Bildnisse österreichischer Herzoge und Herzoginen.
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dieses Büchlein für einen Fürsten (Albrecht III.?) geschrieben sei. In dieser Nachweisung deutscher Schriften
Meister Heinrichs von Hessen scheint einige Berechtigung zu liegen, in ihm auch den Übersetzer des Rationais
zu vermuthen, um so mehr als Schriften des Friesländers Heinrich von Oyta in deutscher Sprache bis
jetzt nicht bekannt sind.
Ist die Annahme richtig, Meister Heinrich habe nach dem Wunsche des Herzogs Dur anti’s Werk ver-
deutscht, so ergäbe sich auch ganz ungezwungen eine Deutung der auf Blatt 163 a. unserer Handschrift in der
Initiale des VI. Buches vorkommenden Porträtfigur im Sarge. Die schöne Darstellung des jüngsten Gerichtes
im Arabeskenrahmen dieser Seite steht in keiner Beziehung zu dem Inhalte des Buches. Es scheint daher eine
äussere Veranlassung eingetreten zu sein, das ernste Bild, wie das Porträt, gerade an dieser Stelle anzubrin-
gen. Vor allem wollen wir versuchen den Zeitraum möglichst enge abzugränzen, in den die Anfertigung des
Bildes fiel. Die Handschrift bietet dazu folgende chronologisch sichere Haltpuncte. Die Porträte Herzog Albrechts
und seiner Gemahlin zu Anfang des IV. Buches (Blatt 57 a.) lassen deutlich erkennen, dass letzteres noch bei
Lebzeiten des Herzogs (y 29-August 1395) geschrieben und ausgemalt wurde. Buch VII. kann, wie bereits
erwähnt, nicht vor November 1403 begonnen sein, da Herzog Wilhelms Gemahlin Johanna in der Arabes-
keneinfassung (Blatt 274-b.) erscheint. Es bleiben somit für die Anfertigung des V. und VI. Buches nur die
Jahre 1395—1403. In diesen Zeitraum fällt aber auch das Ableben Meister IIeinrichs von Hessen. Er
starb zu Wien am 11. Februar 1397 nach den übereinstimmenden Notizen in den Handschriften der kaiserl.
Hofbibliothek (No. 4659- fol. 273, und No. 4718. fol. 183. Vgl. Kollar Analecta I, 129- Note). Der
Schmerz über den Verlust einer so grossen Zierde der aufblühenden Wiener Hochschule konnte leicht den
Wunsch anregen, ein Bild des Verblichenen in seinem letzten unvollendet hinterlassenen Werke zu dauernder
Erinnerung anzubringen. Es zeigt einen Mann im reiferen Alter mit ernsten, ausdrucksvollen Zügen und hell-
blondem Haar und Bart. Da Meister Heinrich bekanntlich keinem geistlichen Orden angehörte, so stimmt auch
die Kleidung, eine einfache graue Schaube mit weisser Halskrause. So hätte denn ein Pergamentblatt das Bild die-
ses für seine Zeit so bedeutenden Mannes in unversehrtem Zustand durch Jahrhunderte bewahrt, während die ihn
ehrende Gedächtnisstafel im Stephansdom zu Wien, wie so vieles andere, spurlos verschwunden ist. Dass eine
solche 1460 vorhanden war, erhellt aus den Decanatsbüchern der theologischen Facultät. (Schier’s
Abschrift derselben in einem Foliobande v. J. 1758. Lih. II. fol. 8- b.) Der bekannte Chronist Thomas Eb en-
dorfer von Haselbach sprach am 30. September 1460 von sechs tabulispietatis epitafflorum (statt pietatis
dürfte picturitatis zu lesen sein) der ersten Lehrer dieser Facultät, darunter namentlich Meister Heinrichs im
Stephansdom, und beantragte deren Wiederherstellung. Veranlassung dazu gab die Weigerung des Kirchen-
meisters, diese im Jahre 1459 bei Restaurierung des Domes abgenommenen Tafeln ohne Ausbesserung an die
frühere Stelle zu setzen. Die Facultät beschloss jedoch nur einige zu restaurieren und diess nur cum mode-
ratione expensarum (S. Feil: Neujahrsgabe 1851. S. 8.) Es steht zu vermuthen, dass die Tafeln äusser
der Inschrift auch die Bildnisse jener Gottesgelehrten (jprimitworum patrum) enthielten. Wann und auf welche
Weise diese ehrwürdigen Denkmäler ihren Untergang fanden, ist bisher nicht anzugeben.
Wer nach dem Ableben Meister Heinrichs von Hessen dessen unvollendet hinterlassene Übersetzung des
Rationais beendigte, ist unbekannt. Dass diess jedoch im Jahre 1402 bereits geschehen war, zeigt eine in
diesem Jahr von einem Hessen, Johann A1 b r a n d aus S o n t r a für Conrad den Ramperstorffer zu Wien
vollendete Abschrift des vollständigen deutschen Rationais in zwei Foliobänden auf der kaiserlichen Hofbiblio-
thek, deren schon früher Erwähnung geschah.
