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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0239

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über Sebenstein.

189

In der Mitte eines einfach ausgeschmückten grösseren Zimmers liegt die Sterbende auf einem vom
hohen Kopfbrette überragten Bette; unter einer rings herabwallenden blauen Decke. Das von einem weissen
Schleier umflossene gesenkte Haupt, welches sogleich die schönen und edlen Züge Mariens von Bur-
gund r) erkennen lässt, trägt zugleich das Gepräge andachtsvoller Ergebung. Wenn wir uns erinnern,
dass die treffliche Herzogin ohne vorangegangencs Siechthum durch einen unglücklichen Sturz von ih-
rem scheu gewordenen Ross auf der Jagd im raschen Verlauf dem Tode verfiel, so darf es nicht be-
fremden, dass die blassen Züge der Sterbenden, wenn auch mit brechenden Augen, doch ausserdem
noch allenthalben Lebensfülle zeigen. Sie empfängt die dreifach gewundene und in drei Flammen bren-
nende Wachskerze Q,lux ex leiiebris") aus den Händen eines, in rothes Unterkleid und rothbraunen
Mantel mit grossem Pelzumschlag gekleideten sanftmüthigen Jünglings, welcher, den heil. Johannes dar-
stellend, die Züge von Mariens damals noch nicht ganz vierjährigem Sohne Philipp, nachmaligem König
von Castilien, zubenannt der Schöne, (geb. 21. Juni 1478 y 25. Sept. 1506) zeigt* 1 2).
Hinter diesem bereitet ein zweiter Jüngling im blauen Chorrock und gelben Mantel, etwa anspielend auf
ihren zweiten Sohn Franz, (geb. 2. Sept, y 23. Decemb. 1481) das Weihrauchfass. Meist kniend und be-
tend sind auch die übrigen Apostel (ohne Zweifel ebenfalls Porträte von Zeitgenossen) um das Bett versam-
melt, durchaus in einer dem Ernste des Augenblicks entsprechenden Stellung. Im Vorgrunde kniet in weis-
sem Chorgewand ein Priester, dessen Kopf auf dem Orginale der des Wiener Bischofs Georg v. Slatkonia 3),

einziger — Band in 3 Ablh.), lieferte S. 261—262 eine wohl gute, aber durchaus nur auf Mechel fassende, umständ-
lichere Besprechung dieses Bildes, welchen letzteren hinwieder das (seit 1843 leider in allzu grossen Unterbrechungen,
neuestens aber gar nur in spärlichen Tropfen erscheinende, seit 12 Jahren bis jetzt erst zum Buchstaben H vor-
gerückte) Romberg und Faber’sche Conversations - Lexicon für bildende Kunst, III (1846) 192 gefolgt ist. L. von
Rettberg’s Nürnberg’ s Kunstleben, Stuttgart 1854, das Dürer’n und seinen Werken (S. 106—136) dreissig Seiten
widmete, erwähnt unseres Bildes v. J. 1518 nirgends. — Das Dürer’sche Original, von welchem Mechel sagte, dass
es als Werk der Kunst, wegen der Schönheit der Farbe, Kraft des Effekts, edlerer und angenehmerer Zeichnung
und minderer Härte und Trockenheit unter Dürer’s beste Werke gehört, wozu noch der grosse unschätzbare Vortheil
zu setzen , dass wenige derselben so gut auf uns gekommen, wie dieses, ivelches auch der Unwissende nicht ohne
Vergnügen und Reiz ansehen kann, — ist 3 Schuh l'/i Zoll hoch, 2 Sch. 4 Z. breit, zählt 16 Haupt- und ebensoviele
Nebenfiguren, die vorderen bei 18 Z. hoch. Unter Dürer’s Holzschnitten stimmt der Tod der heil, Maria von 1510
(Bartsch: Peintre graveur, n. 93, Heller a. a. O., S. 652, n. 1787) in der Gruppierung der Hauptfiguren um die
Sterbende damit so ziemlich überein, und wurde der in dieser Composilion ausgedrückte Hauptgedanke in dem unserem Bilde
zu Grunde liegenden Originale nur in symbolischer Anwendung auf den Tod Marien’s von Burgund weiter und schöner
ausgeführt, und zwar — wie Mechel aus guten Gründen annimmt — nach K. Max I. Angaben, für den berühmten
Wiener Bischof (1513—1522) und Musikgrafen Georg v. Slatkonia (geb. zu Laibach 27. März 1456, 26. April
1522 zu Wien; vergl. über ihn Ogesser: Beschreibung der St. Stephanskirche in Wien, S. 209—214) gemalt.
1) Vergl. zunächst das Porträt dieser Fürstin auf dem, über Befehl Kaiser Max I. angeferligten grossen Stammbaume des
Hauses Habsburg in der k. k. Ambraser - Sammlung zu Wien; in der durch Primisser veranlassten Herausgabe dieses
Stammbaumes mit historischen und Kunst-Nachrichten (Wien 1822, Eleph. F., 14 Bl. Text, 56 Bilder-Tafeln), Tafel 50;
dann jenes von der Hand eines unbekannten deutschen (niederländischen?) Künstlers in der Ambraser - Sammlung zu
Wien, durch IIyr 11 auf Stahl gestochen dem VIII. Bande von des Fürsten Lichnowsky: Geschichte des Hauses
Habsburg beigegeben.
2) Dessen Bildniss , als er 19 Jahre alt war, auf dem Ambraser Stammbaum; bei Primisser a. a. O., Tafel 52. Er ist
hier zugleich mit seiner Gemahlin Johanna (vermählt 21. Oct. 1496) abgebildet. In der Unterschrift bei diesem Bilde
heisst es, dass er von seiner Gemahlin Erben erwarte. Also war damals seine älteste Tochter Eleonore (geb. 24. Nov.
1498) noch nicht zur Welt gekommen, und somit fällt die Anfertigung dieses Bildes Philipp’s ohne Zweifel in das Jahr
1497, wo er eben 19 Lebensjahre zählte.
3) Sein lebensgrosses Abbild in ganzer Gestalt mit Infel und Stab befindet sich auf dessen Grabmonumenl im St. Stephans-
münster zu Wien im linken Seitenschiff, neben dem St. Antonsaltar. — Slatkonia und neben ihm der Hofdichter
J. Stabius in einem Prachtwagen sitzend, ist auch abgebildet auf Hans Burgkmair’s grossem Triumph K. Max I.
Cs. Mechel a. a. O. 30. Bartsch: Peintre - Graveur, n. 81. Bartsch jun.: Kupferstich - Sammlung der k. k. Hof-
bibliothek in Wien, 1854. S. 287, n. 2565.)
 
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