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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 280-304 (1. Dezember 1919 - 31. Dezember 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0596
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eigenerKraft kann es sein Los verbessern.
Der neuen Entente habcn wir vorderhand
nichts entgcgenzustcllen, als den Willen eines
Bolkes von 60 Millionen. sich nicht ver -
sklaven zn lassen. Aber dieser Wille kann
nur dann einen Erfolg verbürgen, wenn er
alle Schichten «!ines Volkes durchdringt. So-
lange es daran fehlt, — und noch fehlt cs sehr
daran, müssen alle Hoffnungen auf eine B.ssc-
ruilg unserer Lage in das Reich frommer
Wünsche verwiesen werden.

Dem Felnde zur Wonne

Die Turmcr «Stcvmpa" meldet <rus Paris. datz
dle DcrösfentlillMKsen l>er deutschen Akten
zum Kriegsausüruch in FraNkreich fiir maM«l>end
erachtet werden. um daraufhin die Auslrese-
ru::a der schuvdigen Pcrsoncn von Teutschland zu

Der Druck aus die Partelkassen

Kopenhagen. 16. Dez. Die Zentral News mel-
det aus Wa.hinaton. dast die führenden ^i-
nanzmänner. die hinler der Aktion z u Gu n-
sten derr Ratifikation d-s Jrkdensvortra-
Ü-'s ftehen. erklärt l-aben. bei Ler kimi«nd.n Pra-
silentschnstslvalvl jeden Zuschuh Mr die repu-
-likaniiche odcr demokratische Partcikasse zu v-r-
weigern ßalls dic Natisikation nicht erfolgt.

Ännahme des Notopfers in
der Nationalversammlung

, Berlin. 17. Dez.

Abü. Eichhorn lU. S. P.) tehnt in der zweiden
Beratuna des llmsatzstcuergesetzes namens
fcinor s-ealluul den Gefetzentwurf grund'ützlich aÄ.
oa er die kleinen Lente am sttirksten Lelaite.

§ i wtrd in r«r AussclMsMssung anscnommen.

Zu Z 2 (Ausnahmen von der Destencnmg) wird
ein vom Abs. Philipp lD. N. begrün>dv--r An-
trag Arnstadt abaelehnt. der kleineren llnter-
nehnnrngen Entnabm,.' von Geaenftändcn aus dem
eiaenen BctrieL in gerinMrem Uinfan-ae erlauben
will

Au 8 3 (VcfreiuuL der Länder und Gemeinden
von lor Steuer) wird ein vom Ab«. Dr.Rafchig
(Dem.) besrünLeter Antrag Waldttein angenom-
,non. der für Reich. Ländcr. Ge-nveinden Lind Ga-
meindeverbönde, Sch'xlchtHöfe. Eas-. Elcktrizitäts-
rmd Wasserw-rLe von der Steuer befreion will.

Aba. Wetzlich (D. N) b«Mündet einen Antrag
Arnsürdt. eincn 8 7a einMsüs-n. uach l«in Liefe-
rnnaen von 900 000 DL jährbich u-msatzsteuerpiflich-
tig ÜnL die bei einem llntcrnehmen. das aus v^r-
schicdcnartigcn Detrieben besteht. aus einein die-
jer B-llrieLe an dcn «mderen gelü-.sert werden.
llmfatze diefer Snimne sollen frei bleiLeir. Der
Anträg wiro aLge l ehn t.

Aba. Kempkcs (D. Vpt.) bsgrün!1rt einen An-
trag wcgen Heraivsetzung der Jnseraten-
tzeuer auf 5 r>. H. und we«n StroichunL der
Sta.sfelung so-wie einen EventuaLantras aus He.r-
abfehmig dcr Stasfelung.

Abg. Nuschke (Dem.) stimint drm Antrag zu.
Eine Reklamesteuer sei ein llnsinn in ei-
nem Nnrsatzsteuergosetz. Lenn die Neklame soll dsch
den llnrfatz steigern.

Avg. Sidow (Soz) Leantrast eine andere Fas-
tzmg. nach d-rr Lie Ermessung der Zn^eratenstLucr
nach der StaMung des Ausfchusses für die Zci-
tungen ohne weiteres eintritt. Dieser Antras wird
aason om mon.

Der Rest des Eesetzes wird angenonrmrn.

Zrüchfte Sitzlln-g 3 Uhr. Tagesordnung: R e i chs-
notopfer »Md anderes.

