Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Springer, Anton [Gefeierte Pers.]; Benndorf, Otto [Bearb.]
Gesammelte Studien zur Kunstgeschichte: eine Festgabe zum 4. Mai 1885 für Anton Springer — Leipzig, 1885

DOI Artikel:
[Schreiber, Theodor]: Über die Kunsttraktate des Guilio Mancini
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29643#0119
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
104

THE0D0R SCHREIBER.

dem auch fein möge, das heutige Urteil tiber den Wert diefer Auffätze wird
anders lauten als dasjenige, welches Baldinucci in feiner Apologia ä pro delle
glorie della Toscana in fehr gereiztem Tone gegen Mancini als Widerfacher
Vafari’s und angeblichen Verkleinerer des Ruhmes der altflorentiner Meifter gefällt
hat. Mögen auch einige feiner Vermutungen nicht ftichhaltig, manche Berichtigun-
gen älterer Überlieferung durch die neuere Kritik bereits überholt fein, fo enthalten
feine Aufzeichnungen doch zahlreiche, noch jetzt wertvolle Angaben über Maler
und Ivunftwerke aus allen Epochen, auch Mitteilungen über antike Gemälde und
Mofäiken, die zu feiner Zeit ans Licht kamen, und vor allem eine Menge kleiner
Biographien iiber zeitgenöffifche Meifter, welche die Angaben des Baglione, Mal-
vafia u. a. in erwünfchter Weife ergänzen. Eine Publikation diefer Traktate
wird daher kein unnützes Unternehmen fein, und ihr als Vorarbeit zu dienen ift
die Abficht der nachfolgenden Zufammenftellungen.

Ich fchicke die wenigen Notizen voraus, die ich über das Leben und Wirken
des Verfaffers habe auffinden können, fie lind hauptfächlich der Piacotheca des
Janus Nicius Erythraeus (Lips. 1712 p. 377 ff.) entnommen. Eine lateinifch ge-
lchriebene, in den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts erfchienene Biographie
Mancini’s, als deren Autor in dem noch zu erwähnenden Cod. Capp. 231 fol.
226 ein gewiffer Giovanni Vittorio de’ Rofli genannt wird, ift mir nicht zu Ce-
ficht gekommen.

Giulio Mancini (f 1629) wird als einer der begabteften Arzte feiner Zeit ge-
lchildert. Aus Siena gebürtig, aber fchon in jiingeren Jahren nach Rom ver-
zogen, erringt er ralch eine hervorragende Stellung an dem Hofpital zu S. Spi-
rito in Saffia, feit der Thronbefteigung Urbans VIII. (1623) auch das Vertrauen
diefes Papftes, der ihn zu leinem Leibarzt erhebt und mit Ehren und Würden
überfchüttet. Eine vielfeitige Bildung wird an ihm gerühmt, vielfeitig lcheint
auch feine litterarilche Thätigkeit gewelen zu fein. Eine Anzahl von Auffätzen
medizinifchen Inhalts bewahrt die barberinifche Bibliothek in Rom. Für Philo-
fophie und „chaldäifche Studien“ ift er begeiftert, aber vor allem befchäftigt
ihn in feiner Mufsezeit das lebhaftelfe Intereffe für die Malerei. Er ift ein eifriger
Bilderlammler, und feine Leidenfchaft fiir Cemälde geht fo weit, dafs er, wie er-
zählt wird, gelegentlich felbft die Dankbarkeit feiner Patienten zu Gunften feiner
Sammlung in Kontribution zu fetzen weifs. Im Umgang mit Ktinftlern fucht er
Anregung und Belehrung, er rühmt fich im Vorwort der einen Schrift der Freund-
fchaft einiger berühmter Maler, und wie er fich in demfelben Werkchen auf
direkte Mitteilungen des Agoftino Caracci bezieht, fo mögen auch in anderen Fällen
feine Angaben tiber die perfönlichen Verhältniffe, die intimeren Beziehungen der
damaligen Künftler zu einander auf mündliche Aufserungen derfelben zurück-
gehen.

Darf man aus der amtlichen Stellung Mancini’s, befonders aus feiner Be-
rufung in die unmittelbare Nähe des Papftes auf einen dauernden, auch nicht
 
Annotationen