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Flamändische und holländische schulen.

Gefühl geradezu an. Um so erfreulicher ist der Eindruck des Mittelbildes,
welches deu Gegeustaud in einer demselben durchaus würdigen Weise und
in manigfaltiger Abstnfnng des Schmerzes und der Traner darstellt. Der
Leichnam Christi verräth indeß ein ängstliches Bestreben des Meisters, das
Aussehen eines Todten bis ans die durch den Todeskampf entstellten Züge
des Antlitzes mit möglichster Natnrtreue wiederzugeben. Hier fordert das
religiöse Gefühl eine mildere Betonung des Leichenhaften und "wird sich
schwerlich darein finden können, daß dieser starre, hagere Leib nach kurzer
Grabesrast wieder der Seele des Gottessohns zur Wohnung dienen könne.
Die Gestalten des Bildes haben fast natürliche Größe und die felsige Land-
schaft^), die in derFerne die Schädelstätte und die Zinnen von Jerusalem
zeigt, orduet sich vollkommen dem historischen Inhalt des Bildes unter.
In diesem Betracht bezeichnet das Gemälde jenen großen knnstgeschichtlichen
Fortschritt, auf welchen wir oben bereits hinwiefen. Das Interesse wird
ans die Grnppe concentrirts ans die Personen und auf die Handlung. Ganz
Hart am Vordergründe liegt der todte Christus, von dem sitzenden Niko-
demus gestützt, während Joseph von Arimathia das blntige Hanpt mit beiden
Händen emporrichtet. Ihm zur Seite hält ein Mann im Turban mit einem
nicht wohl motivirten Gesichtsausdruck, der mehr Entrüstung als Trauer
bezeichnet, die Dornenkrone. Diesem zunächst beugt sich Johanues über die
als ältliche Fran dargestellte Gottesmutter, die der Schmerz zu Boden ge-
worfen Hat. Neben ihr sieht man vier andere heilige Frauen, welche sich
anschicken, den Leichnam zn salben, bevor er der in den Felsen gehauenen
Gruft, die dem Blicke geöffnet ist, übergeben wird. Die Gruppirung hat
Etwas von jener strengen Regelmäßigkeit, welche die alte Kunst, freilich in
anderer Weise, bei der Anordnung beobachtet und läßt fast zu deutlich das
Bemühen des Meisters hervortreten, jede einzelne Gestalt möglichst klar zu
entwickeln und ihren Bezug zum Ganzen handgreiflich zu machen. Dadurch
sowohl, wie durch das Maß des Ausdrucks und der Bewegung gewinnt das
Bild eine schöne plastische Ruhe. Beeinträchtigt wird dieselbe nur durch
das eckige Wesen in den Körperformen, den Biegungen der Glieder, ja
selbst der Gesichtsbildnng. Das kräftige, klare Colorit und die scharfen
Umriffe der Gestalten tragen noch dazu bei, alles Einzelne genau zu son-
dern und in Gegensatz zu bringen. „So blicken wir in eine Welt," sagt
Schnaase, „in der sich Alles tief, bestimmt, ernst ausspricht. Der Schmerz
I Der obere Theil ist auf unserer Abbildung gekürzt.
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