Burgenbeschreibungen.
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an welcher Stelle dann Schutt das weitere Vordringen hemmt. Sein Ausgang soll im Thal bei der ersten
Mühle gewesen sein. Dass er ein heimlicher Gang der Burg gewesen , bleibt wahrscheinlich, jedoch wagte
noch niemand denselben, weil er sehr eng und niedrig ist, weiter zu untersuchen. Zu Folge einer unver-
bürgten Sage soll er zu einem weiten Gewölbe, einem einstigen Keller führen, der noch jetzt — mehrere
grosse Weinfässer enthalten soll.
Die Felsenmassen, welche noch oberhalb dieser Höhle mächtig emporsteigen, tragen die Ruinen
Arnstein’s. Ein steiler Pfad führt zu ihnen aufwärts. Die gänzliche Verwüstung der Mauern, die feste
Hülle von Moos, Gras, Wurzeln und Baumästen über hohem Schutt, und die arge Verwahrlosung der Ruine
wie der Pfade dahin von Seite des Eigenthümers bewirkt, dass man in kurzer Zeit nicht mehr im Stande
sein dürfte, diese Ruinen, deren Ersteigung ohnehin gute Lungen erfordert, ohne Wegweiser zu erklettern *).
Von den Pfaden und Geländern, welche einst (1806 —1812) der Caplan Benedict Gedler menschen-
freundlich angelegt hatte, ist nur mehr eine schwache Spur geblieben. An Ermittlung des einstiges Umfanges
der Burg, Aufnahme eines Grundrisses u. dergl. ist nicht zu denken; nur die vereinten Kräfte mehrerer
Teichgräber und Holzhauern vermöchten über diese Schuttmasse einiges Licht zu verbreiten.
Folgende Erscheinungen sind auch dem Blicke des Laien noch erkennbar. Die Burg besass einst sicher
keinen geringen Umfang, starke Mauern und den Vortheil einer sehr steilen Lage. Die Veste weiset einen
zweifachen Bau auf, den ältesten auf dem höchsten Gipfel des Felsenberges mit den dicksten Mauern
aus Bruchsteinen, jedoch von Aussen einst mit einem Quaderbau, dessen ^grosse schöne behauenen Steine
diebische Hände, soweit selbe emporreichen konnten, meist ausgebrochen, und so die Unterhöhlung der
mächtigen Wände und ihren Sturz vorbereitet haben. Eine Mauer dieses ältesten Baues schloss sich an jene
sonderbar gebildete Felssäule an, die man schon im Thale gewahrt.
Den jüngeren Bau, mit dünneren Mauern, durchaus von Bruchsteinen, ist tiefer gelegen als der
erstere, und hat an der Ecke einen runden Vertheidigungsthurm, den seichte Topographen einen — Wart-
thurm genannt haben.
Der höchste und älteste Bau trägt schwache Spuren des dreizehnten, dagegen der untere jene vom An-
fänge des sechzehnten Jahrhunderts.
Die Lage der Burg war trefflich gewählt; von ihrer bedeutenden Höhe beherrschte der Blick des
Zwingherrn die nächsten Thäler, und noch jetzt ist die Aussicht vom höchsten Puncte, obwohl durch Bäume
beschränkt, herrlich.
Entsprechend ihrer Lage erhielt die Burg Arnstein wohl sicher ihren Namen von dem ihre Zinnen um-
kreisenden Aar, dem Königsvogel, der auf hohen Felsen horstet. In alter Zeit trifft man die Wörter
Stein und Schloss synonym, und so nannten die gefürchteten Ritter ihre Wohnung den Sitz der Adler.
Eine Sage aus alter Zeit bewahren die Dorfbewohner. Ritter Conrad von Arnstein, der zu
Ende des XIII. Jahrhunderts lebte, zog nach Palästina. In seiner Abwesenheit genas sein ehelich Gemahel
eines Knäbleins von ganz hässlicher, hundeähnlicher Gestalt. Die erschreckte Mutter befahl das unglückliche
Geschöpf zu ersäuffen, und ihrem unmenschlichen Befehle wurde Folge geleistet. In jenem Teiche, der am
Fuss des Schlossberges lag, fand es seinen Tod. Ritter Conrad, rückgekehrl aus dem gelobten Lande, erfuhr
die schwarze That. Bei einem Gastgeboth stellte er öffentlich an sein herzloses Weib die Frage, welche
Strafe eine Kindesmörderin verdiene, worauf sie, wohl um jeden Verdacht zu vermeiden, entgegnete,
eine so grausame Mutter verdiene in ein Fass voll spitzigen Nägeln gesperrt und den Berg hinabgerollt zu
werden. — Der strenge Eheherr aber entschied, sie selber habe sich damit das Todesurtheil gesprochen; •—
9 Der Verfasser selber wurde bei der Besichtigung durch einen abstürzenden Stein am Fusse verletzt.
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an welcher Stelle dann Schutt das weitere Vordringen hemmt. Sein Ausgang soll im Thal bei der ersten
Mühle gewesen sein. Dass er ein heimlicher Gang der Burg gewesen , bleibt wahrscheinlich, jedoch wagte
noch niemand denselben, weil er sehr eng und niedrig ist, weiter zu untersuchen. Zu Folge einer unver-
bürgten Sage soll er zu einem weiten Gewölbe, einem einstigen Keller führen, der noch jetzt — mehrere
grosse Weinfässer enthalten soll.
