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Amtsbezirk Weinheim [Hrsg.]
Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim (5): Der Bergsträßer Bote: Amts- u. Verkündigungsbl. für d. Bezirksamt Weinheim — 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.42484#0293
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D e r

Bergsträßer Bote.
Amts- und Verkündigungsblatt für das Bezirksamt Weinheim.
Fünfter Jahrgang.

M"? TZ, Weinheim, den 2t. September L8LZ.

Die ungarischen Neichskleinodien.
Wien, 14. Sept. Ueber die Auffindung der
ungarischen Reichs kleinodien erfährt die „N. Pr.
Z.„ aus Alt-Orsowa, 9. d., Folgendes: Durch
das Geständniß eines Flüchtlings wußte man,
daß das allgemeine Gerücht Wahrheit und die
Krone nicht von dem ungarischen Boden entfernt
worden war; auch war ter Platz im Allgemeinen
bezeichnet. Seit beinahe drei Monaten befand sich
daher ein höherer Offizier (Mafor) hier, um im
Auftrage der Negierung an der nahen Grenze die
angeordneten Ausgrabungen zu leiten. Lange
waren alle Nachforschungen vergeblich, bis gestern
Viergen gegen 9 Uhr ein armer wallachiicher Ar-
beiter, der sich im Streit von seinen Gefährten
getrennt hatte und allein an einem andern Platz
grub, den glücklichen Feind machte. Dies geschah
ganz in der Nähe der türkischen Grenze bei dem
Dorfe Währowa, etwa I V2 Stunden von hier.
Die Kleinodien waren in einer eisernen Kiste ver-
schlossen, die sich wiederum in einer hölzernen be-
fand, mehrere Fuß tief in der Erde vergraben.
Man brachte sofort den Fund hieher in das Stadt-
haus, wo derselbe unter starker Bewachung gestern
und heute dem Publikum ausgestellt wurde, und
wo ich die Kleinodien auch gesehen habe. Die-
selben bestehen aus der berühmten, prächtigen
Krone des hl. Stephan, dem Szepter, dem Ncichs-
schwert, dem schweren, goldgestickten Krönungs-
mantel, zwei Pelzen und einem Paar Schuhen.
Der glückliche Fund wurde sofort mit Estafette
nach Semlin und von dort mit dem Telegraphen
nach Wien gemeldet.
Sofort wurden die Kleinodien dem Publikum
zur Besichtigung ausgestellt. Wie die „Wien. Ztg."
schreibt, strömte das Landvolk selbst von den ent-
ferntesten Orten scharenweise nach Orsowa. Wäh-

rend außerhalb der Militärgebäude die in dichten
Mafien sich sammelnde Menge freudejubelnd lärmte,
herrschte in den Räumlichkeiten, wo die Aufstellung
stattfand, eine heilige Stille. Das Landvolk,
Magyaren und Romanen, nahte sich nur knicend
dem Ort und betete beim Anblick der Krone, die
König Stephan der Heilige trug. Der Umstand,
daß der Wiederfund am Tage Mariä, der Schutz-
patronin Ungarns, geschah, ruft die höchste Be-
geisterung hervor und verleiht dein Akt eine heilige
Weihe. Abends war große Illumination. Die
vor Anker liegenden prachtvoll beleuchteten Donau-
Dampfboote, die Freudenfeuer auf allen Gebirgen,
die endlosen Jubelrufe für das Wohl und Hnl
Sr. Mas. des Kaisers Franz Joseph, die schön
geordnete Prozession der Schuljugend, welche die
Volkshymne sang und von tausendstimmigen Vivats
begleitet war, das Geläute aller Glocken, die mehr-
stündigen Freudensalven von den Gebirgen, und
der Donner der Kanonen der Dampfboote ver-
herrlichten die Feierlichkeit dieses denkwürdigen
Tages. II. HH. die Herzoge von Nemours und
Koburg, welche gerade auf ihrer Durchreise zur
Feierlichkeit cintrafen, theilten sichtbar diese Ge-
fühle der Freude. Abends 8 Uhr wurde wieder
Alles in die eiserne Kiste gelegt, und bleibt diese
bis zur Ankunft Sr. Erz. des Grafen Coronini
geschlossen.
Nach Gerüchten, die die „Allg. Ztg.„ erwähnt,
fiele das Verdienst, über die verschleppten Kleinodien
und den Fundort die ersten richtigen Winke gegeben
zu haben, einem Magyaren Namens Varga zu.
Da der Familienname Varga in Ungarn so häufig
ist, wie in Deutschland Müller oder Mayer, so
wäre damit wenig aufgeklärt. Inzwischen dürften
sich bei diesem Anlaß viele Wiener eines Beamten
der ehemaligen ungarischen Hofkanzlei, Namens
Varga, erinnern, welcher im Sommer des Jahres
 
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