Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Becker, Wilhelm Gottlieb; Tauber, Andreas [Hrsg.]; Pursh, Frederick [Hrsg.]; Block, Ludwig Heinrich von [Hrsg.]
Der Plauische Grund Bei Dresden: Mit Hinsicht Auf Naturgeschichte Und Schöne Gartenkunst ; Mit fünf und zwanzig Kupferblättern — Nürnberg, 1799

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17514#0151
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bildhauer giebt uns wahre Gestalten, und lässt uns, indem er uns um die Scene
herum führt, unter Erwartung des Hauchs der Belebung die Täuschung ver-
geben ; der wirkliche Vorgang der Handlung bemächtiget lieh unsrer ganzen
Empsindung. Denn Täuschung berührt nur die Saiten der Seele, doch Wahr-
heit ergreift sie. Je edler he aber erscheint, desto williger beugen lieh unsere
Herzen vor ihr.
Das schöne bewachsene Thal von Tharand bis Hainsbach enthält zwar nicht
die grosse Mannichfaltigkeit an Gemälden, wie die übrigen Theile des Grundes;
allein es gefällt drum nicht minder durch seine grüne Bekleidung, die besonders
im Frühling das Auge entzückt. Selbst diese Verschiedenheit hebt es hervor und
giebt ihm einen eigenthümlichen Werth. Ausser den Reizen des lebhaften Grün,
das die Fluren und Berge schmückt, beschästigt das sonderbare und heile Ge-
birge, welches der Backofenberg genannt wird, mit seinen scheinbaren Ruinen
aus der Höhe der Wand, die Ausmerksamkeit des Beobachters am meinen. Die
Weisseritz nahet tich endlich wieder der Strasse, fobald man am Riesenbette
vorbeikömmt, und so wie man Hainsdors im Rücken hat, thut lieh die reizende
Auslieht in das weitere Thal wieder aus, in welchem der WTindberg durch Höhe
und Geltalt die ganze Gegend beherrscht.
Von hier aus gesehen, zieht dieser beträchtliche Berg, der auf der Mittags-
seite von keinem Gehölze bedeckt ist, beinahe in gleicher Höhe, iich eine ziem-
liche Strecke zurück. Einer alten Sage zusolge, die lieh bis itzt unter den
Einwohnern der Gegend erhalten, soll aus dem Gipsel des Bergs ein Schlofs
gestanden haben, wovon aber, weder aus dem Berge felbst, noch in den älteften
Nachrichten, die mindefte Spur zu sinden ift. Defto treuer hat heb. ein Volks-
mährchen erhalten, das artig genug ist, um diefem Berge zu Ehren es nach-
zuerzählen. Man weifs ja, dass hohe Gebirge für Abentheuer und Zauber von
jeher Lieblingssitze gewefen. Die Ehrsurcht, welche fo ungeheure Mallen er-
regen, verwandelt fich bei ungebildeten Völkern in Furcht, und Furcht ist die
Mutter von taufend Wundergeftalten. Dafs unfer Windberg zu ähnlichen Fabeln
Anlafs gegeben, ist leicht zu begreisen, da er der höchste der Gegend ist, und
vormals, wo noch die ganze Gegend mit Waldung bedeckt war, durch seine
dunkle Bekleidung noch fiärkern Eindruck gemacht haben muss, als itzt. Das
 
Annotationen