

Auch einen Ausgang hat das Werrachthal, welcher so
üppig grün und gesegnet im Schoße der Gegend ruht, wie dorten
das „Himmelreich"; wieder jedoch mangelt hier jene malerische
Scenerie, mit deren Zauber das Treisamthal unsere Blicke er-
füllt. Jndesfen, es läßt sich das Eden bei Wehr ^) so strenge
mit Anderem nicht vergleichen; sein landschaftliches Gepräge ift
ein eigentümliches, nicht weniger herrliches. Das Wiesengrün
herrscht darin vor und entzückt den Beschauer, welcher sich da-
ran kaum ersättigen kann.

57) Dieser Namen entstund aus Werra (Werr-Ach, wildes Wasser?),
welcher sowohl den Flecken, als das Thal bezeichnete.
 
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