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Benndorf, Otto ; Hirschfeld, Otto
Festschrift zur fünzigjährigen Gründungsfeier des Archäologischen Instituts in Rom — Wien, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.661#0026
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ist*), hat überall ihr in der Reife aufquellender Körnerreichthum und die
dunkle Rothe ihrer Blüthe und ihres Fruchtinnern Veranlassung gegeben,
sie als ein Sinnbild bald von treibender Fruchtbarkeit, bald von Tod und
blutiger Vernichtung zu betrachten, in einer mystischen Gegensätzlichkeit
der Auffassung, welche mehr oder weniger dem Wesen und Wirken aller
Naturgötter entspricht, vorzüglich herrschend aber und tiefsinnig ausgebildet
in den Diensten der Unterweltsgottheilen hervortritt. Als ein Symbol glück-
lichen Gedeihens hält der höchste befruchtende Himmelsgott Zeus Kasios*")
in seinem aus Syrien stammenden Culte zu Pelusium, hält die Ehegöttin
Hera in Argos, wie Münzen ausweisen, den Granatapfel in der rechten Hand,
einen grossen Granatzweig trägt eine Höre auf der Sosiasschale; in Kypros
hatte Aphrodite die Granate gepflanzt und bis auf den heutigen Tag gilt
ihre Frucht in Griechenland allgemein als ein Emblem von besonderer
Lebenskraft namentlich in hochzeitlichen Gebräuchen. Einen sepulcralen
Bezug hat sie dagegen als Grabspende und als Ornament von Gräbern f) ;
sie galt als entsprossen aus dem Blute bald des Dionysos, bald der phry-
gischen Agdistis, auf dem Grabe des Eteokles und Polyneikes hatten die
Erinyen einen Blut ausströmenden Granatbaum gepflanzt, eine Granate
wuchs auf dem Grabe des Menoikeus der sich selbst den Tod gegeben,
ihre an den Hades bindende Kraft war ein geläufiger Volksglaube in den
weitverbreiteten Mythen der Persephone. Am allergewohnlichsten ist sie in
Kunstwerken als ein Attribut männlicher oder weiblicher Unterweltsgott-
heiten, unter Anderem der Hekate, verwandt worden.

Dieser Doppelbedeutung entsprechend ist auch für den Granatapfel in
der Hand der Athena Nike eine zweifache Erklärung aufgestellt worden.
Einerseits wird sie betrachtet als ein Zeichen vergossenen Blutes oder als
eine Versinnbildlichung des aus blutigen Kämpfen entsprossenen Friedens,

") Böttiger Ideen zur Kunstmythologie II p. 24g f., O. Müller kleine deutsche Schriften
II p. 128 f., Preller Demeter und Persephone p. 115 f., C. BCtticher Baumkultus der Hellenen
p. 471 f., Wclcker Zeitschrift 1 p. 10 f., griudiihiihi; Güt^rlulire II p. 2CjG, 3in f., Stqihani
Compte-rendu i85g p. i3l f., A. Mommsen griechische Jahreszeiten V p. 58s, Philippe
Berger Gazetli.- ^vaicolo^ique 1877 p. 27.

**) Stark Gaza und die phiHstäischc Küste p. 571, S80.

+) Raoul-Rochette monum. infdits I p. i5g, Gerhard areh. Zeit. i85o p. 147, Stephani
Compte-rendu 1866 p. 119, H, Hettner Bildwerke der k. Antikensammlung zu Dresden

1875 n. 34i, Anthol. Palat. Vli 406.
 
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