Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Berichte des Alterthums-Vereines zu Wien — 1.1854

DOI Heft:
Vaterländische Biographien
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70122#0324

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
264

Joseph Feil

vom 7. Mai, mit der Aufforderung zur Bildung von Frei-Compagnien, und namentlich an jene Bewohner,
welche Gewehre, Stutzen, Pistolen, Säbel u. dgl. besitzen, zur Ablieferung derselben für die Dauer der
Verthcidigung an den Magistrat und an die Grundgerichte in den Vorstädten , halten zur Folge, dass sich Jung
und Alt mit begeisterter Entschlossenheit in ausserordentlicher Zahl in das Zeughaus drängte, um Waffen ab-
zuholen, ja im Drange der Begeisterung solche, deren zusammen an 70.000 Stück erfolgt wurden, selbst
ruhig Vorübergehenden aufzudringen. Allein nach dem Einmärsche der Franzosen wurde vom landesfürstl.
Hofcommissär Freiherrn von Woher (12. Mai) allen jenen mit Waffen versehenen, welche nicht dem
Militär oder Bürger-Corps angehören, bei schärfster Strafe die schleunigste Ablieferung dieser Waffen in
das bürgerliche Zeughaus aufgetragen. Ein vom französischen General-Gouverneur Generalen Grafen An-
dre ossy ausgegangener späterer Befehl vom 14. Mai, jede Kriegsmunition und alle Gattungen Waffen,
auch Luxusgewehre, mit einziger Ausnahme der zum Staatsanzuge gehörigen Galanterie-Degen *), binnen
24 Stunden an das bürgerliche Zeughaus abzugeben, war mit der scharfen Drohung sanctioniert, dass Über-
treter dieses Befehls bei erwiesener Schuld kriegsgerichtlich erschosssen würden, welche Weisung noch
am 3. Juni neuerlich eingeschärft wurde, und deren Unterlassung der Sattlermeisler Jac. Eschenbach,
der zwei österreichische Kanonen in seinem Hause auf der Wieden (Favoritenstrasse, in dem jetzt gräflichen
Nako sehen Hause Nr. 32J) vergraben halte, am 26. Juni am Getreidemarkt-Glacis an der Mauer des
sogenannten Jesuitenhofes unnachsichtig mit dem Tode durch Pulver und Blei zu büssen hatte 1 2). — Mit der
Leitung des Geschäftes der Waffen-Einlieferung in das Zeughaus war nun ebenfalls der Zeughaus-Referent
E. beauftragt. Er bekleidete zugleich im Bürger-Corps, neben dem Bürgermeister als Obersten, die Charge
des Obristlieutenants. In dieser Eigenschaft befand er sich auch bei der, aus dem Bürgermeister, dem Obrist-
lieutenant, zwei Oberstwachtmeistern und zwei Hauptleuten der Bürgermilitz zusammengesetzten Deputation,
welche sich am 16. Oct. zum französischen General-Gouverneur Andreossy verfügte, um die Wieder-
erlangung der von den Franzosen aus dem bürgerlichen Zeughause hinweggeführlen sechs Kanonen — wiewohl
vergebens — zu erbitten 3).
Bezüglich des gesammten Gebahrens während der feindlichen Invasion hat sich E. bei Kaiser Franz I.
durch die Überreichung der Operations-Journale und anderer Documenle über sein tadelloses Benehmen
in jenen Zeiten schwerer Bedrängniss und grosser Verwirrung vollkommen gerechtfertiget.
Am 5. Jänner 1814 musste E. als Oberstlieutenant des Wiener Bürger-Militärs, nach dem gänzlichen
Abzüge des k. k. Militärs, ganz allein das Commando des Garnisonsdienstes in der Stadt Wien übernehmen,
nachdem der Oberst der Bürgermilitz, Bürgermeister v. Wohlleben, mit dem ersten Major, Magistrats-
rathe v. L e e b , an der Spitze der Deputation der treuen Stadt Wien in das Hauptquartier des Kaisers Franz 4)
abgereiset waren, um dem Monarchen im Namen der Residenzstadt den Ausdruck der innigsten Theilnahme
an dem fortschreitenden Glücke der österreichischen Waffen seit der Völkerschlacht bei Leipzig, den Fürsten
Metternich und Schwarzenberg aber die Diplome als Ehrenbürger der Stadt Wien darzubringen. —
Unter Es. Commando wurden nun ebenso die Wachparaden am Hof, als die Wachdienste überhaupt in der
besten militärischen Ordnung versehen, über welche vortreffliche und zweckmässige Leitung des Militär-

1) Jedoch nach Willkühr der Eigenthümer in eigenen Verschlagen oder Kisten und mit ordentlichen Consignalionen versehen,
nach deren Inhalt ihnen der Empfang bescheiniget wurde.
2) Näheres über die hier erwähnten Verhältnisse bei Geusau a. a. O. VI, 93—99, 136, 144. 145, 193, 194, 237—239.
3) Geusau a. a. O. VI. 314. Diese Kanonen, sechs achlzebnpfündige Nothschlangen, welche K. Leopold I. der Bürgerschaf
zum Gedächtnisse ihrer tapferen Verteidigung Wien’s im J. 1683 geschenkt hatte, waren mit dem kaiserlichen Wappen
und mit jenen des Bürgermeisters und Oberkämmerers geziert. Erst Kaiser Franzi, leistete der Bürgerschaft in Anerken-
nung ihrer erprobten Treue und Anhänglichkeit durch sechs neu gegossene Kanonen Ersatz.
4) Damals zu Freiburg im Breisgau, als die Deputation am 7. Jänner eintraf, zwei Tage später aber nach Basel \erlegt.
 
Annotationen