Rachmittags-Sitzuns

Ans ter Tagesordnung sletzt dic dritte Bera-
tung des Neichsnotopfers.

Es ltsgt ein Anturg Becker - Rietzer (D.
Vpt) vor. den Entwurf an den 10. Auslchutz zu-
rückMverweisen.

Abg. Schulz-Dromb.'rg (D. -( beantrast, wte
bei der zweiten Lefung. die Umändcrung des Not-
opHers in Äne Zwarvgsanleihe.

Abg. Nietzer (D. Vpt.) begründet den Antrag
Bnkr-Rietzer. Die Zurückverweis-ung soll beson-
ders de-ni Zweck diencn. aus erne Erklärung
dax Entent« zu drängen, datz das Rsichsuo'-

§ Die große Kunst des LebenS besteht darin, ^
» daß ei>er den anderen verstehen lernt; und die
K beste Lehre heißt: sich in die Verschiedenheit der <d
L Menschen finden. Müller 2

kseinrich Seiffevts Lnde

Ein psychologisches Märchen von heute
Don I. v. Bülow
(1. Fortsetzung.)

TLtLtütütü — guattr das Tolephon, die Ordo--
nanz meldete: »Herr Skchsarzt Schuler werden
LevcLnscht."

Nach ein paar Minut-en kam Dr. Schkller wieder
herein Er war nicht u-.migcr blak als Wagner.

-.Nun. Doktor, haben Sie auch mit dem Hrmmel
telephoniert?"

.Es ist wirkl'.ch Seissert gewesen," sagte er ton-
los Alle schwiegen sttzt. Wenn der nüchtern«'
Arzt las sagte. gabs keincn Zweisel.

.Lber wieso? War es sein^ Slimnre?"

«Stein, Doch er gab mir Bewcise. Er hat m'-ch
beim letzten llrlaub oebcäen, stine Frau zu unrcr-
suchen. Tas Ergeünis kennl nur er und ich. nicht
einmal seine Frau. der ich etwas andcres erzätzlte.
Er kann umnöglich darüber seredet lmven. und ich
fchon gar nicht. Dann jagte er iwcl>: „Zch roeitz.
Sie werlen dem WLacrle die Eeichichte ausredcn,
atz.'r der Hippauf mutz setnen Past und oie Sachen
Lekonlmen. und itzm dürfen kei.ie Schwieriakciten
«onwcht wcrdcn." Zch war wirklich ersiaunt. um
noch nach nähcrm zu fragrn. Ab:r den L>ipp.ruf
mug ich mtr be.ehen. Sie lassen mich rusen. Wag-
ner. wenn «r kommt. Sonst gnade Zhnen Eott'."

Jn der folgenden Nacht belcgten Fllener die
Unterkunst des Reguncnts mit Bo«nb' n. Da urch
hatte der Stabsarzt fo viel zu tun am andsrn Tage
dah er die Antunft des Hippauf versäumte. und awch
Wagnex konnte fich nicht lanae nnt dem Mann
aushalten, wei! es gerade Anruie und Meldungi.'n
hagc.te. Drum sab er bbm schncll die gewün.chten
Tpnge. ltctz thm einen neuen Rock anweisen. und
fo reiste rer Laichsturmmann Hippcruf. gehöris lesi-
Ztmiert. nach B'rlin.

epfer nicht von der Entente ücjchlagnatzmt wird.
Dem Rtichsnütopfer steht falt ein« gvschlossene
Phcrlanx aus Landwirt,chaft. Handel. Zndustrie u.
Eewerbe cutgegLN.

Bize. räsident Läbe tcilt mil. dast fiir den An-
trag Beckcr 3lietzer namentlicha Llbstimnruno
Loantragt isr.

Aba. Waldst^in (Dem.): Unstre Fraktion st-M
eimnütig auf dem Standpunkt. datz der Bositz zu ei-
ner sttrrkcn Sonderle'lstung heransczoven werden
mutz. Eine Mindcrheit hat aber starke Bedenken
gvgen die vvrlieÄnde Fovm des Notopsers. Die
Mehrheit meiner Partei stellt jedoch alle Be-
denk.n zurück.

Abg. Wurm (U. S. P ): Wir lehnen dcn An-
tra'g Beck^r-Rüetz r ab Wir erwarten. datz der
ReichAsinanzminister sein Versprechen hält und uns
das Gefetz iiber dte tote Hand ücrld einibringt.