Wir wenden uns nun zu näherer Betrachtung der auf der Kupfertafel zusamniengestellten vier Bild-
nisse. Von Zeitgenossen mit grosser Sorgfalt gemalt, geben sie fortan den festen, historisch verbürgten
Typus für die Gestalten Albr e cht des III. von Österreich und seiner schönen Gemahlin B eatrix von Nürn-
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dieses Büchlein für einen Fürsten (Albrecht III.?) geschrieben sei. In dieser Nachweisung deutscher Schriften
Meister Heinrichs von Hessen scheint einige Berechtigung zu liegen, in ihm auch den Übersetzer des Rationais
zu vermuthen, um so mehr als Schriften des Friesländers Heinrich von Oyta in deutscher Sprache bis
jetzt nicht bekannt sind.
Ist die Annahme richtig, Meister Heinrich habe nach dem Wunsche des Herzogs Dur anti’s Werk ver-
deutscht, so ergäbe sich auch ganz ungezwungen eine Deutung der auf Blatt 163 a. unserer Handschrift in der
Initiale des VI. Buches vorkommenden Porträtfigur im Sarge. Die schöne Darstellung des jüngsten Gerichtes
im Arabeskenrahmen dieser Seite steht in keiner Beziehung zu dem Inhalte des Buches. Es scheint daher eine
äussere Veranlassung eingetreten zu sein, das ernste Bild, wie das Porträt, gerade an dieser Stelle anzubrin-
gen. Vor allem wollen wir versuchen den Zeitraum möglichst enge abzugränzen, in den die Anfertigung des
Bildes fiel. Die Handschrift bietet dazu folgende chronologisch sichere Haltpuncte. Die Porträte Herzog Albrechts
und seiner Gemahlin zu Anfang des IV. Buches (Blatt 57 a.) lassen deutlich erkennen, dass letzteres noch bei
Lebzeiten des Herzogs (y 29-August 1395) geschrieben und ausgemalt wurde. Buch VII. kann, wie bereits
erwähnt, nicht vor November 1403 begonnen sein, da Herzog Wilhelms Gemahlin Johanna in der Arabes-
keneinfassung (Blatt 274-b.) erscheint. Es bleiben somit für die Anfertigung des V. und VI. Buches nur die
Jahre 1395—1403. In diesen Zeitraum fällt aber auch das Ableben Meister IIeinrichs von Hessen. Er
starb zu Wien am 11. Februar 1397 nach den übereinstimmenden Notizen in den Handschriften der kaiserl.
Hofbibliothek (No. 4659- fol. 273, und No. 4718. fol. 183. Vgl. Kollar Analecta I, 129- Note). Der
Schmerz über den Verlust einer so grossen Zierde der aufblühenden Wiener Hochschule konnte leicht den
Wunsch anregen, ein Bild des Verblichenen in seinem letzten unvollendet hinterlassenen Werke zu dauernder
Erinnerung anzubringen. Es zeigt einen Mann im reiferen Alter mit ernsten, ausdrucksvollen Zügen und hell-
blondem Haar und Bart. Da Meister Heinrich bekanntlich keinem geistlichen Orden angehörte, so stimmt auch
die Kleidung, eine einfache graue Schaube mit weisser Halskrause. So hätte denn ein Pergamentblatt das Bild die-
ses für seine Zeit so bedeutenden Mannes in unversehrtem Zustand durch Jahrhunderte bewahrt, während die ihn
ehrende Gedächtnisstafel im Stephansdom zu Wien, wie so vieles andere, spurlos verschwunden ist. Dass eine
solche 1460 vorhanden war, erhellt aus den Decanatsbüchern der theologischen Facultät. (Schier’s
Abschrift derselben in einem Foliobande v. J. 1758. Lih. II. fol. 8- b.) Der bekannte Chronist Thomas Eb en-
dorfer von Haselbach sprach am 30. September 1460 von sechs tabulispietatis epitafflorum (statt pietatis
dürfte picturitatis zu lesen sein) der ersten Lehrer dieser Facultät, darunter namentlich Meister Heinrichs im
Stephansdom, und beantragte deren Wiederherstellung. Veranlassung dazu gab die Weigerung des Kirchen-
meisters, diese im Jahre 1459 bei Restaurierung des Domes abgenommenen Tafeln ohne Ausbesserung an die
frühere Stelle zu setzen. Die Facultät beschloss jedoch nur einige zu restaurieren und diess nur cum mode-
ratione expensarum (S. Feil: Neujahrsgabe 1851. S. 8.) Es steht zu vermuthen, dass die Tafeln äusser
der Inschrift auch die Bildnisse jener Gottesgelehrten (jprimitworum patrum) enthielten. Wann und auf welche
Weise diese ehrwürdigen Denkmäler ihren Untergang fanden, ist bisher nicht anzugeben.
Wer nach dem Ableben Meister Heinrichs von Hessen dessen unvollendet hinterlassene Übersetzung des
Rationais beendigte, ist unbekannt. Dass diess jedoch im Jahre 1402 bereits geschehen war, zeigt eine in
diesem Jahr von einem Hessen, Johann A1 b r a n d aus S o n t r a für Conrad den Ramperstorffer zu Wien
vollendete Abschrift des vollständigen deutschen Rationais in zwei Foliobänden auf der kaiserlichen Hofbiblio-
thek, deren schon früher Erwähnung geschah.
Wir wenden uns nun zu näherer Betrachtung der auf der Kupfertafel zusamniengestellten vier Bild-
nisse. Von Zeitgenossen mit grosser Sorgfalt gemalt, geben sie fortan den festen, historisch verbürgten
Typus für die Gestalten Albr e cht des III. von Österreich und seiner schönen Gemahlin B eatrix von Nürn-