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Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

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Archeologische Beschreibung einiger Ritterburgen und Schlossruinen im Kreise unter dem Wienerwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0263

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über Sebenstein.

211

Kirch e, oder aus dem Umstande, dass hier die dargestelltenPersönlichkeiten ausdrücklich mit ihren Namen be-
zeichnet sind, eben auf die Stifter oder Patrone dieser Kirche nothwendig gefolgert werden darf.
Die Tafel dem Beschauenden zur Rechten zeigt auf Purpurgrunde die Gestalt eines knieenden Ritters mit
blossem Haupte; die Hände zum Gebeth emporgehoben: er trägt ein einfaches; an den Armen knapp an-
schliessendes lichtgelbes Unterkleid, darüber einen oben mit weissem Pelz ausgeschlagenen smaragdgrünen Mantel.
Ein herab wallender Schriftstreifen enthält mit weissen Lettern auf schwarzem Grunde folgende Inschrift:
HER • RVDOLF • OT • UON • LICHDENSTAIN • (S. die Abbildungen auf der Tafel zu S. 208.)
Oberhalb dem Haupte mit breitherabwallenden; auf der Stirne ziemlich geradlinig abgestutzten Haaren
zeigte sich früher das alte Wappen der steiermärkischen Lichtensteine zu Murau, zwei schwarze Schrägbalken
im weissen Felde T) , dermal durch zwei fremdartige dreieckige Scheiben ausgefüllt. Ebenso wurde in
Folge der jüngsten Umörterung dieser Glasschildereien der sichtbare eine Vorfuss zerbrochen und durch ein
viereckiges Glasstück ersetzt.
Ihm gegenüber kniet auf einem (w enn auch mit eingebrannter schwarzer Schraffierung versehen, doch wahr-
scheinlich erst später eingesetzten) rothen Polster dessen Gemahlin, wie sie der Schriftstreifen auf dieser Tafel
durch folgende Worte bezeichnet : D(omi)NA • ÜXSOR-EIVS - DE • LGHTENSTAN*; das Haupt mit zurückge-
schlagenem Schleier, die Hände zum Gebeth emporstreckend ist sie in smaragdgrünes Unterkleid mit enge anschlies-
senden Ärmeln gekleidet, der mit einer rosetenartigen Haft zusammengehaltene purpurrothe Mantel mit weissem
vehwerk ausgeschlagen. Der noch vor einem Decennium in der oberen (heraldisch) linken Ecke sichtbar gewe-
sene Turnierhelm, dessen Zimier in einem breiten Raume mehrere schwarze Balken im weissen Grunde zeigte
(das alte Wappen der Chunring ? oder Starhemberg?), ist seitdem herausgeschlagen und der Raum durch
anderweitige Glasstücke ausgefüllt worden. Zu den Füssen der Knieenden ragt ein zweiter Wappenschild
(etwa jener des bis jetzt nicht bekannten Hauses, dem sie der Geburt nach angehörte) hervor, quergetheilt,
oben blau unten roth. Oder war sie doch eine geborne Chunring oder Starhemberg? —
Die Gestalten beider Knieenden zwischen schmächtigen Säulen mit sichtbaren Sockeln und Knäufen sind
theilweise durch schwarz und weiss gestreifte längere Glasstücke eingerahmt.
Dieser Rudolf Otto von Liechtenstein war der Urenkel des um 1280 verstorbenen berühmten Sängers
Ulrich v. Liechtenstein 5 schon 1325 als Rudolf Otto, Otto s Sohn urkundlich erwähnt (Stuhenberg’sches Archiv
im Joanneum zu Gratz). war er Kämmerer für Steiermark, später Marschall in Kärnten und starb zu Murau

1) Das alte Wappen der steiermärkischen Liechtensteine zuMurau beschreibt der Sänger Ulrich in folgender Art:
— — —. ein banir (Fahne) rieh
die het ich da gebunden an.
ich sage in wie diu was getan.
Diu was gesniten ivol ze fliz
von einem zendäl (leichter Halbseidenzeug) der was WIZ (weist) -,
dar durch von zendäl swarz gevar (färbig)
gesniten spannen breit zwo bar (Balken)
schipfes nach dem sivert zetal (abwärts).
(Lachmann: Ulrich von Lichtenstein, S. 295, 18—25.)
Das Siegel desselben Ulrich von Liechtenstein, nach dem an einer Urkunde v. J. 1245 befindlichen Abdrucke in der
Smi tmergeben Siegelsammlung des k. k. geh. H. H. u. Staatsarchivs, mit der Umschrift S. VLRICI DE LICHTENSTEIN,
rund, zeigt eine fünfblätterige Rosette, in deren Millelpuncte sich dieselbe verkleinert wiederholt; jedes der fünf länglichen
oben herzförmig sich verbreiternden Rlätter enthält nun den Wappenschild mit den zwei (schwarzen) Schrägbalken.
Das Siegel Rudolfs von Liechtenstein-Murau mit gleichem Rlason findet sich: (1335) bei Hueber Just, ex arch.
Mell, illustr. tab. XIV, n. 18; (1340) bei Duellius: Hist. ord. Teut. p. 126, n. 41; jenes Otto's von Liechtenstein
(1355) bei Wurmbrand: Collect. gen. hist. Tab. I.; ausserdem dasWappen der steiermärkischen Liechtensteine über-
haupt: z. B. bei Megiser Annal. Carinth. p. 1749. Siebmacher-W’eigel Wappenbuch IV, 16. Vergl. auch Rally
in Kaltenbäck's Zeitschrift 1837, S. 170; und Melly: Beitr. z. Siegelk. des Mittelalt. I, 24—25 (25) 65 (130).
 
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