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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0223

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Burgenbeschreibungen.

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diesem Gebäude eine der wohlerhaltensten Ritterbauten grauer Vorzeit, und die Nähe des räumlichen beque-
men (Seebeck-) Königsberger Baues bietet auch dem heutigen Bewohner gutes Gemach L).
Es bedarf kaum der Erwähnung, dass der gewaltige Wartthurm nicht von jenen Rittern gebaut
worden sei, deren geringe Geldkräfte das winzige Alt-Sebenstein zu Stande brachten. Er scheint vielmehr
von jenen mächtigen Bauherren in jüngerer Zeit aufgethürmt, die den neueren grossen Burg bau ins
Leben riefen 1 2). und hiernach mochte der älteste Bau später nur als Warthaus mehr gedient haben.
Den Burghof schliesst die starke nördliche Ringmauer gegen die felsigen Abhänge der Thalseite ab. In
ihr ist N. N. östlich der Eingang zu jenem heimlichen unterirdischen Gange gelegen, der einst bis in den
Maierhof hinab führte. Da seine Gewölbe, reiner Ziegelbau. den Einsturz drohten, und man kostspielige Re-
paraturen scheute, so wurde er in geringer Tiefe vermauert.
Gegen Osten liegt die gedeckte, breite, steinerne Aufgangstreppe zur neueren Schlossbaute. —
Noch lebt im Munde der Thalbewohner die Sage, dass zwei Brüder diesen geräumigen Bau im Viereck aus-
führten, der noch jetzt vier und zwanzig bewohnbare Gemächer enthält, und dass, früherer Überein-
kunft gemäss, jeder Bruder mit seinem Hausstände eine andere Hälfte bewohnte. — Ersichtlich wird un-
läugbar eine doppelte Bauperiode, die ältere des südlichen, und die jüngere des nordöstlichen Theils 3).
Die bedeckte Stiege mit 26 Stufen führt zu einem Vorraume, dessen luftige Fensterleins eine über-
raschende Aussicht bieten. Auf der Decke der Stiege, und auf jener des nächsten Ganges ist ein grösserer
Seefisch aufgehangen, im Nachhalle anspielend auf die in ältesten Zeiten beliebt gewordene Sitte, unter der
Einfahrt, in den Thorhäusern u. dgl. jene Seltenheiten aufzuhängen, welche die aus den Kreuzzügen rück-
kehrenden Herren, als Andenken aus fernen Landen heimbrachten, z. B. Wallfischrippen, Seethiere. sel-
tene Waffen , Riesenknochen und dergleichen.
Der erwähnte in den obersten Hof leitende Gang, mit Steinbänken an der Seite versehen die Pilger-
ruhe genannt, bezeichnet den Ort milder Spenden, gastlicher Aufnahme der Bothen, der Bittsteller aller
Art. Gerne malt sich hier die Phantasie das Bild der erquickten Nothleidenden, und der stattlichen Burg-
frau im Kreise blühender Sprossen aus, letztere mit zarten Händchen Brot austheilend, erstere Rath und Al-
mosen, Heilmittel und Trost 4).
In den Hof getreten, gewahrt man indessen Mitte die neun Klafter tiefe Ci st er ne mit steinernem
Hals von zierlichem Eisengitter mit Blechdachung und Wellenrad für den Zugeimer (Arbeit des XVII Jahr-
hunderts) überwölbt, in deren Tiefe das Wasser von den Dachrinnen aus den vier Ecken des Hofes durch
steinerne Rinnsale zusammenschiesst.
Die Merkwürdigkeiten der einzelnen Gemächer sind folgende:
Im Erdgeschoss der Knappensaal. Der Fussboden alter Flöz, Inhalt: Rüstungen mit Vertheidi-
gunsgwaffen, darunter bemerkenswerth: 10 ungarische Tartschen, darunter 8 für Reiter, und 2 bedeutend
grössere für Fusskrieger 5), alle bemalt.

1) Auf der diesem Aufsatze beigefügten perspectivischen Ansicht des Schlosses Sebenstein von Wetzelsberg liegt dieser
älteste Bau, wie bemerkt, in seiner ganzen Ausdehnung im Vorgrunde der Mine des Bildes deutlich vor Augen. F.
2) Nämlich von den Sebensteinern im XIII. Jahrhundert. L. — Vielleicht eher dem XIV. Jahrh. entstammend? F.
3) Eben diese ungleichzeitige Herstellung spricht gegen die Sage vom Aufbau beider Theilc des Gebäudes durch (gleich-
zeitig lebende) Brüder. Die Sage hat übrigens gar nichts absonderliches an sich, wenn ein einmüthiges, und nicht feind-
seliges Verhältniss zwischen beiden Brüdern angenommen wird. F.
4) Die Schwingen der Phantasie abstreifend, mag der nüchterne Blick hierbei vielleicht öfter auch bloss eine Küchenmagd
oder einen Dienstknecht thätig erblicken? — F.
p) Ähnliche in Finke’s Meyrik, PI. I. XIV, 4, 5. Die alten Malereien der Sebensteiner Tartschen wären des Copie-
rens werth; die beiden grösseren sind durch einen soi-disant - Maler unserer Zeit überschmiert. L.
 
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