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Rudolf Bangel (Frankfurt, Main)
Versteigerung der in anliegendem Verzeichniss aufgeführten Original-Aquarelle Amerika von Fr. Perlberg - München: Montag, den 31. December 1894 durch Rudolf Bangel in Frankfurt a.M. — Frankfurt a. M., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.73168#0015
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— 9 —

General-Anzeiger München.
München, 2. Mai 1894. Seit Sonntag sind im Kunst-
verein die Aquarelle ausgestellt, die F. Perlberg von einer
Wanderung quer durch die neue Welt mit heimgebracht hat.
Hier grüsst uns die Fackel in der Hand der gigantischen Statue
der Freiheitsgöttin an der Einfahrt in den Hafen New-Yoiks,
der jüngsten unter den Millionenstädten unseres Planeten, und
dort an der gegenüberliegenden Wand sehen wir die schaumigen
Kämme der grünen Wogen des Stillen Weltmeers im Sande der
Bai von San Franzisko sich brechen und spielend verebben, und
an einer dritten Wand befinden wir uns im Mittelpunkte dieser
ungeheuren Fläche und sehen eine Miss, den rothen Bädeker
zur Seite, über den See hinweg das stolz ragende „Deutsche
Haus" der World's Fair von Chicago neugierig bewundern. Die
weitaus meisten Bilder aber sind der jungfräulichen Natur des
wilden Westens entnommen, und zwar hat der Maler sich mit
Vorliebe noch nicht behandelte Motive herausgesucht. Aber
ob er auch die bekannteren von neuem gemalt hätte — was
ist uns aus dieser Natur bekannt? Wo wir hinblicken, alles
in Formen und Farben muthet uns neu, fremd, ja unglaublich
an. Die neue Welt jenseits des grossen Wassers ist auch eine
andere als unsere alte Welt, und wir verdenken es Niemanden,
wenn er sie für eine Fabelwelt, bizarrer Phantasie entsprungen,
hält. Was die Naturtreue anbelangt, müssen wir uns schon der
Führung des Malers auf Treue und Glauben ergeben, wir müssen
an seegrünen Himmel, an blaue und violette und rosa Felsen
glauben und ebenso an die wunderbarsten Gestaltungen der
Gebirge. Aber wir fanden unter den Besuchern der Ausstellung
einen, der jahrelang drüben in diesem Wunderlande gelebt hatte,
wir schlossen uns ihm an und haben von ihm die Bestätigung
erhalten, dass drüben eben nichts unmöglich sei, dass alle diese
satten Beleuchtungen, alle Phantastik der Gestaltung sich do'rt
wahr und wahrhaftig finden und dass der Künstler eher hinter
dem fremden Zauber dieser Welt zurückgeblieben sei, als ihn
übertrieben habe. Mit besonderer Vorliebe hat Perlberg im
Gebiete des Coloradostromes verweilt, in seinen riesenhaften
Canons, seinen ungeheuren Stromstrudeln und schaurigen Felsen-
reservoiren. Da gestattet uns ein Bild einen Blick über einen
solchen Canon im Ganzen. Meilenweit dehnt sich in grossartig
trostloser Oede das Hochplateau zwischen der Sierra Nevada
und den Rocky Mountains. Da plötzlich stehen wir am Rande
des schaurigen Abgrunds, einen Canon, eine Riesenklamm, zu
 
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