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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über Burgen und Schlösser im Lande unter der Enns
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II. Archäologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0096
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F. O. von Leber,

österreichische Ritterhurgen zur Zeit des XVII. Jahrh. darstellend; darunter auch die alte Burg Feistritz nach
Vischer’s Bild; Arbeiten des geschickten Kothgasser; — 6) am Fenster mit schönen Glasmalereien
ein grosses Kreuz; Filigran-Holzschnitzarbeit von hoher Vollendung; eine grosse Zahl Figürchen mit grie-
chischen Aufschriften; biblische Darstellungen enthaltend; wohl eine Arbeit griechischer Mönche des XIII.
Jahrhunderts 1); ein Hochbild aus Holz geschnitzt; zwei liebende Paare, in deren Mitte ein Hofnarr; —
7) Lanzknechts-Costume aus Aldegrever’s Zeit meisterliche Arbeit; Höhe 2 Spannen; Breite 13/i Sp.;—
8) Petrus und Paulus, kleines Holzschnilzwerk des XV. Jahrh.; 9) Christi Ascension; Holzschnitzwerk
des XVI. Jahrh. 2).
Die Herren-Harnaschkammer befindet sich zur Rechten des Musikzimmers; eine reiche
Sammlung ritterlicher Harnische und Wehren. Besonders anziehend: 1) ein Ritter; hoch zu RosS; angeb-
lich Appel von Gailing3); augenscheinlich ein Harnisch des XVI. Jahrh.; an dessen linkem Arme
lächerlicher Weise ein ,,Garbeysen“ (das an eine Rennstange gehört) prangt; die Pferderüstung herrlich;
insbesondere der eiserne Sattel mit hohem Sattelbogen; ein Meisterstück der Plattnerei; — 2) eilf Turnier-
harnische; vier Rennharnische und sieben Gestechharnische von der alten schweren Gattung. — 3) mehrere
Halsfangeisen; geschäftet; — 4) zwei ganze blanke Harnische; — 5) sieben halbe blanke Harnische; —
6) eilf schöne Brechscheiben und eine grosse Anzahl Slangenwehren; Schwerter; glatte und geflammte
Biedenhander u. s. w.
Der Rittersaal; zur linken Seite des Musikzimmers. Der erste Anblick ist überraschend. An den
hohen Fenstern eine reiche Anzahl ausgesucht schöner Glasmalereien; — eine Gemäldegallerie auf Glasy.
von hohem Werthe; die vom Reichthume ihres Besitzers zeigt. In der Ecke ein elephantenmässiger Kachel-
ofen mit vielen gepressten Figürchen; Heilige darstellend; dessen ordentliche Heitzung jedesmal eine
Klafter Holz benöthigt. Hiernach schliesse man auf die Grossartigkeit des Saales. — An der Decke
ein paar grosse prachtvolle Kronleuchter; oder wie die Wiener zu sagen pflegen; Luster, mit durchbro-
chenem gothischen Schnitzwerk und darin stehenden Rittern geschmackvoll gearbeitet; für den Nichtkenner
von überladener Schönheit; während der Kenner ihr Alter höchstens auf 80 Jahre setzen kann; abgesehen
davon eine Zierde des Ortes. — Fussbodendecke; Tische; Ruhebänke; Lehnstühle von entsprechender Pracht.
Die Tris urkamm er zu ebener Erde 4); besteht aus drei Gemächern. In der Eingangsstube ein
bunter Kachelofen; alt und echt. Ein ähnlicher in der eigentlichen Schatzkammer zur Linken. Das hohe
Gemach zur Rechten fasst die schönsten Harnische und Waffen von hohem Werthe. Da sie sämmt-
lich über Mannequins geschnallt und mit Wachs- oder Holzgesichtern versehen sind, — einige der letzteren
O Kreuze mit ähnlicher Arbeit kommen nicht selten vor, nur nicht von solcher Schönheit und Grösse. Ein Kreuz von glei-
cher Grösse und Eintheilung lieferte Du Sommerard in seinem Prachtwerke, Les Arts au Mögen Aye, Imp. Fol.
Paris 1841, Chap. V, p. II.
2) Es bedarf kaum der Erinnerung, dass hier nur die ausgezeichnetsten plastischen Arbeiten Erwähnung finden; die vielen
Elfenbein- und Holz-Arbeiten, Glasmalereien, Chatullen, Humpen u. s. w. untergeordneteren Ranges kommen hier nicht
zur Sprache.
3) Eppelein von Gailing, auch Apel von Eckelein genannt, stammte aus dem Geschlechte der Gailinge von Illers-
heim; sein Stammschloss Gailing lag unweit Rothenburg an der Tauber. Wegen seiner furchtbaren Räubereien in Fran-
ken wurde er zuletzt i. J. 1381 zu Neumarkl in der Oberpfalz gerädert. Mit mehr Wahrscheinlichkeit zeigte man mir im
Erbacher Rittersaale seinen Harnisch als echt; abgebildet in G. R. v. Kress: Kurze Beschreibung von Abbildungen des
Rittersaales im Schlosse zu Erbach im Odenwalde und der in demselbon auf gestellten Rüstungen und Waffen (mit
19 Abb. in aqua tinta geätzt v. Kress, Gr. Roy. — 4. Offenb. 1832). Tab. IX. Er ist aber ebenfalls unterschoben, und
höchstens aus dem Ende des XV. Jahrh.; obwohl er bis zum J. 1796 zu’Neumarkt stand, und obwohl auf dessen Rrust
das Gailing’sche Wappen und die J. Z. 1364 graviert sind. Man sieht, welche Vorsicht bei der Harnischtaufe vonnöthen ist.
Ob die Anlage der Schatzkammer neben der Einfahrt, beinahe den Viehslällen gegenüber, passend sei; — wir sind zu be-
scheiden hierüber zu richten. Dass die Alten, ihre werthvollen Waffen, der Feuchtigkeit wegen, nie zu ebener Erde auf-
bewahrten, ist bekannt.
 
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