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Deutsche Maler der Zopfzeit.

Leichtigkeit und Unmittelbarkeit der Darstellung, Alles Eigenschaften des
wahren Genies, zeichnen Chodowiecky vor seinem berühmten Zeitgenossen
aus. Uud doch ward er kein Maler, der mit Wunderwerken der Palette
seinen Namen groß gemacht hätte. Als Zeichner und Kupferstecher tu
bescheidener Sphäre wirkend, drang sein Ruf uicht weit hinaus über die
Grenzen seines engeren Vaterlands, und die allerwenigsten von Denen, welche
sich an dem Anblick seiner Kalenderbildchen und anderer Bücherillustrationen
erfreuten, mögen sich Rechenschaft gegeben haben von den umfassenden
Talenten des Künstlers, der es verstand, Menschen und Dinge, Zustände
und Handlungen mit solcher Wahrheit der Natur uud des Lebens und mit
solch geistreich treffender Wahl der Motive in einem Raum von nur wenigen
Quadratzollen vorzuführen nnd in größern oder kleinern Scenen mit meist
feinem Geschmack und glücklicher Raumfüllnng darzustellen.
Chodowiecky war ein geborener Künstler, Mengs ein künstlich prä-
parirtes Talent; jener zeigt im Kleinen nicht selten eine ächte Größe,
dieser erscheint gerade häufig da am Kleinsten, wo er groß sein möchte;
die Figuren des Mengs machen den Eindruck einer schönen Blumenlese
aus fremden Werken, die Gestalten Chodowiecky's haben das unverkennbare
Gepräge eines einzigen Geistes, ja, ihre Familienähnlichkeit geht mitunter
so weit, daß dieselbe sich nur durch die Arbeitsüberfüllung des Meisters
entschuldigen läßt, der sich selten einer behaglichen Mnße erfreute. Nur
dariu gleichen sich beide Männer, daß sie ernstlich darauf bedacht waren
und sich ehrlich bestrebten, ihr Bestes zu leisten und dem gewonnenen Rufe
keine 1?nehre zu machen.
Während Mengs sich einem Idealismus zuwandte, welcher in der Zeit,
der er angehörte, keinen Boden fand, trat Chodowiecky in die unmittelbarste
Beziehung zu der lebeudigen Gegenwart. Mengs malte für Prälaten, Geld-
fürsten nnd gekrönte Häupter, in feiner Natur ist kein Zug volksthümlichen
Lebens, heimathlicher Gefühlweise; sein Antipode schuf aus dem Volke für
das Volk, sofern man unter Volk die den geistigen Genüssen zugewandten

*) Das beredteste Zeugniß für den überquellenden Reichthum der Phantasie unseres
Meisters legen seine sogenannten „Einfälle" ab, kleine geistreich skizzirte Figürchen, die er
während der Arbeit an einer Platte aus den Rand derselben zu radiren pflegte. Die
mit „Einfällen" versehenen (ersten) Abzüge von seinen Radirungen sind sehr gesucht und
werden zum Theil sehr thener bezahlt. Schon bei Lebzeiten des Künstlers suchte sich eine
betrügerische Speculation diesen Umstand zu Nutze zu machen, wie denn überhaupt uuser
Meister viel von Nachstechern zu leiden Hatte.
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