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Beazley, John D.
Der Berliner Maler — Forschungen zur antiken Keramik, Reihe 1, Bilder griechischer Vasen ; 2: Berlin-Wilmersdorf: Keller, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.51236#0018
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Andere fügten sich weniger gut in solche Behandlung oder überhaupt nicht. Wir beginnen mit jenen, gehen
dann zu diesen über.
Die frühesten von allen erhaltenen Glockenkrateren sind vier Stück von der Hand des Berliner Malers,
und höchstwahrscheinlich war er es oder einer seiner Gefährten, der die Form in den Kerameikos einführte:
Glockenkratere gab es vor ihm, aber abgesehen von wenigen vereinzelten Versuchen, nicht aus Ton, sondern
wahrscheinlich aus Holz. Die vom Berliner Maler gewählte Form ist wahrscheinlich die Wiedergabe eines
hölzernen Originals, und die Modellzeichner der Folgezeit haben diese seine einfache und wundervolle
Gestalt nicht verbessert. Alle vier Vasen tragen eine Einzelfigur oder deren Äquivalent auf jeder Seite. Der
Nr. 90, Taf. 20 feinere der beiden Kratere im Louvre hat auf der Rückseite Zeus und auf der Vorderseite - mit mehr Liebe
gezeichnet - Ganymedes, blond wie der Eros in Boulogne, in der Hand einen Kampfbahn, und auch reifen-
Nr. 92 spielend1. Der Krater in Tarquinia zeigt ein anderes Paar rennender Gestalten, auf der Vorderseite Europa,
die in ihrer Unschuld den Stier festhält, auf der Rückseite eine ihrer Genossinnen.
Von anderen Vasen, die nach demselben Grundsatz geschmückt sind, genügt es, die ziemlich ungewöhn-
Nr. 2, Taf. 21 lieh gestaltete Amphora, von der der Maler nur ein Beispiel hinterließ, zu nennen: die Vase in der Samm-
lung Hearst. Hier ist wieder Musik das Thema; und der junge Kitharaspieler mit gebeugten Knien und dem
beim Singen zurückgeworfenen Haupt ist eine der eindrucksvollsten Darstellungen der Hingabe an die
Musik in der Antike.
Es war nicht leicht, die Einfigurendekoration der Hydria anzupassen: andere Maler taten es, aber sie
ließen gewöhnlich die Figuren auf der Vase tiefer reichen als der Berliner Maler es anscheinend für gut
befand. Die abgedachte Schulter des Gefäßes über dem Niveau der Seitenhenkel war für ihn wie für die
Mehrzahl der Maler frührotfiguriger Vasen das eigentliche Bildfeld auf der Kalpis-Hydria. Dreimal füllt
er das lange niedrige Rechteck mit einer Gruppe von Mensch und Tier: Herakles im Kampf mit dem Löwen
Nr. 132, Taf. 23,2 auf einer verlorenen Vase, Europa und der Stier auf einem fragmentierten Stück in Oxford2, ein junger
Nr. 133,Taf. 23,1 Kavallerist mit thrakischem Mantel und Hut, sein Reittier führend, auf einer Vase in Madrid.
Nr. 135,Taf.24,1 Auf anderen Hydrien von ihm sind zwei Figuren oder mehr: auf der Vase in Leningrad3 wählt er wieder
einen ehrwürdigen, aber jetzt überlebten Gegenstand, Achilleus, der demTroilos am Brunnen auflauert, und
Troilos’ Schwester Polyxena, die Wasser holen kommt. Der Brunnen mit dem löwenköpfigen Speier und
dem bedeutungsvollen Vogel, der sich oben auf ihm niedergelassen hat, schneidet das Bild in zwei
Nr. 134 Hälften, gerade wie der Altar auf der Hydria desselben Malers in Wien. Das Bedürfnis nach einem solchen
Halt der Komposition, um den durch die recht komplizierten Kurven der Gefäßwand verursachten
Nr. 129,Taf. 22,1 Verkürzungen entgegenzuwirken, macht sich auf der frühesten seiner Hydrien fühlbar, der mit Achill
und Penthesilea in New York. Die Herbigkeit der Komposition, die Wespentaille des Jünglings, die
unorganische Zeichnung von Armen und Schultern und solche Naivitäten wie die Angabe der Kniescheibe
am frontalen Schenkel der Amazone zeigen, daß diese wundervolle Vase zu den frühesten uns erhaltenen
Werken des Malers gehört.
1 Retuschen an den Armen, wo der Reifen den Körper kreuzt, und am Oberteil des rechten Knies. Die braunen Innenlinien
habe ich nach meiner Zeichnung verstärkt. Eine gute Gesamtansicht der Vase wollte ich geben, aber es gelang mir nicht,
diese zu beschaffen.
2 Die Gliederung der Schwanzhaare ist in meiner Zeichnung nicht ganz korrekt und am Gewand ist eine Vertikale zu viel;
man kontrolliere durch die Photographie CV, Oxford, Taf. 61, 4.
3 Ein retuschierter Bruch durch Achilleus’ Nase. Ich habe vor dem Original die Innenzeichnung eingetragen.

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