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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0220

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170

F. 0. von Leber,

len Eingang zwischen zwei kleinen thurmartigen Vorsprüngen der Wand l), welcher ,ein grosses und ein
kleines Thor neben einander, jedes mit entsprechender Zugbrücke enthält, — ebenfalls eine Einrichtung neue-
rer Zeit. In dem nicht sehr geräumigen ersten Burghof erblickt man die Reste alter Stallungen, und
an der Nordostseite der Burg einen ganzen Flügel der Baute muthwillig niedergerissen, wobei der mitleidige
Blick auf eine wohlerhaltene Steinschnecke (Wendeltreppe) fällt. Wir haben unsere zärtliche Dankbarkeit für
dieses Combabisieren der Ruinen schon oben ausgesprochen, und haben Ursache es hier zu wiederholen 2). —
Die Aufschrift ober dem zweiten Thor verdient Betrachtung; sie lautet 3).
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Wir ersehen daraus, dass um 1604 Wolf Matthäus von Königsberg4) die Burgbaute erneuern liess,
dass daher viele Bauverzierungen, selbst einzelne Gebäudetheile des Schlosses, in den Anfang des XVII. Jahr-
hunderts zu setzen sind.
Das eisenbeschlagene Thor im Rücken lassend, durchwandelt man, was nicht jeder bemerken dürfte, einen
geräumigen gänzlich durch Felsen gehauenen Thor weg, der zum zweiten Burghofe führt. Die
einfachste Erklärung dieser herkulischen Arbeit scheint die. dass die Erbauer des ältesten Schlosses Sebenstein
auf diesem Raume, dessen noch wohl erhaltene Ruine an der östlichen Wand des Felsenweges sich erhebt,

1) Nicht Thürme, wie Schmidt a. a. O. angibt. Überhaupt scheint aus seiner Beschreibung Sebenstein’s hervorzugehen,
dass er bei seinem Besuche der Burg zum mindesten sehr zerstreut gewesen sei. da er ein Viereck als Rundung, eine
Mauerkröpfung als Thurm betrachten konnte u. s. w. L.
Leider aber hat sich der sonst so ängstlich genaue Leber selbst hier ein kleines Versehen zu Schulden kommen
lassen, denn nicht zwei, sondern zur rechten nur ein thurmartiger Vorsprung zeigt sich nächst dem Schlosseingang. F.
2) Hier muss der Gerechtigkeit zur Steuer bemerkt werden. dass dieser Gebäudetheil nicht erst etwa dem Jahre 1824 zum
Opfer fiel, sondern schon zu Steigerns Zeiten durch die eigene Schadhaftigkeit dieses Bauwerkes zum Theil geborsten
war, und sofort theilweise abgebrochen werden musste. Um das Jahr 1820 machte Wetzelsberg bereits das Project,
wie dieser Tract neu bergestellt werden könnte. Die Herstellung unterblieb aber seither, vorerst vielleicht der grösseren
Kosten wegen, dann aber, weil derlei Abbrechungen durch den Drang der Zeit, gleichgesinnter Absicht willkommen
vorgearbeitet hatten. F.
3) Ich habe hier insbesondere die bereits oben S. 153 gegebene Versicherung zu wiederholen, dass ich sämmtliche, im
Verlaufe dieses Aufsatzes auch von Leber angeführten Inschriften, vor dem Abdrucke an Ort und Stelle selbst revi-
diert habe, und daher die Bürgschaft für deren buchstäbliche Richtigkeit übernehme.
Die obige Inschrift mit ihrer, der sprachlichen Blasiertheit des siebzehnten Jahrhunderts ebenmässigen Scrupellosig-
keit in der Abtheilung der Wörter löset sich in folgende Reime auf:
Nichts ist, dem man nicht kann Tadel geben
Dagegen nur allein schön, was einem ist eben*)
Darum liess wieder erneuern aus (ausbessern)
Das vielbundertjährige Haus
Herr Wolf Matthäus, der gut
Von uraltem Königsberger Blut
Zu einem Gedächtniss fürwahr
Sebenstein im 1604ten Jahr. F.
*) aber = dagegen, s. Grimm WB. I, 30, 2); — eben — bequem, gelegen, recht, s. Schmetter WB. I, Jl, ♦).
4) Geboren 1582, als der letzte Mannessprosse seines Geschlechts ohne eheliche Erben j 1653; Sohn des Wolfgang von
Königsberg, ddo. Prag 16. April 1589 mit dem Titel: Freiherr zu Sebenstein und Fernstem. in den Herrenstand erhoben.
(Wissgrill: Schauplatz des n. ö. Adels, N, 232—234.) F.
 
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