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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0238
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188

Joseph Feil

An derselben Wand, leider in minder günstigem Lichte — Zeichen der Unterschätzung desWerthes dieses
Bildes — befindet sich die 3' 1" 3"' hohe, 27l/i" breite, also in der Grösse des Originals ausgeführte
Copie eines der schönsten, und, was den Gegenstand der Darstellung anbelangt, anziehendsten Bilder Albrecht
Dürers v. J. 1518,. nämlich das Sterben Marien s von Burgund fgeb. 1457; vermählt mit K.
Max I. 1477, 4* 27. März 1482) als Tod der h. Maria symbolisiert und somit ein Andachtsbild 5 für uns
nun um so wichtiger, als das herrliche Original nun seit dreissig Jahren aus der Residenzstadt Wien —
über den Ocean gewandert ist l).
Die Wichtigkeit des vielfach anziehenden Gegenstandes, und der Umstand, dass diese Copie nun als Er-
satz für ein uns Österreichern leider verlornes Gut zu dienen hat, dürfte eine umständlichere Besprechung
dieses schönen Bildes rechtfertigen 2).

1) Von dem kunstsinnigen Grafen Jos. Job. Fries (geb. 7. Sept. 1765, leider schon in seinem 23. Jahre. 6. April 1788
verstorben) angekauft, in die von ihm mit Feuereifer angelegte und von seinem eben so kunstfreundlichen Bruder
Moriz (geb. 6. Mai 1777, t 1825) mit reichen Mitteln zu einer wahren Zierde der Residenzstadt erweiterte herrliche
Kunstsammlung, welche 1824 zu Wien, Amsterdam und London veräussert, also weithin zersplittert wurde. Namentlich
das hier in Rede stehende Dürer’sche Bild, dessen Gegenstand der Darstellung, absehend von dem hohen Kunstwerthe,
für jeden warm fühlenden Österreicher vom höchsten Interesse ist, und auf das erhabene Kaiserhaus so nahen Bezug
nimmt, konnte man nur bei der damals herrschenden Gleichgiltigkeit für Kunstwerke solcher Art — unbekümmert um
denEntgang einer so kostbaren Reliquie— ohne Gemüthsbewegung nach— England verkaufen lassen! — Die umständ-
lichste Übersicht der nun leider nach allen Zonen zersplitterten gräflich Fries’schen Gemälde - Sammlung , damals in
dem schönen Palais am Josephsplatze nächst der Kaiserburg aufgestellt, lieferte ein, bisher noch nie nach Verdienst
gewürdigtes, durch Sachkennlniss, seltenen Sammelfleiss, und — was in derartigen Beschreibungen, zumal der neuesten
Zeit, am meisten vermisst wird — durchgängige Selbstanschauung ausgezeichnetes Werkchen : Merkwürdigkeiten der Haupt-
und Residenzstadt Wien und ihrer nächsten Umgebung. Wien 1822—1823, II Theile, von Franz Heinrich Böckh *).
I, 301—304. — Johann Pezzl’s (geb. 1756 zu Mollersdorf in Baiern, f zu Ober-Döbling nächst Wien 9. Juni 1823
als k. k. Rath und Subdirector der k. k. geheimen Cabinets-Canzlei, d. i. Chiffer-Cabinet in der k. k. Stallburg) noch 1823
erschienene sechste Ausgabe seiner fleissigen Beschreibung von Wien, bemerkte bereits damals S. 306, dass einem
Gerüchte zu Folge die gräflich F r i e s'schen Sammlungen veräussert werden und — zum grossen Verluste der Resi-
denzstadt — ins Ausland kommen sollen. Die von Fr. Ziska (später Tschischka) besorgte siebente Ausgabe von
Pezzl’s Werke, 1826, erwähnt der Fries’schen Sammlungen nicht mehr unter den Merkwürdigkeiten Wien’s. Gleich-
wohl führen die im Auslande noch später erschienenen Werke, namentlich auch Nagler’s Künstler-Lexicon, III (1836)
512, das Conversations - Lexicon für bildende Kunst, III (1846), 192, Kugler und Bnrckhardt’s Geschichte der
Malerei, II (1847), 228 u. s. w. das hier in Rede stehende Bild Dürer’s irrig noch als in der Sammlung des Grafen
Fries zu Wien befindlich an.
2) Die erste genauere Beschreibung desselben, und bisher die Grundlage aller späteren Andeutungen hierüber lieferte
Christian v. Mechel (1737 zu Basel geb., 1778 — 1783 und 1788 in Wien, f zu Berlin 1817, Verfasser des ersten
brauchbaren Katalogs der Wiener k. k. Gemälde-Gallerie, Basel 1784) unter dem Titel: Beschreibung eines der merk-
würdigsten Gemälde von Albrecht Dürer vom Jahr 1518; welches unter der Vorstellung der sterbenden Mutter
Gottes eine Menge interessanter Porträte, nämlich Kaiser Maximilian I. seine Gemahlin Maria von Burgund, und
seinen Sohn Philipp I, König von Spanien, nebst mehreren ihnen zugethanen Personen, unter dem Bilde der Aposteln
dargestellet, in J. G. Meusel’s Museum für Künstler und für die Kunstliebhaber, 6. Stück (Manheim 1788), S. 24- 34.
Füessli’s Allg. Bücherlexicon, I (1779), 212, und II, a (1806) 305—308, erwähnt unter den Werken Dürer’s dieses
Bildes nirgends. Mechel’s Angaben folgte die Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften (Leipzig 1765 — 1806, 72)
44. B., S. 235; Roth: Leben A. Dürer’s, Lpzg. 1791, S. 98; Weise: A. Dürer und sein Zeitalter, Lpzg. 1819,
S. 98 u. s. w. Auch Heller in seinem Leben und Wirken A. Dürer’s (Bamberg u. Lpzg. 1827—1831, zweiter —

*) Geboren zu Klagenfurt 4. April 1787, war er durch Nahrungssorgen gedrängt, seine in Wien am Schotten-Gymnasium mit Liebe und,
Erfolg aufgenommenen Studien früher als er es wünschte aufzugeben, um in der Strauss’schen Buchdruckerei als Lehrling ein-
zutreten, wo er sich später zum Gorrector und Factor emporbrachte, und zuletzt zum Geschäftsführer der Buchdrucker-Witwe
Hirschfeld, ohne je des Glückes Gunst wirksamer genossen zu haben. Nebst der eben erwähnten musterhaften, leider bis
jetzt unübertroffenen Schilderung der Bücher-, Kunst- und Naturschätze Wien’s, enthält Hormayr’s Archiv in einer Reihe
von Jahrgängen schätzbare Aufsätze aus seiner fleissigen Feder; namentlich die stehende Rubrik: Wanderung durch die Ateliers
der hiesigen (Wiener) Künstler, wurde fasst ausschliesslich und mit werthvollen Beiträgen von ihm vertreten. Er war auch
der Gründer des seit 1825 erschienenen und, so lange er ihn herausgab, sehr verdienstlichen Geschichts - und Erinnerungs-
Kalenders.
 
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