FRIEDRICH V. AMERLING
Was nun die in der neueröffneten Galerie ausgestellten Werke Amerlings anlangt, so
schließen sie genau seine Meisterschaftsperiode 1830—1846 ein. Das früheste, der
berühmte Fischerknabe (1830), des Künstlers jüngeren Bruder Josepli darstellend, in
einer großen Anzahl von mehr oder minder guten Kopien von fremder Hand verbreitet,
wurde von der Kaiserin Karolina Augusta für das Belvedere angekauft. Wie Frankl in
seinem schon erwähnten Amerling-Buche berichtet, war das Bild zuerst im Salon der
zur Kongreßzeit von Zar Alexander I. so verehrten Fürstin Gabriele Auersperg neben
ihrem von Amerling gemalten Porträt ausgestellt, fand jedoch trotz des mäßigen Preises
von 4° Gulden keinen Käufer. Erst als der junge Künstler das Bild in die Kunstausstel-
lung zu St. Anna brachte und auf Anraten des Galeriedieners, der zu ihm sagte: »Was
Ihna nit einfallt, Herr Amerling! 4° Gulden! Schreibens 40 Dukaten, anders tun mirs
nöt!« den Preis auf 40 Goldfüchse erhöhte, fand das Bild in der Kaiserin einen Käufer1.
Der »Fischerknabe« zeigt Amerling noch ganz unter englischem Einfluß, »sowohl in der
lockeren Technik wie in der sentimentalen Märchenstimmung, die sonderlich absticht
gegen die realistischen Genrebilder der gleichzeitigen Wiener Künstler«2. Zwei Jahre
vorher war Amerling aus London heimgekehrt, wo er einige Monate hindurch das
Atelier Sir Thomas Lawrences besucht hatte. Die dort gewonnenen Eindrücke sind für
sein ganzes Leben maßgebend geblieben, sie bringen vor allem in seine Porträtkunst
diese eigenartige, in Alt-Wien ganz neue Note, durch die er sich bisher allen Kategorie-
sierungsversuchen entzogen hat. Ganz untergeordnet, ja fast unsichtbar ist dagegen die
französische Einflußkomponente, die bisher als unausrottbarer Ballast von einem Künstler-
lexikon in andere, von der alten in jede neue Auflage der Kunstgeschichten mitgeschleppt
wurde. Wie hätte denn der französische Einfluß nachhaltig sein können, wo Amerling
während seines zehnwöchigen Aufenthaltes in Paris 1828 nur ein einzigesmal
das Atelier Horace Vernets besuchen konnte, während er die übrige Zeit krank zu
Bette lag!
Wie stark aber Lawrences Kunst auf Amerling gewirkt hat, davon legen vor allem die
frühen Porträts, von denen die Galerie einige ganz hervorragende Beispiele besitzt, ein
beredtes Zeugnis ab, insbesondere die wundervollen Bildnisse des Malers Robert Theer
(1831) und eines Unbekannten (angeblicli ein Graf Breda, 1833)3. Zeigen diese beiden
Bilder trotz ihrer distinguierten Eleganz einen mehr intimen Charakter, so führt uns das
schon erwähnte Porträt Kaiser Franz I. in preußischer Generalsuniform (1834)4 auf das
Gebiet der repräsentativen Bildnisse, deren Amerling nicht wenige gemalt hat, die aber
dem Publikum, das höchstens das große Porträt des Kaisers Franz I. im Krönungsornat
(1832, Laxenburg) und ein fälschlich Amerling zugeschriebenes Kaiserbildnis im
1 S. 26. 2 E. H. Zimmermann, Das Alt-Wiener Sittenbild (Wien 1923) 20. 3 Die ausführlichen Mallisten Amerlings
erwähnen diesen Namen nicht. 4 Nicht in preußischer Husarenunifonn, wie Frankl a. a. 0.31 angibt.
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Was nun die in der neueröffneten Galerie ausgestellten Werke Amerlings anlangt, so
schließen sie genau seine Meisterschaftsperiode 1830—1846 ein. Das früheste, der
berühmte Fischerknabe (1830), des Künstlers jüngeren Bruder Josepli darstellend, in
einer großen Anzahl von mehr oder minder guten Kopien von fremder Hand verbreitet,
wurde von der Kaiserin Karolina Augusta für das Belvedere angekauft. Wie Frankl in
seinem schon erwähnten Amerling-Buche berichtet, war das Bild zuerst im Salon der
zur Kongreßzeit von Zar Alexander I. so verehrten Fürstin Gabriele Auersperg neben
ihrem von Amerling gemalten Porträt ausgestellt, fand jedoch trotz des mäßigen Preises
von 4° Gulden keinen Käufer. Erst als der junge Künstler das Bild in die Kunstausstel-
lung zu St. Anna brachte und auf Anraten des Galeriedieners, der zu ihm sagte: »Was
Ihna nit einfallt, Herr Amerling! 4° Gulden! Schreibens 40 Dukaten, anders tun mirs
nöt!« den Preis auf 40 Goldfüchse erhöhte, fand das Bild in der Kaiserin einen Käufer1.
Der »Fischerknabe« zeigt Amerling noch ganz unter englischem Einfluß, »sowohl in der
lockeren Technik wie in der sentimentalen Märchenstimmung, die sonderlich absticht
gegen die realistischen Genrebilder der gleichzeitigen Wiener Künstler«2. Zwei Jahre
vorher war Amerling aus London heimgekehrt, wo er einige Monate hindurch das
Atelier Sir Thomas Lawrences besucht hatte. Die dort gewonnenen Eindrücke sind für
sein ganzes Leben maßgebend geblieben, sie bringen vor allem in seine Porträtkunst
diese eigenartige, in Alt-Wien ganz neue Note, durch die er sich bisher allen Kategorie-
sierungsversuchen entzogen hat. Ganz untergeordnet, ja fast unsichtbar ist dagegen die
französische Einflußkomponente, die bisher als unausrottbarer Ballast von einem Künstler-
lexikon in andere, von der alten in jede neue Auflage der Kunstgeschichten mitgeschleppt
wurde. Wie hätte denn der französische Einfluß nachhaltig sein können, wo Amerling
während seines zehnwöchigen Aufenthaltes in Paris 1828 nur ein einzigesmal
das Atelier Horace Vernets besuchen konnte, während er die übrige Zeit krank zu
Bette lag!
Wie stark aber Lawrences Kunst auf Amerling gewirkt hat, davon legen vor allem die
frühen Porträts, von denen die Galerie einige ganz hervorragende Beispiele besitzt, ein
beredtes Zeugnis ab, insbesondere die wundervollen Bildnisse des Malers Robert Theer
(1831) und eines Unbekannten (angeblicli ein Graf Breda, 1833)3. Zeigen diese beiden
Bilder trotz ihrer distinguierten Eleganz einen mehr intimen Charakter, so führt uns das
schon erwähnte Porträt Kaiser Franz I. in preußischer Generalsuniform (1834)4 auf das
Gebiet der repräsentativen Bildnisse, deren Amerling nicht wenige gemalt hat, die aber
dem Publikum, das höchstens das große Porträt des Kaisers Franz I. im Krönungsornat
(1832, Laxenburg) und ein fälschlich Amerling zugeschriebenes Kaiserbildnis im
1 S. 26. 2 E. H. Zimmermann, Das Alt-Wiener Sittenbild (Wien 1923) 20. 3 Die ausführlichen Mallisten Amerlings
erwähnen diesen Namen nicht. 4 Nicht in preußischer Husarenunifonn, wie Frankl a. a. 0.31 angibt.
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