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Bayer, Josef
Die diluviale Kunst — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 33: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.61208#0008
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der langen Mindel-Riß-Zwischeneiszeit herangereift ist. —
Das kann allem Anscheine nach nur Nord- und Ost-
europa sein. In diesem Ergebnisse steckt die zweite
Komplikation der Frage, denn über dieses Gebiet ist nach
der Anwesenheit des Präaurignacmenschen zweimal das
Inlandeis wie ein mächtiger Hobel hinweggegangen und
hat alle Spuren getilgt, so daß so gut wie gar keine Hoff-
nung besteht, daß in die Nacht, welche über dem Sta-
dium der ersten Kunstäußerungen liegt, jemals ein Licht-
strahl fallen wird.
Es ist bei den Anfängen der Kunst ähnlich wie bei den
Anfängen des organischen Lebens, wo auch die primitiv-
sten Anfangsstadien unserem Blicke verborgen sind und
als die ältesten bekannten Lebewesen bereits relativ hoch
organisierte, komplizierte Organismen erscheinen.
Unter diesen Umständen, welche bestenfalls eine Ver-
mutung bezüglich des Wo und Wann der Kunstanfänge
gestatten, läßt sich natürlich über die Beweggründe,
welche den Menschen das erstemal zu einer Betätigung
veranlaßt haben, die außerhalb der Notwendigkeiten des
täglichen Lebens gelegene, also rein ideale Werte schafft,
gar nichts Positives sagen und dies um so weniger, als
man noch nicht einmal bei den vorliegenden Kunstwer-
ken die treibenden Motive mit voller Sicherheit anzu-
geben vermag.
Soviel über die unsichtbare Strecke der diluvialen
Kunst.
Die sichtbare stellt eine Ara von beträchtlicher Länge
dar, umfassend die letzte Zwischeneiszeit, die letzte Eis-
zeit und die Nacheiszeit bis zum Beginne des Alluviums,
in absoluten Zahlen etwa die Zeit zwischen 30000 und
10000 Jahren vor der Gegenwart.
Überblickt man diese, also ein Mehrfaches der weltge-
schichtlichen Zeit umfassende Kunstperiode, so ergibt
sich zunächst der Eindruck einer gewissen Einheitlich-
keit, indem Plastik und Zeichnung-Malerei schon am An-

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