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Bayer, Josef
Die diluviale Kunst — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 33: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.61208#0010
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stiken Wandmalereien bekannt sind und andererseits die
Plastik (ganz selten sogar die anthropomorphe Taf. 4 a]),
noch im Magdalenien gepflegt wird, ja sich in dieser
Zeit sogar in einigen hervorragenden Stücken, freilich we-
sentlich anderen Charakters, präsentiert. (Taf. 4b.)
Gemeinsam ist der ganzen diluvialen Kunst ein ausge-
sprochener Naturalismus.
Er tritt besonders stark bei den Statuetten und Relief-
bildern des Aurignacien in Erscheinung, deren Sujet der
menschliche und zwar weitaus überwiegend der nackte
weibliche Körper ist. (Taf. 1—3.)
Die hierher gehörigen Arbeiten sind von sehr verschie-
denem künstlerischen Werte. Liegen einerseits ganz roh
gearbeitete Figürchen mit grober Andeutung der Körper-
formen vor, so erreichen die besten Arbeiten eine für
diese Frühzeit verblüffende Vollendung, die man zusam-
men mit gewissen Stilisierungserscheinungen, besonders
in der Haartracht, als Zeugnisse für das recht vorgeschrit-
tene Stadium dieser Kunstgattung wird ansehen müssen.
Die Körperdarstellung ergeht sich keineswegs in Über-
treibungen, sondern es handelt sich auch bei den massig-
sten Frauenkörpern um heute noch häufig vorkommende
Dimensionen. Die sichtliche Bevorzugung solcher mag
mit dem Zwecke dieser Skulpturen im Zusammenhänge
stehen, mit der Versinnbildlichung der Mutterschaft und
Fruchtbarkeit. Möglicherweise kommt auch die Erotik
in Betracht.
Die Haltung.einiger dieser Figürchen, besonders von
Kopf und Händen, legt nahe, in ihnen Idole zu sehen. Dar-
über werden wohl weitere Funde noch Aufschluß geben.
An einigen Stücken wahrnehmbare Spuren von roter
Bemalung lassen auf Bemalung und Tätowierung des
Aurignacmenschen schließen.
Als Zentrum dieser archaistischen Kunst ist Südfrank-
reich anzusehen, wo die Mehrzahl der Stücke gefunden
wurde, aber wie sich die typischen Aurignacsteinwerk-

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