Abg. Dr. Braun (Soz): Wir sehen in der Bor-
l-age nicht das vrrwirklicht. was wir gehofft ha-
bcn, aber wir habeu in der Koinmission davan ar-
beiten helstn. um allas für die kleinen Dcrmögen
zu tun. was möalich war; eböirso sind wir den 4lus-
landsi'eutsch.n möglichst «ntgegen gckc-mmen.

Minister Erzbcrger: Zn dar Frcvgo der Dop-
p e l be ste u e r u n g u. der gcgenseitiWen Reichs-
tzilsv in Stervevsachen sind mit den neutralen
Staaten sckron Dechand.ungen angoknüpft. Die
Rcichsaibc-äibenorlnuna nru.tz ü'r Ausgangsvunkt ei-
ner iwternattonalen Attion grötzten Stils
werdcn.

Abg. Schulz-Bromberg (D. N. bespricht die Rle-
derlage. dic der Neichsfinanzminifticr in der vreu-
tzischen Laivdesverscrmmlung gehabt habe. die jeoen
anderen Minister zur Amtsniederlieguna
veranlassen wiirde.

Ministcr Erzberger wendet sich in länaeren Aus-
fiihrungen segen ren Vorredner. Die Spar-
prämien - Anleih« habe 80 v. H'. des e»
warteten Ersebnisses eebabt. Vier Fünstel der
Zeichner skeien klein§ Leute. das grotze Ka-piral sei
sich seiner vaterländischcn Pflickt wentg bewutzt ge-
wesen. Das N-eichsnotopfer mutz noch heute
oerabschiedet werden.

Nach weitereii Ausführungen einzelnex Abge-
ordneter schlietzt die A'ussprackie. der Anteag R i e-
tzer avlf Rückverweisung der Vorlage an den Auv-
schutz wurde absrlehnt und das Gesetz Wer das
Reichsnotopfer in dritter Lesung angeuommen.
Näch GiltigkeitA'rklärungl vinzelner Wahken
wird ern Entwurf über Steuernachlatz eben:o
ein GcsLtzentwurf grgen das Animterknei,
penarnwesen in drei Lesungen vevcvbschiedet.

Präsi>ent Fehrenbach osrlittt ein Delegramm
aus dem Kveise Luck mit doin Vepspreäien, tre.l
zum Reiche zu halten. Weg2n des einsetzenden
Gastwirtestreits leien für dte Abstoroncten
300 MittagsS-'diecke in der Reichstlissvesjiauration
gesichert.

NiicWe Sitzung Donnerstag 10 llhr: Deursch-
naticnale Interpellation wegen Wirtfchafts- und
Steirerpolitrk, Gesetz gsgen das Glücksfpteck, dritte
Verackung des Uinlagesteuergesetzes inrd des Elek-
trizitätsgcsetzl-s.

» » »

Friedüerg gcgen Erzberger
Aum Verständnis der Vorsänge in der gestri
gen Sitzung ider National-Verscnrmliu-na fei noch
mitgcteilt. datz in der Dormittagssitzung der preu
tzifchen Landesoersammlung dcr Demokraten-
führer Friedber^ mlt schärffter fachi'icher und
pnsönlicher Beschullrgnng geseu Er.cherger vor-
gina. Nicht nur Dib-'ttcmtismus und kknsühigkeit
wars er ihm vor, für dic Miszersola dch: Spar-
vrämienanleilh« die Quittung fei. soitdern er be-
IchnILigte de-n Fincrnzminister. das Gi'tachten des
Reichc-iusiizminifteriunis über die Gefahrduna des
Notopsers llurch Zugriff der Entzmte zugllnften sei-
ner Pläne abgeändert. also sefälfcht «r haben.
T4? Angelcsenheit wird die Oeffentllchreit uoch zu
sihttftigen haben.

