248
Die Schule
ja einer der hauptsächlichsten, Dionysius Calvaert (geb. 1545 zu Ant-
werpen, Schüler des Fontana und Sabbatini), ein sonst tüchtiger Künstler,
der bei seinen Arbeiten mit flamändischer Gründlichkeit und Sorgfalt zn
Werke ging, sich nicht scheute, auf seiue Zögliuge loszuschlagen, Wenn sie
sich ein Versehen zu Schulden kommen ließen. Endlich trug die umfassende
wissenschaftliche Bildung Agoftino's wesentlich dazu bei, die neue Schule zu
heben. Agostino nämlich leitete den theoretischen Unterricht an der Anstalt.
Seine Vorträge nnd Unterhaltungen erstreckten sich nicht allein auf die nächsten
Hülfswissenschaften, als Anatomie, Geometrie nnd Perspective, sondern auch
auf Mythologie, Geschichte uud sonstige Kenntnisse, die man bei jedem gebildeten
Künstler vorauszusetzen pflegt. Im Uebrigen sparte Lodovico weder Mühe
noch Kosten, nm seiner Schnle den Vorrang zn sichern. Eine reichhaltige
Sammlung von Abgüssen, Kupferstichen und anderem Apparat, wonach ge-
zeichnet wurde, unterstützte den theoretischen nnd praktischen Unterricht, der
den Schülern zu Theil wurde. Zu dem Allen gesellte sich noch das Bemühen
Agoftino's nnd feines Vetters, die Zöglinge frühe an Selbstdenken zu ge-
wöhuen, damit die erworbeueu Keuntuisse ihr eignes innerstes Besitzthum
würdeu. An seine Vorträge knüpfte Agostino praktische Aufgaben zum Ent-
werfen von Coinpositionen nnd spornte den Eifer dadurch, daß an gewissen
Tagen diese Schülerentwürfe einer Prüfung unterzogen und die besten Leistungen
mit Preisen gekrönt wurden. Solche Tage waren wahre Frendenfeste, an
denen die Sieger durch Dichtuugeu gefeiert uud vou Agostiuo selbst iu
Liedern, die er zur Guitarre saug, gepriesen wurden. Der Rnf der neuen
Kunstschule stieg uach Verlauf weuiger Jahre so hoch, daß ihr alle jungen
Kräfte znströmten; ja selbst ältere Meister verschmähten es nicht, bei den
Caracci weitere Ausbildung zu suchen, nnd der bereits ergraute Foutana
bedauerte lebhaft, daß er schou zn alt sei, um noch von dem einst so gering
geschätzten Lodovico lernen zu könneu.
Um durch eiueu Nameu das Wesen ihrer Knnstschule zu bezeichuen, gab
Lodovico ihr den Namen Akademie der Jncamminati, d. i. der auf den
(rechten) Weg Gebrachten. In der Kunstgeschichte pflegt fie vorzugsweise
als die Schule der Eklektiker (der Auswähler) bezeichnet zn werden,
obwohl auch der neuen Richtung der Florentiner dieselbe Bezeichnung mit
gleichem Rechte zu Theil wurde. Wie diese, so glaubte Lodovico eine bessere
Kunstübung dadurch zu erreichen, daß er neben einer nnausgesetzten Beobach-
tung der Natur die Nachahmung der älteren Meister in ihren vorzüglichsten
Eigenschaften empfahl. Die irrige Ansicht, von welcher auch Tintoretto ein-
Die Schule
ja einer der hauptsächlichsten, Dionysius Calvaert (geb. 1545 zu Ant-
werpen, Schüler des Fontana und Sabbatini), ein sonst tüchtiger Künstler,
der bei seinen Arbeiten mit flamändischer Gründlichkeit und Sorgfalt zn
Werke ging, sich nicht scheute, auf seiue Zögliuge loszuschlagen, Wenn sie
sich ein Versehen zu Schulden kommen ließen. Endlich trug die umfassende
wissenschaftliche Bildung Agoftino's wesentlich dazu bei, die neue Schule zu
heben. Agostino nämlich leitete den theoretischen Unterricht an der Anstalt.
Seine Vorträge nnd Unterhaltungen erstreckten sich nicht allein auf die nächsten
Hülfswissenschaften, als Anatomie, Geometrie nnd Perspective, sondern auch
auf Mythologie, Geschichte uud sonstige Kenntnisse, die man bei jedem gebildeten
Künstler vorauszusetzen pflegt. Im Uebrigen sparte Lodovico weder Mühe
noch Kosten, nm seiner Schnle den Vorrang zn sichern. Eine reichhaltige
Sammlung von Abgüssen, Kupferstichen und anderem Apparat, wonach ge-
zeichnet wurde, unterstützte den theoretischen nnd praktischen Unterricht, der
den Schülern zu Theil wurde. Zu dem Allen gesellte sich noch das Bemühen
Agoftino's nnd feines Vetters, die Zöglinge frühe an Selbstdenken zu ge-
wöhuen, damit die erworbeueu Keuntuisse ihr eignes innerstes Besitzthum
würdeu. An seine Vorträge knüpfte Agostino praktische Aufgaben zum Ent-
werfen von Coinpositionen nnd spornte den Eifer dadurch, daß an gewissen
Tagen diese Schülerentwürfe einer Prüfung unterzogen und die besten Leistungen
mit Preisen gekrönt wurden. Solche Tage waren wahre Frendenfeste, an
denen die Sieger durch Dichtuugeu gefeiert uud vou Agostiuo selbst iu
Liedern, die er zur Guitarre saug, gepriesen wurden. Der Rnf der neuen
Kunstschule stieg uach Verlauf weuiger Jahre so hoch, daß ihr alle jungen
Kräfte znströmten; ja selbst ältere Meister verschmähten es nicht, bei den
Caracci weitere Ausbildung zu suchen, nnd der bereits ergraute Foutana
bedauerte lebhaft, daß er schou zn alt sei, um noch von dem einst so gering
geschätzten Lodovico lernen zu könneu.
Um durch eiueu Nameu das Wesen ihrer Knnstschule zu bezeichuen, gab
Lodovico ihr den Namen Akademie der Jncamminati, d. i. der auf den
(rechten) Weg Gebrachten. In der Kunstgeschichte pflegt fie vorzugsweise
als die Schule der Eklektiker (der Auswähler) bezeichnet zn werden,
obwohl auch der neuen Richtung der Florentiner dieselbe Bezeichnung mit
gleichem Rechte zu Theil wurde. Wie diese, so glaubte Lodovico eine bessere
Kunstübung dadurch zu erreichen, daß er neben einer nnausgesetzten Beobach-
tung der Natur die Nachahmung der älteren Meister in ihren vorzüglichsten
Eigenschaften empfahl. Die irrige Ansicht, von welcher auch Tintoretto ein-