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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über Burgen und Schlösser im Lande unter der Enns
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II. Archäologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0097

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Burgenbeschreibungen, 57
von überraschender Schönheit — so rundet sich ihre Zahl zu einem lebenben Bild (tableau), in dessen
Mittelpunct ein sitzender Ritter einen vor ihm Knieenden zum Ritter schlägt. Rings umher stehen die gehar-
nischten Zeugen dieser feierlichen Handlung. An den Wänden sind die werthvollsten Waffenstücke in schö-
nem Ebenmasse vertheilt. Besondere Erwähnung verdienen: 1) ein über 4' langes Ritterschwert (Wehre
zu anderthalber Faust), wohl erhalten mit einfachem 11 Zoll langen Parierkreuz, das einen Finger-
bügel bildet (eine ungemeine Seltenheit); die geschmeidige Klinge oberhalb ist drei Zoll breit. Der Griff
schwarzes Horn mit graviertem Messing worauf die Worte: |)i|( |)Cf got llllj ttflt auf der Kehrseite: mit
Willst bitt tigtt und an dem zierlichen Parierkreuz an jeder Seite ein Wort: Ijilf — flöt! - Eine herrliche
Arbeit des XIV. Jahrhunderts5 — 2) die schöne Kalender klinge, sämmtliche zwölf Monate mit ihren
365 Tagen fassend 5 — 3) ein schneidiges Schwert mit schwerem reichciselierten Metallgriffe, mit Lauf
zum Schliessen und Radschloss, angeblich vom Prinz Eugen v. Savoyen, allein sichtbar weit älter; —
4) Streitkolben mit Lauf und Radschloss; — 5) Streithammer aus dem Ende des XV. Jahrhunderts ])
und eine Mordaxt (Schlachtbeil) von höherem Alter 1 2): — 6) schöne halbe Rüstung mit geschmackvoller
Atzung überdeckt auf der Brust: ASSIRIA etc. 1609 und das Plattnerzeichen:


7) ähnliche halbe Rüstung derselben Zeit von minderer Schönheit5 — 8) angeblich des Götz von Ber-
lichingen Harnisch, glatter halber Harnisch aus seiner Zeit 3) j — 9) ähnliche geätzte halbe Rüstung
wie No. 7, an der Halsgrube das Jahr 1603; die drei unter 6. 7 und 9 erwähnten Harnische mit offenen
Helmen. Noch stehen daselbst vier halbe Harnische von minderer Schönheit5 — 10) zwei ganze blanke
gerippte Harnische mit geschlossenen Helmen und Stumpffüssen (breit abgehackten Eisenschuhen), sehr
schöne Plattnerarbeit aus dem Anfänge des XVI. Jahrhunderts. — Die alten Holzköpfe mit ihren buschigen
Brauen und Bärten voll Ausdruck. — Das Visier des einen Helms bildet eine Teufelslarve 4); — 11) zum
Schlüsse dürften noch jene zwei vielbesprochenen sogenannten Röm erdolche Erwähnung finden, nicht
weil sie viel Rühmens verdienen, sondern nur als Beleg, zu welchen unnützen gelehrten Discussionen die
Früchte eines fein gesponnenen Betruges anzuregen vermögen, sobald er eine hohe Stufe der Vollendung er-
reicht. Ihre Beschreibung ist überflüssig, da sie Hormayr in seiner Geschichte Wien's I. Band fleissig
in Kupfer stechen liess, und dazu (Heft 2. S. 158 —167) einen neun Seiten langen Aufsatz lieferte 5).

1) Ähnliche Form in Fincke’s Meyrick, PL XCI. Fig. 2.
2) Ähnliche ebenda PI. LXXXIII, Fig. 1.
3) Liebhabern diene zur Nachriehl, dass der Ehrbacher Ritter-Saal im Odenwalde einen Harnisch des Ritters Götz bewahrt.
Kress a. a. O. Taf. XVI Fig. 2; besser abgebildet in Wagner’s Trachtenbuch I, Bl. 7. Die eiserne Hand des Ritters
Götz endlich, die Langbein in seinen Bräutigam ohne Braut zu einem Schwank benützte, ist naturgross abgebildet und
umständlich beschrieben vom Hofralhe Chr. v. Mechel: Die eiserne Hand des tapfern deutschen Ritters Götz v. Ber-
lichingen, wie selbe noch bei seiner Familie in Franken aufbewahrt wird etc. Lol. Berlin 1815 mit 3 K. f. In dieser
Monographie der Hand, deren erste Zierde des Ritters .schöngestochenes Folio-Brustbild ist, vergass Hofrath Mechel
uns zu sagen, wo denn eigentlich die Hand aufbewahrt wird; daher jedem Leser freisteht, in Franken dar-
nach zu suchen!? —
4) Eine ähnliche Teufelslarve besitzt der Helm an dem schönen Harnische des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, des
deutschen Achilles, in der k. k. Ambraser-Sammlung, eine dritte der Helm der Frau W lasta, Kammerfrau der Böh-
merherzogin Libussa, im kaiserl.Zeughause in Wien. (Siehe Leber: Wien s kaiserliches Zeughaus, 1846 S. 338—340).
Menschengesichter an Helmen findet man auch in der Ambraser Sammlung am Harnisch Wolf Dietrich’s von Embs (Köh-
ler, VII) und Friedrich’s von Montefeltre, Herzogs vonUrbino (ebenda XXIII. Sacken Ambr. Samml. 1855 1,170,189,250).
5) Hormayr verlheidigt die Echtheit der beiden Klingen mit allem Ernste. Allein ich halte sie für unterschoben, es mag
nun ihr Verfertiger einen wissenschaftlichen oder einen gemüthlichen Betrug (Ho rmayr’s Ausdruck, a. a. O. 162) be-
gangen haben. — Der Himmel bewahre uns vor beiden! — Beging vielleicht dieser berühmte Historiker —• der den Aus-
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