Die drohende Wirtschafts-
katastrophe
Zwei Ansrage«

Die Parteien der Rechten habcn zwei Anfr-'
g e n eingcibracht, di« den Zufaninlenbruch un-
screr Wirtschaft zum Gesenstand haiben. Die
«ine Ansrage wendet sich c-'gen di>e verfebtte
Wirtfchafts- und Steuerpolitik und fragt die Ne-
gicrung. was sie zu tun gedenke. um dte drohende
Wirlschäftskatästrophe zu verhtndern und die nicht
am Prodnktionsprozetz unuvittelbar L>rteiUigten Ve-

Agathe Seistert. deren Leiden dank den guten
Ratschlägen Ddktor Schn'ers längst bofeitigt w-ar.
fatz im Garten ihres Dahlemer Landhiöuschens mit
cen beiden Kindern, dem Zungen. der ins vierte
Zahr ging. und der kleinen Marsarete. Lem Kriess-
kinde, und scch ihnen zu. wis st' in der wflrmen
Iunisonne als kleine Nackedeis umhertollte« und
tzchs wohl fein lietzcn, ohne von den Schrecken der
Wclt etwas zu ahnen.

Der Postbote reichte jetzt di>: Bricf-e durch den
Zcuin. dic der kleine Karl eilfertig abnahm »Wd
der Muttox brachte.

-Was vom Vcvti?" war feine altkllwe Frage.

..Heute mcht, mein Herzblatt." saste Frau As«.
die die Auf christen schnell überfiog. Es waren
einige H' sckKfllich»» Sachen, d'ie ste für ihren Atann
nrit erledigen mutzte. die 'Karte einer Freundrn
und dann ein schniieriaer Feldbrief. drr tyre Anf-
mevkscöinreit stärker fessette als d». andern. Sie
erbrach den Umschkag und las: »Liebe Age! Du
wirst die Nachricht von meinein Totte erhalten.
Sie ist nicht wahr. Zch lobe noch. Alles. was wir
vom Todo 6'auben. scheint falsch zu fein. Ein
andrer stavb für mich. Zch lebe. Kiisie die Kinder.
BalA nwhc. Tl'in Heinz Zch schreibe mit der
Linken. weil eine Hondgranate mir die RechLe auf-
rttz. Es ist aber nicht schlivvin. Auch hab« ich ketn
andres Papier rmd ivur ein Stück Hvlzkohle als
Stift."

Age hatte sich m diesen zwei Kriessiohren zu
fehr mit deni Gedanken oertraut gomacht. datz ihr
Glück einm-.rl ein Ende finden könnte. ails datz eine
Schrcckönsn-rck)richt st.'j hätte ntederCch:netb.'rn kön-
nen. Sie hatte sich in laneen. einsamen Stimden
ausnralen müsien. was sie tun würde. käme wirk-
lich die Tranerbotjchaft amch zu ihr. wie zu fo vie-
len Tausenden. ab.-r immer wv-der hatt ihre Zuver-
sichit aesiegt, datz sic Heinrich nicht verlieren würde.
Auf alles war ste dcmnach vorbcreitet, nur nicht
auf eine solche Mitteilung, noch daM »on ihrem
richiüen, klar denkenden Ätanne. Si>e brigriff sie
nnr lMb. dcnn noch batte sie keine Ncrchricht vom
Negiinent bekammen Sie wutzte aber. latz ihr
Marn oevmbrodet hatte. man solle. wenn er fcrLen
wiirde, l/er Frau nur in eini>m Schreiben dte Mit-
teilung vvachen. Er wollte Age den Cchreckon
ersparen. den jedes Telegvanun aus dem 8«>de
erwecken mutz

völkerungss.hichten lebens-sählg zu erhalten. Dic
andere wendet stch geaen die icha-mlol'e' Ein° und
Auofuhr, geaen die Linfuhr voa Zlc>iarette,l u.
Luxusartibeln im Wert- von viebcn Milliarden
die dcn Stand der Baluta auf Vas Unerträaliche
drücken und dann geaen die Ansfuhr. welck>e
NLHrstofse. KleiUung. Krrnltwerk- und gute W rt-
papicre über die Grenzen gehen lietze. während
die deutsch n Unternohmungen Gebäude und Ge-
lände in dio Hände von Auoländern eeben.

Dle Anfrago schtt.-tzt mit nachdrücklichn: Ener-
gie: Eedenkt d-ie Reaieruna nunanehr aegen
diose MiMinde wirklich vorzuschen?

„Zw.ejpältiges" vom
demokrat.sch.n Parteiiag

Mit dem „Ergebnis" des Leipziger Partei-
tags der D. D. P. wird man sich noch zu be-
fassen haben. Wir begnügen uns für heute mii
einigen Nandbemerkungen zu der angeblichen
inneren Festigung der Partei.

