Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Becker, Wilhelm Gottlieb; Tauber, Andreas [Hrsg.]; Pursh, Frederick [Hrsg.]; Block, Ludwig Heinrich von [Hrsg.]
Der Plauische Grund Bei Dresden: Mit Hinsicht Auf Naturgeschichte Und Schöne Gartenkunst ; Mit fünf und zwanzig Kupferblättern — Nürnberg, 1799

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17514#0178
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
127

hier Mittags oder Abends zu speisen, weil, ausser der Nähe des Grundes, die Leb-
haftigkeit auf der Strasse, besonders an feltlichen Tagen, diesem Ausenthalt eine
Annehmlichkeit mehr giebt. Die geringe Entfernung von der Stadt gereicht ihm
zum Vortheil, und giebt überhaupt dem Plauischen Grunde vor andern gefälligen
Orten schon dadurch einen entschiedenen Werth. Auch scheint er seit einigen Jahren,
bei aller Zerstreuung der Menschen in die ganze reizende Gegend, die Dresden um-
giebt, und wo noch überdiess die vielen Weinberge zu Genuss und Vergnügen bei
Freunden einladen, unter allen der besuchteste Ort zu seyn, besonders seit Tharand
das beliebte Ziel einer weitern Spazierfahrt geworden.
Ist's Wahrheit oder Irrthum, mich dünkt überhaupt, es habe seit einiger Zeit
der Sinn für schöne Natur und für die Freuden, die he gewährt, lieh unter den
Menschen um vieles erweitert. Im Allgemeinen scheint es mir wenigltens so, als
betrachte man itzt die Schönheiten der Natur mit andern Augen als sonst, und wisse die
Annehmlichkeiten, welche der Aufenthalt in einer reizenden Gegend verschaft, auch
höher zu schätzen. Zwar bin ich entfernt, durchgängig hierin ein reiner gebildetes
Empfindungsvermögen zu suchen, und alle die einzelnen Merkmale, die mich zu
dieser Äusserung führen, aus einerlei Quelle zu leiten. Indessen weiset der Geilt der
Zeit doch immer bei jeder Erscheinung eines herrschenden Geschmacks auf hchere
Spuren hin; und diese Spuren bestärken mich in meinem Glauben an ein erweitertes
Gefühl für schöne Natur und ihren Genuss. Die Neigung zum Landleben hat sichtbar
um sich gegriffen, und wer es entbehren muss, sucht doch zuweilen mit seiner Familie
oder mit Freunden einen Tag im Freien zuzubringen. Die Liebe zu Gärten ist allge-
meiner geworden; man pssege nun Blumen und Bäume, oder bilde sich eine schöne
Natur um seine Wohnung herum und schmücke sie mit Gegenständen der Kunst; es
ist immer die nämliche Stimmung der Menschen, die sich nach Vermögensumsiänden
und andern Verhältnissen verschiedentlich äussert. Die Pslanzenkunde, womit sich
vormals nur wenige Ärzte und Gärtner beschäftigten, wird itzt von Gelehrten und
Ungelehrten mit grossem Eifer getrieben, und selbst das andere Geschlecht hat sie in
vielen Gegenden zu einer Art von Liebschaft erkohren. Auch andere Fächer der
Naturgeschichte haben von Zeit zu Zeit mehr Freunde gewonnen; und wenn schon
nicht immer der Hang zum Genuss der Natur die Veranlagung oder Folge davon ilt,
so wirkt doch alles mit dazu hin, diess Gefühl zu erweitern und mitzutheilen.
Die Folgen dieses Bestrebens, sich mit der Natur auf alle Weise mehr zubeschäf-
tigen, können für die edleren Kräfte des Menschen nicht anders als heilfam seyn.
Je mehr sich der Sinn für ihre Schönheit öffnet, je thätigern Antheil die Denkkraft
auch an den einzelnen Gegenständen nimmt, die sie überall findet, desto empsäng-
licher wird auch der Mensch für das Wahre und Nützliche, für das Pieine und Gute*.
Ich würde gern bei Verfolgung dieser Betrachtung verweilen, und die Wirkung
entwickeln, die endlich aus einem natürlichem und einfachem Leben, was jene
 
Annotationen