Die Felsenmassen, welche noch oberhalb dieser Höhle mächtig emporsteigen, tragen die Ruinen
Arnstein’s. Ein steiler Pfad führt zu ihnen aufwärts. Die gänzliche Verwüstung der Mauern, die feste
Hülle von Moos, Gras, Wurzeln und Baumästen über hohem Schutt, und die arge Verwahrlosung der Ruine
wie der Pfade dahin von Seite des Eigenthümers bewirkt, dass man in kurzer Zeit nicht mehr im Stande
sein dürfte, diese Ruinen, deren Ersteigung ohnehin gute Lungen erfordert, ohne Wegweiser zu erklettern *).
Von den Pfaden und Geländern, welche einst (1806 —1812) der Caplan Benedict Gedler menschen-
freundlich angelegt hatte, ist nur mehr eine schwache Spur geblieben. An Ermittlung des einstiges Umfanges
der Burg, Aufnahme eines Grundrisses u. dergl. ist nicht zu denken; nur die vereinten Kräfte mehrerer
Teichgräber und Holzhauern vermöchten über diese Schuttmasse einiges Licht zu verbreiten.
Folgende Erscheinungen sind auch dem Blicke des Laien noch erkennbar. Die Burg besass einst sicher
keinen geringen Umfang, starke Mauern und den Vortheil einer sehr steilen Lage. Die Veste weiset einen
zweifachen Bau auf, den ältesten auf dem höchsten Gipfel des Felsenberges mit den dicksten Mauern
aus Bruchsteinen, jedoch von Aussen einst mit einem Quaderbau, dessen ^grosse schöne behauenen Steine
diebische Hände, soweit selbe emporreichen konnten, meist ausgebrochen, und so die Unterhöhlung der
mächtigen Wände und ihren Sturz vorbereitet haben. Eine Mauer dieses ältesten Baues schloss sich an jene
sonderbar gebildete Felssäule an, die man schon im Thale gewahrt.
Den jüngeren Bau, mit dünneren Mauern, durchaus von Bruchsteinen, ist tiefer gelegen als der
erstere, und hat an der Ecke einen runden Vertheidigungsthurm, den seichte Topographen einen — Wart-
thurm genannt haben.
Der höchste und älteste Bau trägt schwache Spuren des dreizehnten, dagegen der untere jene vom An-
fänge des sechzehnten Jahrhunderts.
Die Lage der Burg war trefflich gewählt; von ihrer bedeutenden Höhe beherrschte der Blick des
Zwingherrn die nächsten Thäler, und noch jetzt ist die Aussicht vom höchsten Puncte, obwohl durch Bäume
beschränkt, herrlich.
Entsprechend ihrer Lage erhielt die Burg Arnstein wohl sicher ihren Namen von dem ihre Zinnen um-
kreisenden Aar, dem Königsvogel, der auf hohen Felsen horstet. In alter Zeit trifft man die Wörter
Stein und Schloss synonym, und so nannten die gefürchteten Ritter ihre Wohnung den Sitz der Adler.
Eine Sage aus alter Zeit bewahren die Dorfbewohner. Ritter Conrad von Arnstein, der zu
Ende des XIII. Jahrhunderts lebte, zog nach Palästina. In seiner Abwesenheit genas sein ehelich Gemahel
eines Knäbleins von ganz hässlicher, hundeähnlicher Gestalt. Die erschreckte Mutter befahl das unglückliche
Geschöpf zu ersäuffen, und ihrem unmenschlichen Befehle wurde Folge geleistet. In jenem Teiche, der am
Fuss des Schlossberges lag, fand es seinen Tod. Ritter Conrad, rückgekehrl aus dem gelobten Lande, erfuhr
die schwarze That. Bei einem Gastgeboth stellte er öffentlich an sein herzloses Weib die Frage, welche
Strafe eine Kindesmörderin verdiene, worauf sie, wohl um jeden Verdacht zu vermeiden, entgegnete,
eine so grausame Mutter verdiene in ein Fass voll spitzigen Nägeln gesperrt und den Berg hinabgerollt zu
werden. — Der strenge Eheherr aber entschied, sie selber habe sich damit das Todesurtheil gesprochen; •—
9 Der Verfasser selber wurde bei der Besichtigung durch einen abstürzenden Stein am Fusse verletzt.
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