Wenn z. V. der Abg. Gothein darauf hin
wies, datz Deutschland besiegt s i.und datz es be
strebt sein müsse, moralische Eroberungen zu
machen und das Gewissen der Welt wachzu-
rufen, so hat er zweisellos eine grotze Anzahl
von ähnlich weltschwärm«risch veranlagtcn De-
mokraten hinter sich. Ungesähr wie er äutzerte
sich ja auch Dr. Preutz. Wie sich aber mit die-
ser Richtung Dr. Eerlich (München) abfindet,
der offen erklärt, er stehe autzenpolitisch auf
nationolistijchcm Voden und bekenne sich ofsen
zur Mitbegründung des Volksbundes zur Nie-
derkämpfung Englands, das ist eine andere
Frage. Aus derselben MLnchener Luft kam dcr
Delegierte Fuhrmann, der ausführte, die erste
Aufgabe der demokratischen Partei müsse sein,
d""-- d^utsck"' Nationalbewutztsein wieder zu ge-
winnen. Wenn diese beiden Richtungen. d e
der Herren Gothein und Preuh und die der
Herren Gerlich und Fuhrmann, auf ein Pro-
gramm vereinigt werden sollen, so wird es e'N
schweres Stück Arbeit kosten. W r
zweiseln aber nicht daran, datz die Demokraten
auch dieses Kunststück fertig bringen.'

Bezeichnend war es auch, dah die Meinun-
gen über den llntersuchungsausschutz
auf dem Parteitag der Demokraten fehr weir
auseinandergingen. Der Abgeordnete Cothein
hatte einige Mühe, sich zu verteidigen und ge-
stand schlietzlich selbst ein» er habe an dem Un-
tersuchungsausschutz viel auszusetzem Bczeich-
nenderwerse versuchte er dann, den Unmut über
sein Treiben auf die Berichterstaltrrng der
Preffe abzulenken, von der er behauptete, fie
habe die Sensation aus der Verhandlung her-
ausgegrisfen. Ofsenbar ist es also Herrn Eot-
hein doch unangenehm gewesen, dah sein Auf«
treten im llntersuchungsausschutz durch die ös-
fentliche Verichterstattung in eine scharfe Be-
lenchlung gerückl worven ip. Datz er seiu Vor-
gehen gegen Hindenburg mrd Ludendorsf durch
dic Verufung auf seine Pflicht zur Unpartei
lichkeit zu rechtsertigen suchte, war der Gipfer
dieser Selbstverteidigung, dic an Selbftgefäi
ligkeit ganz gewitz nichts zu wünschen übrig
lätzt.

Einen schweren Stand hatte Herr Eothein
auch in der Steuersrage. Vor ihm hatte
etn Delegiertor namens Guschmann schorf ge
aen den Eintritt der Demokraten m die Rcgie-
rung und ihre Tettnahme an d.'r Stcucrgeseij-
gebung polemisiert. Üc'ach dcm Vericht zollte
ihm eine Minderhett des Parteitags dafür
lebhasten Beifall. Namenrlich tn Bezng anf
das Notopfer stimmten ihnr andere Redner bei.
Von ihnen wandte stch, wie schon berichtet,

Der Post-bot- kcim noch einmal znrück. dn er
noch elnen Drief hatte. Karl brachte ihn getreultch
der Mutter. die noch rnunar -auf drn Fetzsn Papier
ftartte. der khres Mcrnnee letzte Zeilen enchiolt.
Sie führte seinen nächsten Wnnsch <ms nnb küsite
dcn Aungen. ler chr den neuen Drtef hinhielt. Lr
war von Schwler, der als Freund des Ma-nnes und
Bcrater der Frau chr die MilteUun« von Hein-
richs Tod mnchte.

Sie kas die herzltchen Wotte. aber der andere
Brtos stand banüb.i, und strafte sie LüS-ir. Mas
rvar natürlicher. als datz ste diesein glauibte. was
menschlicher und berechtigt-r? Well sie nicht wutz-
te. was sic machen sollte. tat sie das Klüslte in so>l-
chen Fällen: nmnilich nichts. Sie las dte and-'rn
Briefe. ohne allerdtngs etwas von chrem Jnhalt
zu verstehe'n. und rief das Mädchen. datz es mit den
Kindern ausfahre.

