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Landmann, Edith; Kühl-Claassen, Gertrud; Kantorowicz, Gertrud
Beitraege zur Aesthetik und Kunstgeschichte — Berlin: W. Moeser Buchhandlung, 1910

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Landmann-Kalischer, Edith: Kunstschönheit als ästhetischer Elementargegenstand
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https://doi.org/10.11588/diglit.48631#0055
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Rormfchönheit. Rormfdhönheit gewinnt ein ©jcemplar einer
©attung, wenn eS mit unferer ©ebächtniSVorfteEung übereinftimmt,
bie, aus unzähligen ©inzeleinbrücten entftanbcn, baS ^mmerwieber*
fehrenbe berfelben fefthält. ©urcfj biefe Übereinstimmung Wirb baS
QnbiVibuum zum Repräsentanten eines allgemein (Seienben; eS
entsteht eine anfchauliche Veziehung jpuiScfjen fonft getrennten ®le-
menten, gWiftfjen ber inbivibueüen ©jciftenz unb ihrer allgemeinen
Vebeutung. Söieberum aber ift biefe (Spannung, bie im Schönen
Zugleiü) bargefteEt unb überbrüat Wirb, nur quantitativer Ratur.
©enn jebeS ©inzelwefen trägt bie Rlerfmale feiner ©attung an fiel),
©leichviel Wie man fidj pfpdjologifcf) bie ©ntftehung ber Rorm-
vorfteEung erklären mag, immer läfst fie fidj barfteEen als ©urch-
fd^nitt auS allen abWeidjenben ©eftalten ber $nbivibuen. Sßährenb
nun fonft bei Slnfcfjauung eines ©inzelwefenS bie reine VorfteEung
feiner ©attung fic§ nur unter 5lbftraftion von einzelnen feiner
SRerfmale entwideln fann, erregt ber 5lnbli(f eines normgemäften
^nbivibuumS bie ©attungSVorfteEung unmittelbar unb bireft. ©ie
Slnfdjanung fteljt znr SIEgemeinvorfteEung in bem benfbar günftigften
Verhältnis. ©aS Refultat: bie VorfteEung, Wirb burcf) ein Rlittel
von verblüffenber Einfachheit: bie ihr entfprecljenbe Slnfdjauung,
erreicht. ©ntgegengefet^t, bocfj verWanbt ber normgemä^en ift bie
djarafteriftifdje ©eftalt, welche nicht ben ©urc£)fc§nitt ber ©attungS-
merfmale, fonbern vielmehr biejenigen Rlerfmale befonberS beutlic^
aufweift, Welche bie eine ©attung gegenüber einer anberen, ober ein
$nbivibuum von einem anberen rfjaraf’teriftifcl) unterf Ejeiben.
©tfarafteriftifd) Reifst and) im Seben ein ßug, ber für baS inbivibueüe
Söefen einer (Sadje ober ^erfon be§eidjncnb ift. ©ie Slnfcfjauung
eines ©in^elnen Whb liier gum Repräsentanten eines ©angen.
SRit bem ©^arafteriftifeben nun ift ein ^ringip in ßufammenljang
gebracht worben, WeldjeS, wie mir fefjeint, gerabe ben burdjgreifenben
Unterfcf)ieb ^wifchen natürliüjer unb fünftlerifdjer Rormfdjönlieit
beutlidj ßu madjeii geeignet ift. $m (Spradjgebrauch ber Zünftler
nämlich he^t ßwc befonberS treffenbe Rachbilbung eines Originals
charafteriftifü); hieran anfnüpfenb toiE (Spider*) baS Verhältnis beS
RachbilbeS gum Urbilbe überhaupt mit bem Vorerwähnten ^ßrin-yip
beS (S^arabteriftifc^en verquiden. Ri^t auf bie Vergleichung äußerer
Objefte miteinanber, fonbern auf baS ßufammenhalten beS ®egen-
ftanbeS mit einer im ©elfte bereit liegenben SRuftervorfteüung fomme

*) a. a. £). 33 Sinin.
 
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