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Bertuch, Friedrich Justin; Bertuch, Carl
Bilderbuch für Kinder: enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Früchten, Mineralien ... alle nach den besten Originalen gewählt, gestochen und mit einer ... den Verstandes-Kräften eines Kindes angemessenen Erklärung begleitet (Band 1) — Weimar, 1801 (2. Aufl.)

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https://doi.org/10.11588/diglit.3198#0130
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Baukunft 1. B. 1. No. 39.
URSPRUNG UND AUSBILDUNG DER BAUKUNST»

-'ie elsten Menschen wohnten vermnthlich in
Pelsenhühlen , wo das Land welche hatte, oder
in wärmeren Himmelsstrich n unter dickbelaub-
tcn Bäumen und Sträuchen, um sich rm Sonnen-
hitze und Ungewittern zu siebern. So bald sie
aber in Gesellschaften zusammen traten, sich
durchKunst ihreBedürfnille zuschasi’en luchten,
Und in Familien verbanden, fiengen sie auch an,
Sonderlich in kälteren Gegenden der Welttheile,
sich Häuser zu bauen.
No, 1. Urspiung der BauBunlt.

Die erste rohe Form der Häuser, woraus her-
nach die edleBaukunst der Griechen und Römer
ivurde, entstand vermuthlich so, dass man rohe
Uumsiämme gleich lang sehnitt, sie gleich weit
^On einander in einem Viereck auf Steine als
Säulen stcllte, sie oben mit BaststUcken umwand,
dais sie nicht sprängen , und eine dünne Stein-
platte drauf deckte (Fig. a.~). alsdann mit vier Trä-
gern diese Säulen verband, auf die Träger wie-
der Balken legte, und damit die Decke machte,
auf den Ba ken aber schrägliegcnde Sparren auf-
richtete , sie wieder mit Latten verband, diess
h>ach dann mit Schilf, Rohr und Baumrinden
deckte, und die Zwischenräume der Säulen mit
ghtten Steinen ausmauerte, um der Hütte dichte
^ände zu geben. So entstand wahrscheinlich
die Form des elsten Hauses, und die erste rohe
Säulen-Ordnung (Fig: <7.) aus dem rohen Baum-
scliafte. Aus dieser einfachen und wilden Form
aber bildeten hernach diekunstreichen Griechen
^ud Römer ihre schöne Baukunst, deren edle
b°nnen die Baukünstler in sünf Haupt-Formen
dcr Gebäude eingelheilt haben, die man Säulen-
sf 'dnutigèn nennt, weil lie hauptsächlich an den
Vapitälern - und Vevhältnissen ihrer Säulen und
Lesirnse erkannt werden, und von welchen drey
den Griechen und zwey den Hörnern gehören. Da
^'ansie vornehmlich an ihren Tempeln fand, so
bann man sie auch an leigenden fünf Fronten
v°n Tempeln am bellen kennen lernen.

No. 2, Toscanisclie Ordnung*
Hiese Ordnung, welche bey den Römern ent-
staud, ist die niedrigste, einTachsie und UarKtte
Ul»er allen, und wird von den Arcbitecten b“>8
ZuUntergescholsen an Fracht geb nub n gebraucli .
b. zeigt das Capital ihrer Säulen.

No. 3. Dorische Ordnung,
Die älteste der drey griechischen Säulen-Ord-
nungen, welche Doms, König von Peloponesiis,
zuerst an einem Tempel der Juno brauchte, und
von ihm daher ihren Namen hat. Sie ist etwa3
höher und feiner in ihren Verhältnilsen als die
ToTcanische; Fig. c. ist ihr Capital.
No, 4. lonische Ordnung.
Die zweyte griechische empfing ihren Nah-
men von dem berühmten Dianen - Tempel in
Salden, (einer griechischen Provinz) an welchem
sie zuerst erleiden. Sie ist höher und zierlicher
in allen ihren Verhältnilsen als die beyden vori-
gen. Figid. und e. zeigt ihr Capital von vorne
und von der Seite, das durch seine doppelte
Schnecke sich auszeichnet.
No. 5. Corinthische Ordnung.
O
Die dritte griechische, und zugleich die
schönsie, leichteste und zierlichste in ihren Ver-
hältnilsen unter allen. Fig.f. zeigt ihr mit Jcan-
thnsblättern und vier Schnecken schön dekorirtes
Capital, so wie Fig. g. den Urfprung desselben,
welchen Vitruv. ein alter römischer Architect, fol-
gendermaassen erzählt. Die Amme eines verltor-
benen kleinen griechischen Mädchens habe ein
Körbchen mit ihren Spielsachen gefüllt, und mit
einer Ziegel bedeckt, auf ihr Grab gebracht, und
es von ungefähr auf eine Acanthusstaude gesetzt.
Die Acanthusstaude sey um das Körbchen in die
Höhe gewaclis. n , und ihre Blätter hätten sich
dasieoben an die Ziegel angi stössen, in sich zti-
rückkrümmen mülsen. Ein gtTchirkter Bildhauer
von Corinth, Nahmens Callimachus, habe die Fi-
gur gesehen, ui.d so schön gefunden, dass er sie in
Stein gehauen und zum Capital einer neuen, der
Coriuthischen Säulen - Ordnung gemacht habe.
No, 6. Römische oder zusammen*
gesetzte Ordnung,
Ist die zweyte Römifche Säulenordnung. Sie
erscliien zuerst an dem Triumphbogen des Kaisers
Titus, und heisst Compoßta, die zufammen gefetz-
te, weil sie aus den Gliedern und Verhältnilse n der
Corinthischen undJonischen zusaminengesetzt ifi
wie auch ihr Capital (Fig. h ) zeigt. Sie ist die
eir.zige, welche lieh von einer Menge Zusammen-
setzungen, die man nachher in der Baukunst ver
Richte, allein erhalten hat, und noch jetzt von
Architecten bey Prachtgebäuden gebraucht wird
 
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