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Aus unseren Berufen

Zwei neue akademische Grade

„Diplom-Physiker" und „Diplom-Mathematiker"

' Wachsende Anforderungen, die Staat, Wehr-
macht und Wirtschaft an die Physiker und
Mathematiker stellen, machen es notwendig,
die Ausbildung der künftigen Vertreter dieser
Fachgebiete auf eine neue Grundlage zu stel-
len. Der Reichserziehungsminister hat daher
das Studium der Physik und Mathematik neu
geordnet.

Hierdurch werden zu dem bisherigen „Diplom-
Ingenieur" zwei neue Hochschulabschlüsse
und akademische Grade hinzugefügt: der „Di-
plom-Physiker" und der „Diplom-Mathemati-
ker". Bisher konnte das Studium der Physi-
ker an den Universitäten nur mit dem Ziele
der Ablegung der Prüfung für das Lehramt an
höheren Schulen, an den Technischen Hoch-
schulen mit dem Ziel der Ablegung der Diplom-
Ingenieur-Prüfung durchgeführt werden. Die
Neuordnung bringt nun eine einheitliche Aus-
richtung des physikalischen Studiums an den
Universitäten und technischen Hochschulen,
wobei das Ziel die Ablegung der Diplom-
Prüfung für Physik ist.

Dabei sind zwei Studienrichtungen vor-
gesehen: Die naturwissenschaftlich-technische
Richtung (allgemeine mathematisch-wirtschaft-
liche Richtung, Versicherungsmathematik).
Diese Studienrichtung kann allerdings nur an
den Universitäten Berlin, Göttingen, Leipzig,
München und Wien und den Technischen Hoch-
schulen Berlin, Dresden, Wien und Prag, sowie
an der Wirtschaftshochschule Berlin eingeschla-
gen werden. Im übrigen aber sind für die
Durchführung des physikalischen und mathe-
matischen Studiums alle Universitäten und
Technischen Hochschulen zuständig.

Nach der neuen Studienordnung ist die Stu-
diendauer für Physik und Mathematik auf min-
destens sieben Semester vorgesehen', diese
Minimalzeit ist als vorüberqehende Ausnahme-
regelung zu betrachten. Dazu kommt noch
eine praktische Tätigkeit von vier Monaten in
der vorlesungsfreien Zeit. Etwaigen Schwierig-
keiten, die sich in der Ubergangszeit für jene
Studierenden ergeben können, die ihr Studium
am 1. November 1942 bereits aufgenommen
haben, ist durch weitgehende Übergangsbestim-
mungen Rechnung getragen worden. Ferner ist
Vorsorge getroffen, daß unter Gewährung von
der Lage des Einzelfalles anqepaßten Erleich-
terungen auch ehemalige Studierende die neuen
akademischen Grade des Diplom-Phvsikers und
Diplom-Mathematikers erwerben können.

Zeitgemäßes zum Ingenieuiberuf

Wenn in einem Beruf umfassende, durch ein
gründliches Studium und durch unablässige
Weiterbildung in zäher Arbeit erworbene
Kenntnisse unerläßlich sind, dann vor allem in
dem Beruf des Ingenieurs. Nur mit dem Rüst-
zeug eines gediegenen Fachwissens ist der
Ingenieur überhaupt in der Lage, etwas Tüch-
tiges zu leisten und zu der stetig fortschreiten-
den Entwicklung des Ingenieurwesens wesent-
lich beizutragen — oder auf eine führende
Stellung mit Recht Anspruch zu erheben.

Es kann daher nicht eindringlich genug ge-
sagt werden, besonders auch den jüngeren
Ingenieuren und den Studenten der Tech-
nischen Hochschulen, daß sie sich bei ihrem
Studium und in der Praxis aufs äußerste ein-
setzen müssen, um durch die Aneignung von
realen, bis auf den Grund der Dinge gehenden
Kenntnissen ein Fundament für ihren Beruf als

Ingenieur zu legen. Wenn auch Zeugnisse nicht
die allein ausschlaggebende Bedeutung haben,
die ihnen angesichts des noch immer nicht
ganz überwundenen Berechtigungswesens mit-
unter zuerkannt wird, so sind sie doch von
großem Wert. So sehr spätere Leistungen und
bewiesene Führereigenschaften — auch außer-
halb des normalen Bildungsganges — aner-
kannt werden müssen und Führerpersönlich-
keiten in jedem Fall auf das äußerste zu för-
dern sind, so wenig darf man übersehen, daß
ausgezeichnete Leistungen beim Studium so-
wie mit bestem Erfolg abgelegte Prüfungen im

allgemeinen sehr wohl als Anhalt für die im
Beruf zu erwartenden Leistungen dienen kön-
nen (wie auch umgekehrt später unzureichende
Leistungen sich oft bis zur Schule zurückver-
folgen lassen).