Dcmn ging sie ins Zaius. uan mcchani'ch elniü-'s
Notmendiae zu verrichten, fetzte sich nieder und ver-
siuchte zu den'Vm. Aber es mttzlang ihr. sie tonnte
sich nicht siuimreln. War dcr ^eine Brtef mahr.
dann chg der andre. Hatten bttUei abor recht. mie
vertrug sich der Widerspruch?

Sie fatz in chrcün brhcrgltchen Zimnncr. Die
Slbondsonne schien h-rein, zeichnete Blattschatten
auf die gllit-'rnLen Mcrhagoninnöbel und üns helle
Kleid der Frau. Drautzen hörte man zuwci.en die
schrille Klinsel einer Stratzenibahn. un-o dann
fo^rte thr schmeres Stampfen. Aber hier drinn mar
Nuhe Saubrrkeit und Fricde. und diejer Friede
war jetzt zerstört. Die Frau hielt die Uvei Brikfe
in der Hand und wog si.- sogeneinaii-der -eb. wie
es das Schicksal tun mag mit des Menschen Glück.

Da kkirrte Ler Fernsprechrr. Eine Freundin
rief «n. irgend etwas Gleichgültiges. oin K ätsch
lein. eine KleiderfvaP«. Da — -Fch bitte das
Ettpräch zu beenden. 618 wtrd drinsend oon Köln
verlanot." Asatihe b.'ficl ein Zittern. ste bitz die
Acühne zusammen. als ste stch tonlos meldete: ..Hier
Fra» S-etffert."

»Bist du es selbst. Age?'

»^lfo höre schnell: Für die Welt bin ich tot.
Für dich Vebe ich Das mntz dir heut geMgen. Ach
schreibe dtt, sobald mein« Hand wioder geheilt ilt.
lang ynd ausfüchrlich Wie oe-hts dcn Kindern.
alles tn Ordnuns? Hat Wikm von stch lwren lassen?

Herr Eothein am schärfsten gegen den N-c.is,
rungsentwurf. Es ist immerhin bezeichn'enL
für unsere Art von Parlamentarismus, dasi
diese außerordentlich scharfe Kritik gegen' einen
Regierungsentwurf aus dem Patteitag einer
Negierungspartei ausgesprochen ist. ^

Auch sonst ging es auf dem Parteitag he»
Demokraten znweilen recht zwicspältig zu.
wurden Stimmen gegen das Betriebg,
rätegesetz laut und man hob zur Besänfti!
gung des Widerstandes hervor, datz dem Ent.
wurf ja die schlimmsten Giftzähne ausgebrochen
seien. Für ganz ungefährlich scheint man es
also auch jetzt noch nicht zu halten. Ziemlich
einig war sich der Parteitag in seiner Ctiin,
mnng gegen die Rechtsparteien. Ein Herr Basch
aus Köln. behauptete, die Deutsche Volkspartei
agitierte im Nheinland in einer unschönen
Weise. Diese Vehauptung ist offenbar als
Pflaster auf die schmerzliche Wunde der vielen
Verluste gedacht, die die Demokraten geradc in
den Rhemlanden zu verzeichnen haben. Wn
saffen sie wenigstens in diesem Sinne auf. Die
Dcmokraten werden sicherlich jede Bewegung,
unter der ihr Vestand zu lciden hat, unschön
finden. Wenn es in erster Linie die Deutfche
Volkspattei ist, die ihncn Klagen darüber ab-
nötigt, so kann uns das nur recht sein.

Deutsches Reich
Nnregelmätzigkeiten bei den Wer-
bungen zur Sparprämienanleihe

Nachdom der Vorwärts in s«iner sestrigen
geniLusaciibs über allcrrlei Unrog:lmätz'.gkctten bn
dev Merbetätigkeit fur die Svarprä-
mieid.Anleihe, für die insgcsamt 10 Millio-
nen Matt MrssscÄen wordcn fct.r sollen, bettchi-te
— es sollcn Drucksachen -n teuer vovgeben seiu, ein
L-reits i.n> seho grotzer Airfla-go fettiggestellts' Merr,
blatt nicht vertoilt und auch son.st r cht leichtfinnig
guv-rrtschaftct wordeu s«in — bostätigt in der Täg-
lichen Runrschmi ttu He-rr R?ck inLo i. der als Le -
ter eines besond ren Werbe-UnterauSsch sses für die
Anleihe crngcstellt war, imr rmjentlichcn die Ang^Len
des Dorwäris. Dasu wirtd roir -ustän^iger Sert«
erklärt, datz oine eingehende Untersuch,
ung stattfii'kbet mrd dah dcv) Ergcbnis bskannt ae-
geben wird.

