Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bellm, Richard
Wolgemuts Skizzenbuch im Berliner Kupferstichkabinett: ein Beitrag zur Erforschung des graphischen Werkes von Michael Wolgemut und Wilhelm Pleydenwurff — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 322: Baden-Baden [u.a.], 1959

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29800#0098
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
90

buAes für sich und hat zu dessen Programm ebensowenig Beziehung wie zu den Hotz-
sAnitten des SAatzbehaiters. Das sogenannte Skizzenbuch ist kein SkizzenbuA im her-
kömmiiAen Sinne. Vieimehr ist es ein ProgrammbuA, das ähnliA wie der SAatzbehaiter
eine bestimmte Reihenfolge aufweist. Das SkizzenbuA ist gegenüber dem SAatzbehaiter
eine Vorstufe. Vortagen im engeren Sinne sind die ZeiAnungen niAt. Dafür sind sie zu
skizzenhaft und unvoiiständig. Es handeit siA vieimehr um Entwürfe erster Fassung für
den gepianten SAatzbehaiter. Ein Beweis für die Zusammengehörigkeit von ZeiAnung
und SAatzbehaiterhoizsAnitt ist auA das Größenverhältnis. Die ZeiAnungen haben die
halbe Größe der ausgeführten HoizsAnitte.
Das Skizzenbuch enthäit, mit zwei Ausnahmen (ErsAaffung Evas und Sündenfail), nur
ZeiAnungen zum Neuen Testament. Es ist also ein erster „Programmentwurf I NT"
zum SAatzbehaiter. Der Vergleich mit den neutestamentiiAen Szenen des SAatzbehaiters
hat ergeben, daß sieben HoizsAnitte des SAatzbehaiters direkt und drei HoizsAnitte
wahrsAeiniiA auf ZeiAnungen im SkizzenbuA zurü&gehen. Daß auA ein „Programm-
entwurf I AT" vorhanden war, ergab siA aus weitgehenden Übereinstimmungen des
SAatzbehaiters mit der Bildertafei in Bamberg, die als TeiistüA eines gemalten SAatz-
behaiters anzusehen ist, deren Einzeibiider z. T. auA im SkizzenbuA kopiert sind.
Aus der Art der Skizzen und ihrer späteren Erweiterungen in den SAnitten iäßt siA
sAiießen, daß die ZeiAnungen vor dem SAatzbehaiter entstanden sind, zumal siA ge-
zeigt hat, daß Erweiterungen im SAatzbehaiter siA aus neuer Beeinflussung durA andere
HoizsAnitte und Biider und damit Veränderungen der SkizzenbuAzeiAnungen ergaben.
Die Entstehung der ZeiAnungen dürfte in die Jahre 1480—1488 faiien. Ein früheres
Datum iassen die fortgesArittenen Stiimerkmaie gegenüber der Bamberger Biidertafei
sAweriiA zu. Eine wiAtige Quelle für die Entstehung der ZeiAnungen im SkizzenbuA
ist die Bamberger Biidertafei. Aite drei ZeiAner (A, B und C) haben die Biidertafei
gekannt und ziemliA genau kopiert. Das von uns postulierte SkizzenbuA mit ait-
testamentiiAen Szenen muß ebenfaiis Zeidmungen nach der Bamberger Biidertafei ent-
halten haben. Daraus schließen wir, daß die Biidertafei siA in Nürnberg befand, mögiiAer-
weise in der Wolgemutwerkstatt.
Die Skizzen sind aiso in einer Werkstatt entstanden, sehr wahrsAeiniiA auf losen Blättern,
wohi aber nach klarer Programmangabe des Verfassers des SAatzbehaiters, P. Stephan
Fridoiin, niAt, wie W. Stammier glaubt, in wahlioser Foige und nach Gutdünken einiger
fahrender Maler. Aus den Biidvergieichen hat sich ergeben, daß ein Großteii der Skizzen
NaAzeiAnungen sind, die je naA Bedarf erweitert oder im Aufbau verändert wurden.
Die Entlehnungen aus Bernhard Richels Speculum (1476) sowie die Kopie naA dem
niederländisAen Blo&buch einer Ars moriendi (um 1480), ferner vor allem die eindeutigen
NaAzeiAnungen nach der Bamberger Bildertafel, Inv. Nr. 63, und die Kopien naA
StiAen des Martin SAongauer bestätigen dies.
Diese TatsaAe der Auswahl aus fremdem Bildergut, also der Unselbständigkeit eigener
Bilderfindung, entspricht der sehr nüchternen, phantasiearmen Gestaltungskraft Wolgemuts.
Die Bamberger Bildertafel ermöglicht so einen guten EinbliA in das Schaffen der Wol-
gemutwerkstatt. NaA Angabe Wolgemuts, dessen ZeiAenweise wir im ZeiAner A unseres
SkizzenbuAes erkannt haben, entstanden auA die freien Kopien Pleydenwurffs und
seines Gesellen. Wenn auA Pleydenwurff kopierte, so bleibt er doch durch seine eigen-
willige, lebendige Zeichenweise und graphische Auffassung, die wir besonders in den
Manuskripten zur SAedelAronik feststellen konnten, deutliA von Wolgemut untersAieden.
So ergab siA auch gegenüber der früheren Forsdiung ein klareres Bild von Wilhelm
Pleydenwurff, der siA sowohl im graphischen wie im malerisAen Werk stark von
Wolgemut abhebt.

UB ttUDELBERQ
 
Annotationen