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Noch verdienen endlich die Inschriften eine Erwähnung, auf denen man Zahlen
angegeben findet, die keine andere Bedeutung haben können, als die Anzahl der
Märtyrer nachzuweisen, deren Gebeine hinter einem solchen Grabsteine ruheten.
Man wird dadurch sogleich an jene angeführten Verse des Prudentius erinnert,
welcher erzählt, wie er selbst, also gegen das Ende des vierten Jahrhunderts, in
den unterirdischen Grüften Roms Gräber gesehen, die nicht die Namen der Todten,
wohl aber die grosse Anzahl derselben angaben, die ost ein Grab umfing. Auf
einem Grabsteine las er die Zahl sechzig. Ganz ähnlich erscheinen diese Inschrif-
ten aus den römischen Katakomben, die aber von kleinen Zahlen anfangend bald
bis zu so grossen Summen hinaufsteigen, dass die Möglichkeit von selbst wegfällt
zu glauben, diese Denksteine wären mit dem Begräbniss ihrer Todten gleichzeitig.
Sie sind vielmehr gewiss sast alle aus einer Zeit, wo man schon nicht mehr Mär-
tyrer begrub, sondern anbetete und ihnen Denkmale in den Katakomben errichtete,
ohne dass ihr Grab ursprünglich an jener Stelle sich befunden. Zwei dieser In-
schriften haben auch ein Zeitdatum; die eine aus der Katakombe der heil. Lucina
aus der Via Ostiensis lautet also: Dreissig, unter dem Consulat des Sura und Se-
necio (d. i. im Jahre 102 oder 107). Die andere aus der Katakombe der Priscilla,
auf der Via Salaria lautet: Vierzig, unter dem Consulat des Lucius Fabius Cilo und
Marcus Annius Libo ') (d. i. im Jahre 204). Aber gegen das hohe Alter dieser
Inschriften spricht schon der Umstand, dass sie nicht nach der ältern Weise auf
den Kalk mit Farbe aufgemalt, sondern, wie ihr Entdecker selbst bemerkt, in den
Kalk eingegraben oder eingeritzt waren, eine Manier, die wenigstens in den Nea-
politanischen und Sicilianischen Katakomben nur bei Inschriften sehr später Zeit
vorkömmt. Auch ist es unwahrscheinlich, dass die Christen die Leichname von
dreissig und vierzig Märtyrern, die sie schwerlich an einem Tage aus den Händen
ihrer Feinde retteten und begruben, nicht einzeln, sondern in einem grossen ge-
meinschaftlichen Grabe, nach Art der heidnischen Polyandrien bestattet haben soll-
ten. Endlich was das Consulat des Sura und Senecio betrifft, so fällt es in eine
i) Boldetti entdeckte diese beiden Inschriften, und theilt sie mit pag.79.: N. XXX.SVRRA.ET.SENEC
COSS. u. pag. 83.: XL . L.FAB . CIL . M. ANN . LIB . COS. Man muss sich dabei an die Aussage desselben
halten, dass sie in den Kalk eingegraben waren, impressa nella calcina — scolpita nella calcina. Besänden sie sich
auf Steinplatten, so wäre zu vermuthen, dass die Inschriften, deren jede nur aus einer Zeile besteht, Fragmente
von heidnischen Grabschriften wären und die Zahlen vor den Namen vielleicht das Lebensalter bezeichneten
Noch verdienen endlich die Inschriften eine Erwähnung, auf denen man Zahlen
angegeben findet, die keine andere Bedeutung haben können, als die Anzahl der
Märtyrer nachzuweisen, deren Gebeine hinter einem solchen Grabsteine ruheten.
Man wird dadurch sogleich an jene angeführten Verse des Prudentius erinnert,
welcher erzählt, wie er selbst, also gegen das Ende des vierten Jahrhunderts, in
den unterirdischen Grüften Roms Gräber gesehen, die nicht die Namen der Todten,
wohl aber die grosse Anzahl derselben angaben, die ost ein Grab umfing. Auf
einem Grabsteine las er die Zahl sechzig. Ganz ähnlich erscheinen diese Inschrif-
ten aus den römischen Katakomben, die aber von kleinen Zahlen anfangend bald
bis zu so grossen Summen hinaufsteigen, dass die Möglichkeit von selbst wegfällt
zu glauben, diese Denksteine wären mit dem Begräbniss ihrer Todten gleichzeitig.
Sie sind vielmehr gewiss sast alle aus einer Zeit, wo man schon nicht mehr Mär-
tyrer begrub, sondern anbetete und ihnen Denkmale in den Katakomben errichtete,
ohne dass ihr Grab ursprünglich an jener Stelle sich befunden. Zwei dieser In-
schriften haben auch ein Zeitdatum; die eine aus der Katakombe der heil. Lucina
aus der Via Ostiensis lautet also: Dreissig, unter dem Consulat des Sura und Se-
necio (d. i. im Jahre 102 oder 107). Die andere aus der Katakombe der Priscilla,
auf der Via Salaria lautet: Vierzig, unter dem Consulat des Lucius Fabius Cilo und
Marcus Annius Libo ') (d. i. im Jahre 204). Aber gegen das hohe Alter dieser
Inschriften spricht schon der Umstand, dass sie nicht nach der ältern Weise auf
den Kalk mit Farbe aufgemalt, sondern, wie ihr Entdecker selbst bemerkt, in den
Kalk eingegraben oder eingeritzt waren, eine Manier, die wenigstens in den Nea-
politanischen und Sicilianischen Katakomben nur bei Inschriften sehr später Zeit
vorkömmt. Auch ist es unwahrscheinlich, dass die Christen die Leichname von
dreissig und vierzig Märtyrern, die sie schwerlich an einem Tage aus den Händen
ihrer Feinde retteten und begruben, nicht einzeln, sondern in einem grossen ge-
meinschaftlichen Grabe, nach Art der heidnischen Polyandrien bestattet haben soll-
ten. Endlich was das Consulat des Sura und Senecio betrifft, so fällt es in eine
i) Boldetti entdeckte diese beiden Inschriften, und theilt sie mit pag.79.: N. XXX.SVRRA.ET.SENEC
COSS. u. pag. 83.: XL . L.FAB . CIL . M. ANN . LIB . COS. Man muss sich dabei an die Aussage desselben
halten, dass sie in den Kalk eingegraben waren, impressa nella calcina — scolpita nella calcina. Besänden sie sich
auf Steinplatten, so wäre zu vermuthen, dass die Inschriften, deren jede nur aus einer Zeile besteht, Fragmente
von heidnischen Grabschriften wären und die Zahlen vor den Namen vielleicht das Lebensalter bezeichneten