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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0255

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über Sebenstein.

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Höchsten zu erflehen: —und ihr Flehen wurde erhört. —Schloss wie Dorf Sebenstein blieb, ungeachtet oftmal
wiederholter Anfälle der Türken und Tartaren, glücklich verschont. Darum verlobten sich die Sebensteiner auch,
alljährlich in einer feierlichen Procession nach der Schlosscapelle zu wallen, um vor demselben Marienbilde,
dem sie die Erhörung ihrer in äusserster Gefahr vorgebrachten Bitten zuschrieben, auch die Pflicht des innig-
sten Dankes für ihre glückliche Rettung zu erfüllen. Diese Procession wurde auch nach der Zeit noch abgehal-
ten, als der letzte Besitzer der Herrschaft Sebenstein, der noch das Bergschloss bewohnt hatte, Johann Ferdinand
Graf von Pergen, das von ihm (1732) neu erbaute sogenannte Hof haus im Thale (im heutigen Parke) statt
des von ihm verlassenen Bergschlosses bezogen hatte.
Ob übrigens im J. 1683 ungeachtet der Rettung der Dorfbewohner nicht wenigstens die Pfarrkirche im
Dorfe ein Raub der Flammen wurde, ist zwar in der ämllich beschworenen Aussage des 1684 gebornen
Michael Steyrer (1701—1703 Schloss Wächters, später Amts- und Dorfrichters zu Sebenstein) über jene
Vorgänge nicht ausdrücklich erwähnt , seine in der Amtskanzlei Sebenstein am 4. März 1747 gemachte Aus-
sage jedoch derart formuliert, dass diese Annahme nicht völlig ausgeschlossen erscheint; denn Michael Steyrer
führt in seiner Zeugenschaft selbst an, dass zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts, wo er auf dem Schlosse diente, in
der Pfarrkirche zu Sebenstein kein Gottesdienst abgehalten, dafür aber in der Schlosscapelle jeden Sonn- und Feier-
tag ohne Ausnahme durch einen P. Minoriten von Neunkirchen eine heilige Messe gelesen wurde, welcher nicht
nur die Herrschaft und ihre Dienerschaft, Verwalter und Schlossleute, sondern auch die Bewohner des Dorfes
Sebenstein und der paar Hütten im Sollgraben beiwohnten, und wozu den Thalbewohnern durch jene Glocke
das Zeichen vom Schlosse herab gegeben wurde, welche später auf das (nun nicht mehr vorhandene) Thürm-
chen des neuen Hofhauses im Thale gebracht worden war J). Es ist also gewiss, dass bald nach dem Jahre 1683
die Dorfkirche nicht mehr zur Abhaltung des Gottesdienstes verwendet war, und zwar so lange, bis der
erwähnte gräfliche Besitzer Sebenstein’s, der sich 1732 im Thale ansiedelte, im J. 1733 diese Kirche wieder zum
Gottesdienst geeignet herstellen liess. Andererseits ist bekannt, dass Kirche und Pfarrhof — die Zeit wann es geschah,
aber ungewiss — ein Raub der Flammen wurden, wovon noch jetzt Spuren wahrnehmbar sind. Da nun,
wie erwähnt, noch von Kaiser Leopold I. unterm 19-Mai 1657 das Patronaisrecht der Pfarre dem damaligen
Käufer der Herrschaft Karl P ei gen verliehen wurde, nachdem eben erst ein Jahr zuvor durch ihn eine
Erneuerung des Kirchengebäudes vorgenommen worden w ar (denn das Pergen’sche Wappen mit der Jahres-
zahl 1656 am innerenBogenschlusse des Presbyteriums war noch bis zum J. 1850 vorhanden), dagegen aber
erwiesen ist, dass mit Beginn des XVII. Jahrhunderts in der Pfarrkirche nicht mehr der Gottesdienst abge-
halten wurde, so wird es wahrscheinlich, dass auch diese Dorfkirche 1683 durch den Erbfeind des Christen-
thums in Brand gesteckt wurde.
Seit jener Zeit hörte die Pfarre Sebenstein auf5 die zur einstigen Pfarre gehörigen Grundstücke, noch
jetzt Pfarrhof-Äcker genannt, übernahm der Patron und bezahlte dem (1631 gestifteten) Minoritenkloster
zu Neunkirchen jährlich 150 fl., damit die Seelsorge in Sebenstein durch Conventualen dieses Klosters ver-
sehen werde 1 2).

1) Juramentirtes Attestatum die Schlosscapelle zu Sebenstein betreffend. Aussag des Michael Steyrer zu Walpersbach.
AmtscanzUey Sebenstein den 4. März 1747; mitgetheilt durch Scheiger in Flormayr’s Archiv. 1828, S. 306—307.
Das Vertrauen der Sebensteiner Dorfbewohner zu dem — leider verschwundenen — Marienbilde in der Schlosscapelle war
so lief gegründet, dass die Gemeinde in allen wichtigeren Angelegenheiten, insbesondere wenn es einen befruchtenden
Regen zu erbitten galt, sich in Procession dahin verfügte, und jeder Zeit durch die Fürbitte Mariens die Wirkungen der
göttlichen Gnade verspürte, ja Hans Prandtstätter sprach sein Vertrauen so zuversichtlich aus, dass er sagte: Ich
glaube wenn wir nur unser 3 in diese Capellen kürchfartten gängeten, so wollten wir erhalten, was wir bitten f
indeme wir noch allzeit so schleunig erhört worden.
2) Nach gütigen schriftlichen Mittheilungen des Hochwr. H. Localcaplans Wegricht.
 
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