Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bertuch, Friedrich Justin; Bertuch, Carl
Bilderbuch für Kinder: enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Früchten, Mineralien ... alle nach den besten Originalen gewählt, gestochen und mit einer ... den Verstandes-Kräften eines Kindes angemessenen Erklärung begleitet (Band 10) — Weimar, 1821

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3276#0163
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
' Verm. Gegenst. CCLXX.

Bd. X, No. 54.

DIE STADT FUNCHAL UND DAS LOO - FORT DER INSEL
MADEIRA.

Die Insel Madeira ist, seit ihrer Entdek-
kung und Besitznahme zu Ansang des fünf-
zehnten Jahrhunderts, beständig eine sehr
schätzbare Besitzung des Königreichs Portugal
geblieben. Fast alle, von Europa aus, nach
entsernten Welttheilen abgehende Schisfe,
gehen bei derselben vor Anker, und ihr äu-
sserst gesundes Klima, hat schon vielen, fast
aufgegebenen Kranken ihre Gesundheit wieder
geschenkt.
Sie gehört zur Canarischp- Inselgruppe.
Ihre vorzüglichsten Erzeugnisse sind: treffli-
cher Zucker und der köstüche Wein, der un-
ter dem Namen Madeira, Canariensekt, Mal-
vasier etc. allgemein bekannt ist.
Die Stadt Funchal bildet gleichsam (wie
die obere Hälfte unserer Tafel zeigt) ein, pracht-
volles Amphitheater, und ist am Fusse hoher
Berge, und an der Südseite der Insel erbaut.
Sie begreift 20,000 Einwohner, ungefähr ein
Fünftheil der ganzen Bevölkerung. Ihre Um-
gebungen bestehen aus üppigen Weinbergen,
mit Pomeranzen- und Citronenwäldchen ab-
wechselnd, in denen zahlreiche Landhäuser
zerstreut liegen.
Der Landungsplatz der Insel befindet sich
nordwestlich vom Felsen Loo, und es sührt
eine Strasse von Funchal dahin. Letztre ist mit
einer Mauer eingesasst. Die Stadt enthält eine
Cathedralkirxhe, ein grosses Gothisches Ge-
bäude; feiner ein bequemes Hospital, ein Thea-
ter und ein Franzhkanerkloster. In diesem
letztern befindet sich ein sonderbar aufgeputz-
tes Gemach, dessen Wände dicht mit mensch-
lichen Schädeln und Knochen tapezirt sind.
In der Mitte desselben steht der heilige Fran-
ziscus mit einer Wage, auf welcher er einen
Heiligen und einen Sünder wiegt. Die Scene,
die wohl besser in ewigem Dunkel verhüllt
bliebe, wird durch eine Lampe erhellt.
Nur die Häuser der Grossen sind mit Fen-
sterscheiben versehen, dagegen sind Jalousieen
und Balkons allgemein. Die Stadt ist unre-

gelmässig gebaut; die engen und krummen
Strassen werden jedoch reinlich gehalten. Ei-
nige, im Sommer fast versiegende Flüsschen,
durchströmen dieselben: doch in der Regen-
zeit stürzt das Wasser in gewaltigen Flu-
then von den Bergen herab. Im Jahr 1803
war ein so ungeheurer Wolkenbruch, dal's
ganze Strassen in das Meer geschwemmt wur-
den, wobei 700 Menschen das Leben einbüssten.
Das Fort St. Jago liegt an der Südseite
des Havens, und hat 16 Kanonen: das Pik
Castell steht auf einer Anhöhe hinter der Stadt :
alle Festungswerke zusammen, enthalten 70
Stück wohlbedientes Geschütz.
Etwa eine Stunde von der Stadt landein-
wärts, liegt zwischen Castanienwäldchen die
artige Kirche nostra Senhora do Monte, wel-
che der Schutzpatronin der Insel geheiligt ist.
Nach ihr wird auf einem steilen, wohlgepfla-
sterten Wege sehr häufig gewallfahrtet. Vor-
züglich ihun diess die Matrosen, Fremde be-
suchen diesen reizenden Punkt der schönen
Aussicht wegen.
Alle Umstände tresfen hier zusammen, um
die Insel sür Kranke und Genesende zu dem
zweckmässigsten Aufenthalt zu machen- Die
Nahrungsmittel sind alle von der ersten Güte,
die Luft rein, die Einwohner gastsrei und
zuvorkommend, und alle Anstalten zur Bequem-
lichkeit, der Patienten auf das Beste getrofsen.
Der Aufenthalt ist indess sehr kostspielig.
Das Loo-Fort, welches wir auf der un-
tern Abtheilung unserer Tafel abgebildet se-
hen, steht auf einem isolirten steilen Felsen
im Meere, unfern Funchal. Es hat eine Gar-
nison, und einen, mit Kanonen beseiten Wall.
Da er den Haven vollkommen bestreicht, so
deckt er die Stadt vor jedem feindlichen An-
griffe von der .Seeseite. Von hier aus werden
die ankommenden Schiffe erst durch Gesund-
heitsboote untersucht, ehe sie mit dem Ufer
Gemeinschast haben dürfen.
 
Annotationen