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Trübner, Wilhelm [Hrsg.]; Beringer, Joseph August [Hrsg.]
Trübner: des Meisters Gemälde in 450 Abbildungen — Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben, Band 26: Stuttgart [u.a.], 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37284#0013
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WILHELM TRÜBNER
SEIN LEBEN UND SEINE KUNST

1 'ür eine zusammenfassende Betrachtung von Wilhelm Trübners Lebenswerk gibt
! ^ es zwei Unterlagen. Sein Mal werk offenbart uns die Entwicklung seiner
* malerischen Begabung von ihren Anfängen bis in unsere Zeit. Seine literari-
schen Äußerungen („Personalien und Prinzipien") lassen uns den Charakter
erkennen, in dem seine künstlerischen Eigenschaften ruhen und wirksam werden.
Begabung und Charakter sind die zwei Pole, um die das Leben eines führenden
Künstlers kreist.
Die Begabung bestimmt seine besondere künstlerische Art und Ausdrucksweise,
seine Individualität als Künstler. Sie gibt ihm das mit auf den Lebensweg, was ihn
von der Vergangenheit und ihrer Überlieferung trennt und in die Zukunft mit ihren
Aufgaben weist. Sie bestimmt das nur ihm Eigene, das Unterscheidende.
Ein höchst verfeinertes Sinnenleben kann den Dingen der Umwelt neue, un-
geahnte Reize abgewinnen, kann die auseinanderliegenden Bereiche zur Harmonie
zusammenzwingen, kann einen zauberhaften Schimmer von Schönheit über die Stoffe
des Alltags breiten und ihre Form und ihr Wesen durch sinnlichen Zauber und Reiz
verklären.
Solcher Art sind bildnerische Künstler, Gestalter, Schönheitsprediger, Wegeweiser.
Und solcher Art ist Wilhelm Trübner, dessen Begabung darauf ausgeht, dasReich
der Schönheit in der Sachlichkeit des Gegenständlichen und im farbigen Glanz zu
entdecken und zu mehren.
Aber auch die stärkste Begabung irgendeiner Art wird sich und ihre Welt nicht
erfolgreich zum Ausdruck zu bringen vermögen, wenn ihr nicht im festen Charakter
eine Stütze und ein Leitstern beigegeben ist. Im Charakter sind verankert alle Vor-
bedingungen zur Eigenart, ruht die Sicherheit, mit der das in der Begabung vor-
gezeichnete Ziel unentwegt verfolgt und erreicht wird. Der künstlerische Charakter
verbürgt trotz aller Hemmungen und Widerstände doch die endliche Anerkennung,
das Sichdurchsetzen. Er ist das Gerüst, das der Begabung feste Form, Gesetzmäßigkeit
gibt. Er ist des Künstlers beste, meist aber auch leidvollste Mitgift ins Leben und in
die Verhältnisse, die sich seiner Festigkeit entgegenzustemmen pflegen.
Trübners Begabung liegt in seinem unbedingten Sinn für die farbige Erschei-
nungswelt, für die Wahrheit der Form, für die Einfachheit und die Vereinfachung seiner
Gestaltungen.
In Trübners Charakter liegt es, daß er diesen Veranlagungen seines künstlerischen
Wesens treu geblieben ist, treu, trotz aller anders gearteten Forderungen und Wünsche
der Zeit und des Lebens.

Trübner II

IX
 
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