» Drr Streik in Halle ist beiselest uod dte
ArLeit wiedr a-ufgenonrmen worden. Zu Bus-
schreitungen ist es nicht gekv-mmen. Es handette
ledis ich um einen Proteststreik pFS'-N Killans
:urteiluns. mn eine Art Eeneral Appell, wie
Streikfiihcer in Vctsammlungen ettlätteu.

i- Die letzteu Mannschasten des Kreozers „Lm-
den" stnd von der Jnsol Malta mrch Venedlsge-
Lrcrcht und haben thrs Neise mrch DeirtlschlarL fott-
scfatzt.

Ladrsche Politik

Die Mannhekmer ^Volksftimme"

schämt fich nicht, trotz rms^ver in dcr Sa-mstasnimi-
mer ersolgten eindrinslrchen Warnung, imr dem
gleichen Ton und denseLxm Unvxchrhoilen über rrns
berzrffallen, g^Len die wir Front tx.inachj habcn.
Mit Leuten, dis Lewutzt und trotz NorhMg d<ü!
Wabvheit aus Lvnr Wege grchciw, befasien wir mis
fortan nicht mehr.

)))) Karlsruhe. 17. Dez. Ende Jammr wird ein
antzerordentttcher Parteitar, dr sozd. Par-
t e i Badens ftattsinden. cvuf doni die KsndÜiaten
zur NeichstagsrpM anfüestellt werden follen.

Er soll mir einen hübschen Nack>rrrf lchrriÄ'n. Oder
nein. ich sckreibe ihn se.bst; ich werde ihn iraendwo
rn die Maschine drktieren. A io sei vernünftis. Du
hörst ia. dcrtz ich lebe. 5(ch rufe wieder cm. ssbald
tch kann. Halt. noch eins! Warte mit den D'.röf^
fentlichrmgen, bis ich dir «e'chrieben t-abe. Und
zu nienianden ein Wort? — Fa doch. ich btn ichon
sertigl — Schlutz und Kutz!"

(Fortfetzung folatj

Theater und Musik

tzeidelberaer Stadttheater

lJn der letzten Freischütz-Aufsührung sang Frl.
Vodewig die Asathe. Die MLederoabe. die vf-
fenbar noch «anz im Bann cines ersten Auftv tcns
stand, lätzt b:ine stcheren Sch üsse
namentlich nicht über die Stärke der Stimme. da
die Drnie. d,e gutc Figur nracht. noch sehr hcrus-
hä-tcrisch mit der DrrMimme waltet. doch '.chien
das Matcrial rccht^annehmbair onit Ausnahmc ei-
ncr Sck>ärp> in den höh-icn Ncigioncn des Brust-
rcgisters. Im Pianp ttinat lns Organ jedensalls
schr weich nnd etn chmeichclnd. Fm allgen'.einen
wurde der Part recht fcvuber und scnvisseichaft
sungcn und gesprock-en. aber noch so ansänger^ast
oc-bunben. datz die pettöniiche Wirtnng schtt
M o 1 i ggjb diesmal wirklich das Aennck-:u. (D2
Aufmerlsame wiro die verdientc Sclbstironie di^
s-s »wirk.ich" versöchen). Fhr Temperaiment und
ihre Gewandtheit. die sie m der ernsten Oper f^i»
Lb:r GebtLhr ängsklich züaelt. fichern ein-
rundete Leistung und ihr ernstcs gesansliches btte-
b'n gcbcn der Rolle mMkalisch recht Diel-
Mattc be', Lortzing wittte aber do,h frischer. Dr.v.

» Tilla Durieux hat i!hre BTzieLMNken
Minchener Nattonältheater endgü'ttia solöst.

* Jntendant Schwannccke vom Münch'Nl r
tionaltheater hat dem Ministerium den Pü»-« ^
Erwägung vor<r?legt. den LVintrrgarlen dcr Aetl»
denz. in den Betrieb ler Staaitstheater
zitt-cn, in dem Sinne. datz in dissem
.. galanten Teev" aus der Goetheze'
ibre Auferstchung erleben körmten. Die
Vortragskl'.nst tönnte hier c!n,> ideal« Stätte
den.
 
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