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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 2
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Reicke, Emil: Kirchenbauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0026
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DER BAUMEISTER . 1910, NOVEMBER.


stets sehr geschickt auszukommen weiss, hat es ver-
standen, durch Betonung der Senkrechten, insbesondere
auch durch Anlage von schmalen Jochbreiten den Ein-
druck des Gedrückten zu vermeiden. Diesem Zweck
dient auch das im modernen Kirchenbau überhaupt —
hauptsächlich aus Sparsamkeitsrücksichten — üblich
gewordene Einschneiden der Gewölbe in den Dachstuhl.
Im übrigen können wir die Eigenart des Architekten
gleich ja an diesem Bau kennen lernen. Schmitz be-
sitzt entschieden eine Vorliebe für das Ernste, selbst
Schwere, fast möchte man sagen für das Melancholische.
Damit harmoniert sein feines Verständnis für eine gross-
zügige, einheitliche Wirkung. Das Ornament wird von
ihm stets nur sparsam verwendet, so dass ein Bauglied
seiner Kirchen nie und nirgends den Eindruck des
Ueberladenen machen wird. Dann aber hat Schmitz
auch einen lebhaften Sinn für das Malerische. Dies
sehen wir ihn überall anstreben, jedoch ohne deshalb
das Monumentale als das für ihn wichtigere Moment zu
kurz kommen zu lassen. Ein malerischer Charakter
eignet auch der Grombühler Kirche, bei oder vielleicht
gerade wegen ihrer schlichten Formen im einzelnen,
Formen, wie sie namentlich die Gotik des späteren Mittel-
alters aufweist.
Im allgemeinen von ähnlichem ernsten gotischen
Charakter, aber etwas reicher in den Details und im
Grundriss mehr belebt ist die noch vor der Grombühler
Kirche projektierte (1894) und auch früher, nämlich in
den Jahren 1897—1901 erbaute protestantische St. Peters-
kirche in Nürnberg. Sie besitzt ein mit dem von ganz
schmalen Seitengängen flankierten Langhaus gleich-
breites Querschiff und dadurch eine glückliche Vereini-
gung von Zentral- und Langhausbau. An An- und
Nebenbauten fehlt es nicht, anmutig ist das hier ab-
gebildete Brauttor mit dem daneben befindlichen Auf-
gang zur Empore. Die Emporen im Innern der Kirche
sind von besonders grosser Ausdehnung und namentlich
die des Querschiffes mit den hohen, reichliches Licht
zulassenden Fenstern für den Stimmungsgehalt des
Innern von ungemein ansprechender Wirkung, wie es
denn der Kirche im Innern überhaupt nicht an reizenden
Durchblicken, an lauschig-gemütlichen Winkelchen und
Ecken fehlt. Der Eindruck des Aeussern ist auch hier
bis zu einem gewissen Grade ein schwerer, massiger.
Der 34 m hohe Giebel lässt den überhaupt etwas ge-
drückten Turm kleiner erscheinen als er ist, nämlich
62 m. Und doch entbehrt auch das Aeussere nicht des
hier doch ungern vermissten aufstrebenden Charakters.


♦Arch. Josef Schmitz, Nürnberg.

Kirche in Königshütte. (Taiel 9/10.)
 
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