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Die Schule
für die Kunst ihn alles Haders mit dem Bruder vergessen macht, so daß
er den Vetter drängt, dafür zu sorgeu, daß Agostino so bald als möglich
komme. „Es soll keinen Streit zwischen uns geben," schreibt er in dem
ersten Briefe, „und ich will ihn Alles sagen lassen, was er will, und mich
mit Zeichnen beschäftigen."*) „Wenn Agostino kommt, heißt es in dem fol-
genden Briefe, so soll er willkommen sein.Aber, um Gotteswilleu,
ohue Zwistigkeiteu uuter nns, und ohne so viel Spitzfindigkeiten und Re-
dereien! So wollen wir streben, uns in Besitz jener schönen Manier (des
Coreggio) zn setzen; denn das soll unsere Aufgabe seiu, um eines Tages
jene boshafte Bande todt zu machen, die hinter uns her ist, als ob wir
Jemanden gemordet hätten."
Agostino kam erst später nach Parma, da er zwei Kupferstiche in Arbeit
hatte, die erst vollendet seiu Wollteu. Der Aufenthalt Annibale's währte
ziemlich drei Jahre. Nachdem er die Kunstweise Coreggio's, soweit solche
erlernbar, sich zu eigen gemacht, ging er nach Venedig, um sich mit dem
Styl uud dem Colorit des Tizian und Paolo Veronese vertraut zu machen.
Anch hierher folgte ihm der ältere Brnder vornehmlich in der Absicht, sich
in der Knpferstecherknnst, die er bei Tibaldi erlernt, weiter auszubilden. Daß
er zu dem Eude die Schule des Coruelius Cort besucht habe, wie Lauzi er-
zählt, ist jedenfalls irrig, da dieser, seit l57l in Rom ansässig, schon 1578
gestorben sein soll.
Nach einer vierjährigen Wanderschaft kehrten die Brüder nach Bologna
zurück. Um eiuen Beweis der errungeuen Tüchtigkeit abzulegen, benutzte
Auuibale deu Auftrag zu eiuer für die Kirche S. Fraucesco anzuferti-
geudeu Himmelfahrt Mariä, iudem er iu der H. Juugfrau den P. Veronese,
in dem Christnskinde nnd dem H. Johannes den Coreggio nachahmte, den
Evangelisten Johannes aber in der Weise des Tizian und die H. Katharina
endlich nach der Art des Parmeggianino ansführte. Dieses Gemälde sowie
eine Madonna, welche er für S. Giorgio malte (beide befinden sich jetzt
in der Pinakothek zu Bologua), fand zahlreiche Bewunderer, aber auch viele
mißgiiustige Tadler, iudem die alten Feinde der Caracci, da sie die Fort-
schritte des Annibale bemerkten, von jeder Waffe Gebrauch machten, um
deu Erfolg des juugen Taleutes zu verkümmeru. Noch heftiger wurdeu die
Augriffe dieser schnödeu Gesellen, als es Lodovico gelang, einen umfänglichen
Auftrag zur Decoratiou des Palastes Fava zu erhalten, an dessen Aus-
I Guhl, Künstlerbriefe, II, 41.
Die Schule
für die Kunst ihn alles Haders mit dem Bruder vergessen macht, so daß
er den Vetter drängt, dafür zu sorgeu, daß Agostino so bald als möglich
komme. „Es soll keinen Streit zwischen uns geben," schreibt er in dem
ersten Briefe, „und ich will ihn Alles sagen lassen, was er will, und mich
mit Zeichnen beschäftigen."*) „Wenn Agostino kommt, heißt es in dem fol-
genden Briefe, so soll er willkommen sein.Aber, um Gotteswilleu,
ohue Zwistigkeiteu uuter nns, und ohne so viel Spitzfindigkeiten und Re-
dereien! So wollen wir streben, uns in Besitz jener schönen Manier (des
Coreggio) zn setzen; denn das soll unsere Aufgabe seiu, um eines Tages
jene boshafte Bande todt zu machen, die hinter uns her ist, als ob wir
Jemanden gemordet hätten."
Agostino kam erst später nach Parma, da er zwei Kupferstiche in Arbeit
hatte, die erst vollendet seiu Wollteu. Der Aufenthalt Annibale's währte
ziemlich drei Jahre. Nachdem er die Kunstweise Coreggio's, soweit solche
erlernbar, sich zu eigen gemacht, ging er nach Venedig, um sich mit dem
Styl uud dem Colorit des Tizian und Paolo Veronese vertraut zu machen.
Anch hierher folgte ihm der ältere Brnder vornehmlich in der Absicht, sich
in der Knpferstecherknnst, die er bei Tibaldi erlernt, weiter auszubilden. Daß
er zu dem Eude die Schule des Coruelius Cort besucht habe, wie Lauzi er-
zählt, ist jedenfalls irrig, da dieser, seit l57l in Rom ansässig, schon 1578
gestorben sein soll.
Nach einer vierjährigen Wanderschaft kehrten die Brüder nach Bologna
zurück. Um eiuen Beweis der errungeuen Tüchtigkeit abzulegen, benutzte
Auuibale deu Auftrag zu eiuer für die Kirche S. Fraucesco anzuferti-
geudeu Himmelfahrt Mariä, iudem er iu der H. Juugfrau den P. Veronese,
in dem Christnskinde nnd dem H. Johannes den Coreggio nachahmte, den
Evangelisten Johannes aber in der Weise des Tizian und die H. Katharina
endlich nach der Art des Parmeggianino ansführte. Dieses Gemälde sowie
eine Madonna, welche er für S. Giorgio malte (beide befinden sich jetzt
in der Pinakothek zu Bologua), fand zahlreiche Bewunderer, aber auch viele
mißgiiustige Tadler, iudem die alten Feinde der Caracci, da sie die Fort-
schritte des Annibale bemerkten, von jeder Waffe Gebrauch machten, um
deu Erfolg des juugen Taleutes zu verkümmeru. Noch heftiger wurdeu die
Augriffe dieser schnödeu Gesellen, als es Lodovico gelang, einen umfänglichen
Auftrag zur Decoratiou des Palastes Fava zu erhalten, an dessen Aus-
I Guhl, Künstlerbriefe, II, 41.