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Behncke, Wilhelm
Albert von Soest und das Sitzungszimmer im Rasthhause zu Lüneburg — Heidelberg, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.57082#0026
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Die Bezeichnung yV steht auf dem untersten Stein
des rechten Pfeilers am Altar. Die Pilaster der Umrahm-
ung haben eine Hochfüllung von Blattwerk in ähnlichem
Charakter wie das von der inneren Seite des Ratsstuhles.
Auf der Mitte des Giebels steht wieder eine Figur —
nach Albers Aaron — mit einer Inschrifttafel, deren Text
lautet:
QUICUNQUE EFFUDERIT SANGUINE HUMANU FUNDETUR SANGUIS
ILLIUS. AD IMAGINE DEI QUIPPE FACTUS EST HOMO. GENE. 9
(Vers 6).
Auf den Seiten des Giebels liegen breite, eingeschnittene
Ornamente aus Früchten, Blattwerk und Spiralen in ganz ähn-
licher Weise wie im Kapitelsaal und im Friedenssaal zu Münster
und an einigen Epitaphien im Kölner Dom.1 Darüber schweben,
ganz flach gehalten, zwei Engel, die Wappenschilde tragen, von
geringer Arbeit, weil es dem Meister nur darauf ankam, die kahle
Wandfläche möglichst zu verdecken; dem gleichen Zwecke, doch
kunstvoller, dienen die Ornamente zwischen den Pilastern und den
Bilderrahmen, welche in buntem Durcheinander die ganze Höhe
des Zwischenraumes ausfüllen, während die Leyden'schen Gro-
tesken bei der anderen Thür mehr eine Ueberleitung vom senk-
rechten Pfeiler des Aufsatzes zum horizontalen Gesims der Täfelung
darstellen.
An den Sockeln schaut aus einem Lorbeerkranz je ein freier
Kopf hervor. Der linke, männliche macht den Eindruck eines
Portraits, und da das im ganzen Zimmer nicht wiederkehrt, liegt
es nahe, ihn für das Selbstportrait unseres Meisters zu halten. Der
rechte, weibliche (Abb. 8) zeigt ausgeprägter als bei der Sapientia und
Veritas den gewöhnlichen Soest’schen Ideal-Typus mit seinen
ebenmässigen, aber geistlosen Zügen. Die Grundform des Gesichtes
ist länglich oval. Weiches, welliges Haar legt sich in grossen
Strähnen über Schläfen und Ohren. Die Augenlider haben
scharfe Ränder. Der Nasenrücken ist gerade, die Flügel sind flach
und klein. Die Oberlippe des kleinen, leicht geöffneten Mundes
ist in der Mitte vorgezogen. Die weichen, vollen Wangen gehen

1 Abbildungen bei Ortwein u. Scheffers, Abt. 22, Taf. 40.
 
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