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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Über einige alt- italienische Gemälde in der kaiserl. königl. Akademie der bildenden Künste in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0174

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Rudolf Eitelberger r. Edelberg,

von denen der Eine ein Rauchgefäss schwingt, der andere anbetend die Hände nach oben ausbreitet. — Die
untere Gruppe stellt die zwölf Apostel und sechs andere männliche Gestalten heim Grabe Marien s dar. Die
Architektur in jenem Theile ist ganz in dem Geschmacke jener Zeit und P. Veronese’s. Oberhalb einer weissen
Marmortreppe steht auf einer von einem weissen Geländer eingefassten Fläche der weisse Marmorsarkophag
Mariens, dessen Deckel an der Seite lehnt. Um diese reichgegliederte Architektur, die Treppe, Geländer
und den Sarkophag, bewegen sich die achtzehn männlichen Gestalten in den mannigfaltigsten Formen. Allerlei
Beiwerk, Fackeln, Kessel, ein Hund fehlt nicht, um der unteren Gruppe Masse zu geben, und dadurch die
Leichtigkeit und das Schwebende der Oberen zu vermehren. — Das Gemälde ist in diesem Momente noch
nicht restauriert und aufgestellt. Es ist aber in einem Zustande, dass es jeden Augenblick, wenn Räumlich-
keiten vorhanden wären, restauriert und aufgestellt werden könnte. Die verletzten Theile sind glücklicher-
weise nicht der Art, dass sie Köpfe oder sonst wesentliche Theile des Gemäldes berührten.
2) Die Anbetung der Hirten. Dieses Decken-Gemälde aus der Kirche dell’umiltä ist in der
Composition voll Leben und Reichthum. In einem Stalle, in dessen Mitte sich eine weisse korinthische Säule
mit Architraven befindet, umgeben von allerlei Thieren, dem Ochsen, Esel, einem Schaaf, einer Ziege
и. s. f., sehen wir im Vordergründe Maria kniend im rothen Unterkleide und blauen Mantel, voll Würde und
Ernst in ihrem Gesichte, voll Grösse in ihrer Bewegung. Sie hält das Christuskind auf ihren Händen, ein
blondes Kindchen im weissen Hemde. Anbetend kommen die Hirten und beugen sich oder schauen auf-
merksam nach dem Orte, an dem sich der König der Könige befindet. Es sind sieben Hirten, ihrer Gestalt
nach etwas über Lebensgrösse, einer bringt opfernd ein Lamm, ein zweiter ist auf das Gebälke gestiegen und
sieht von da auf den Heiland herab. Kleine geflügelte Engelköpfchen fliegen oberhalb Maria, und von oben
herab eine nackte Engclsgestalt, die das Gloria in excelsis auf einer Rolle trägt. Am unteren Rande ragt eine
Ziege mit ihrem Kopfe herein, um einige Früchte zu erhaschen. Das Gemälde ist in gutem Zustande, treff-
lich restauriert 5 eines von jenen, wo Paul Veronese in voller Kraft aufgetreten ist. Es ist an 141/2/ breit
und an KP/ä' hoch.
3) Maria Verkündigung. In diesem Gemälde ist die Architektur vorherrschend. An beiden
Seiten befinden sich gewundene weisse Säulen mit Pflanzenornamenten bedeckt. Zwischen diesen Säulen ist
durch reiche mit Basreliefs ausgefüllte architektonische Glieder das Mittelbild, gewissermassen zwei Felder,
abgetheilt; in dem oberen schwebt, umgeben von kleineren Engeln, der Erzengel Gabriel, geflügelt und
bekleidet, die Lilie in der Hand Marien die Bothschaft verkündigend5 in dem unteren kniet Maria, den
Blick nach aufwärts gewendet, die Hände ausbreitend, wie zum Empfange der Bothschaft, in rothem Unter-
kleide und blauem Mantel. Der Ausdruck in dem Kopfe ist voll Leben und Majestät, die Bewegung einfach
motiviert, grossartig und voll Noblesse. Dieses Gemälde, wie das No. 2, 4 und 5, durch den Gustos der
к. Gallerie am Belvedere, Herrn Engert, trefflich restauriert, lässt wie das Vorhergehende die Pracht der
Farbe, und die Einfachheit, Freiheit und Leichtigkeit des Vortrags vollkommen erkennen. Es ist an 10 ^2'
hoch und an 141/2/ breit.
4) Ein anderes Gemälde stellt den heiligen Franciscus von Assisi in Verzückung dar. Die
Gestalt des stigmatisierten Heiligen, einfach und grossartig in der Bewegung, macht dieses Gemälde an und
für sich zu einem sehr interessanten. Der Reiz dieses Bildes wird aber wesentlich erhöht durch die Land-
schaft, die einfach im grossen Style angegeben ist. Zur rechten und linken Hand des Heiligen sind Felsen und
Baumgruppen, unter einem derselben sitzt im Schatten, versunken in die Lectürc eines Buches, ein Francis-
canermönch, nichts ahnend von dem Wunder, das an dem Heiligen vorgeht. Diese Episode ist an und für
sich reizend, ist es aber besonders durch die technische Behandlung der im Dunkel des Schaltens sitzenden
 
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