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Behne, Adolf
Zur neuen Kunst — Berlin, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.27084#0009
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Ein Vorurteil des Publikums ist es, sich
der Kunst vornehmlich auf dem Wege oder bes-
ser Umwege des Begriffes zu nähern. Jeder
Begriff ist eine Abstraktion, und die Abstraktion
ist etwas Zeitloses. Jeder wirkliche reale Gegen-
stand aber steht in der Zeit und ist durch sie be-
dingt. Hier liegt der Stoff zu einem Konflikt.
Denn beziehe ich den realen Gegenstand x in eine
begriffliche Operation ein, so gehen seine zeit-
lichen Elemente mehr oder weniger unter. Die
zeitlichen Elemente machen aber oft Entscheiden-
des aus, denn in ihnen liegt das Individuelle und
Besondere. Gerade für die Kunst ist es eine Ge-
fahr, wenn zeitlose Begriffe das Einmalige, Le-
bendige ersticken. Der Begriff „Naturalismus“
macht das Wirken von hundert Künstlern prinzi-
piell gleich, während es sich in Wirklichkeit fast
jedesmal um etwas anderes handelt, um ein ganz
anderes Erlebnis für Giotto, ein ganz anderes für
Dürer, ein ganz anderes für Manet.

Das Arbeiten mit Begriffen macht in der
Kunstbetrachtung leicht blind für das, was ist,

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