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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0261
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über Sebenstein.

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eine um eine Stufe erhöhte Fortsetzung des Mittelschiffes, hat nach Osten einen Chorabschluss im halben Acht-
eck. Das Kirchendach bildet einen sehr hohen Sattel, auf dessen Giebelmauer an der dem Therme entjze-
gengesetzten Seite ein Steinkreuz aufsitzt. Das zum grossen Theile seiner ursprünglichen Anlage gemäss
erneuerte Kirchengebäude gewährt im Innern und von Aussen einen freundlichen Anblick; nur wird der
gute Gesammteindruck einerseits durch die missglückte Umstaltung des Thurmes, und dadurch gestört, dass
die Halle am südlichen Seiteneingange nicht in dem, mit dem Hauptgebäude harmonierenden gothischen, son-
dern in dem, an sich wohl keineswegs unschönen, hier aber völlig fremdartigen schottischen, sogenannten
Tudor-Styl ausgeführt worden ist. Übrigens ist die Kirche vom alten Friedhof und dieser mit einer Mauer
umgeben, an der ein spitzbogiges Eingangsthor mit dem Standbilde des h. Andreas in einer Nische, durch
ein neues zierlich gegliedertes Eisengitter mit einem Kreuz im obersten Mittelfelde geschlossen wird.
Was die innere Einrichtung betrifft, so zieht vor allem der Hauptaltar, das bisher gelungenste Werk
des strebsamen Angel er, zunächst die Aufmerksamkeit auf sich. Er ist ein zu schliessender Flügel- und Bilder-
altar, ringsum mit zierlichem Schnitzwerk ausgeschmückt. Das Haupt- oder Mittelstück nimmt mit zwei neben-
stehenden Statueten die ganze Breite ein. Jeder der beiden Flügel enthält zwei schmälere Bildertafeln, welche
aber, wenn geschlossen, von aussen völlig schmucklos sind. Der Tabernakel, schwarz, zeigt den gekreu-
zigten Heiland. In gleicher Höhe mit jenem sind zwei Seitenwände mit Rehen und Ranken in halberhobener
Arbeit aus Holz geschnitzt, anspielend auf die Worte des Heilands: Ich bin der Weinstock. Die aufge-
schlagenen Tafeln des Aufsatzkastens sind mit zierlicher Einrahmung in den Kern des Altarschmuckes gestellt,
dessen schlanke Glieder aus Eichenholz geschnitzt mit Goldleisten in reicher Fülle thürmchenartig mit
zierlichem Bogen - und Fialenschmuck , im Mittelstücke pyramidal emporsteigen, worauf ein Crucifix
bis zur Höhe des Raumes sich erhebt, und in den durchbrochenen Bergungen auf kleinen Postamenten
Heiligenstatuetchen stehen, nämlich Abbilder der Heiligen , welche die Namens - Patrone der Familie des
regierenden Fürsten Liechtenstein sind, als: Alois, Franz de Paula, Maria, Carl Borr., Sophie, Johann
Bapt., Ida, Franz Xav., Heinrich Kais., Anna und Theresia. Während der Entwurf und die Ausführung der
ganzen ornamentalen Gruppierungin ihrer reichen Fülle, wie erwähnt, ein gelungenes Werk Ange ler’s
ist, und zwar die grösste von ihm bisher ausgeführte Arbeit, wurden die Bilder von dem, der Düsseldorfer
Schule angehörigen, seit seinem Aufenthalte in Rom aber mehr vom Einflüsse älterer italienischer Kunst
durchdrungenen, tüchtigen Historienmaler Friedrich (nicht Franz) Ittenbach (nicht Ittenstedt wie es
irgendwo aus Versehen heissf) aus Königswinter in Rheinpreussen , im Auftrage und auf Kosten der Fürstin
Liechtenstein gemalt. Die unläugbaren Vorzüge dieses mit Recht gerühmten Künstlers, nämlich die auf ernstes
Princip gegründete Farbenharmonie und sichere Technik, eine gewisse Grazie und Nettigkeit der Ausführung,
sind auch in diesen Bildern ausgeprägt, und der Eindruck ist ein sehr wohlthuender, wenn gleich auch
die Schwächen des Künstlers, der Anflug einer gewissen weltlichen Süsslichkeit, nicht völlig vermieden
sind. Die Bilder sind ohne Frage sehr schön, weit schöner als man deren in Dorfkirchen zu finden
vermuthen sollte^ doch ist der Eindruck, den sie auf den Beschauer machen, vielleicht mehr jener der
erhebenden Anmuth, als der einer eingreifenden Erhebung. Das grössere Mittelbild am unteren Rande mit
dem Künstlernamen F. Ittenbach, gern. 1851 versehen, zeigt den Apostel und Märtyrer Andreas,
Patron dieser Kirche. Den Ölzweig in der Hand sitzt er in einem rolhbraunen Mantel mit aufwärts
gerichtetem Blick : das Haupt ist kahl, der Bart weiss, das Fleisch aber zu füllig, und eine zu lebendige Fär-
bung gibt dem Antlitz einen offenbar allzu weltlichen Ausdruck. An der Rückwand sind die oberen
Balkenzeichnungen des sogenannten Andreaskreuzes sichtbar.
Die schmäleren Nebenbilder, unterhalb auf Streifen mit Goldlettern die Namen der dargestellten Heiligen
zeigend, enthalten auf der Evangelienseite: Die demüthige wohlthätige h. Francisca Romana (Unterschrift:
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