Wenn jedoch einzelne Ingenieure in füh-
rende Stellungen aufrücken, trotzdem sie keine
besonderen Führereigenschaften aufzuweisen
haben und trotzdem ihnen ausreichende theo-
retische und praktische Kenntnisse fehlen, die
sich nun einmal nur durch systematische und
gründliche Arbeit beim Studium und in den
ersten Jahren der Praxis erwerben lassen, so
sind sogar schon vereinzelte derartige Aus-
nahmen höchst unerwünscht. Sie sollten des-
halb möglichst frühzeitig erkannt und ausge-
schaltet werden; denn Ingenieure dieser Art
vermögen nur zu „schwimmen", das heißt, sie
bleiben an der Oberfläche und können sich
höchstens durch Wendigkeit oder durch die
mit ihrer Stellung verbundene Autorität auf
ihrem Platz behaupten. Sie sind dann aber
nicht nur leistungsmindernd innerhalb ihres
Arbeitskreises, sondern auch ein entmutigen-

des Beispiel für solche Ingenieure, die eins
gründliche Ausbildung und umfassende Kennt-
nisse als Grundlage des Ingenieurberufs an-
sehen, und die nun feststellen, daß es unter
Umständen auch leichter geht. Für andere Be-
rufe gilt dasselbe.

Der deutsche Mensch ist durchaus geneigt,
sich freiwillig unterzuordnen, wenn er von den
Führereigenschaften des Vorgesetzten über-
zeugt ist. Es geht jedoch nicht ohne Spannun-
gen und innerliche Auflehnung ab, wenn we-
der der Wissensbestand noch das Können des
.Ubergeordneten besondere Führerqualitäten er-

kennen lassen. Die Tätigkeit von solchen Vor-
gesetzten wird sich erfahrungsgemäß vielfach
auf das „Nur-leiten-Wollen" beschränken, das
heißt, daß sie zu eigener schöpferischer Arbeit
außerstande sind und nur „angeben" können.
Die unter ihrer Leitung stehenden Arbeits-
kreise müssen dann zwangsläufig durch man-
gelnde Zusammenarbeit, mäßige Arbeitsauf-
fassung und geringe Leistung auffallen. Der
wahrhaft Tüchtige will im allgemeinen durch
den Wert seiner Arbeit überzeugen und ist
darum unter Umständen der Gefahr des Über-
sehenwerdens ausgesetzt — wenigstens zu-
nächst —, bei dem Wendigen, vielfach jedoch
minder Beschlagenen und Erfahrenen, wird
aber häufig ein Wissen vorausgesetzt, das in
Wahrheit gar nicht vorhanden ist. In der Pra-
xis kommt es hier und da vor, daß der tüch-
tige Fachmann gegenüber dem nur Routinier-
ten in seinem Vorwärtskommen behindert ist
und nicht die Förderung erfährt, die er seiner
Leistung nach unbedingt verdient. Diese Ge-
fahr erkennen, heißt ihr mit allen Kräften be-
gegnen und sie soweit wie möglich beseitigen.

So sehr sich" gerade der Ingenieur vor einer
zu einseitigen Ausbildung und einer zu weit-
gehenden Beschränkung auf ein bestimmtes
Fachgebiet hüten soll, so wenig können wir
den gründlich erfahrenen und gut durchgebil-
deten Ingenieur entbehren. Sein Studium und
seine intensiven Bemühungen um die tech-
nischen Probleme, um die Erforschung 'noch
ungeklärter Fragen sind für die Erhaltung un-
serer führenden Stellung in der Technik, die
eine wesentliche Voraussetzung für den Be-
stand und den Fortschritt des deutschen Vol-
kes überhaupt ist, von ausschlaggebender Be-
deutung und durch keine wie immer geartete
Betriebsamkeit zu ersetzen. Immer mehr erhält
die Arbeit des Ingenieurs eine zentrale Stel-
lung,-da ihr politische Bedeutung zukommt.

Der Ingenieurberuf ist einer der
schönsten Berufe, er kann einen Mann
voll und ganz ausfüllen und höchste Befriedi-
gung gewähren. Er ist allerdings auch schwer
und will erarbeitet sein und sollte demgemäß
nur von den Berufenen gewählt werden. Alle
aber, die sich ihm zuwenden, müssen wissen,
daß der Weg zum Erfolg und zu leitenden Stel-
lungen über ein mit allem Fleiß betriebenes
Studium und über die Bewährung in der Pra-
xis führt, und daß gründliches tech«
nisches Wissen, praktische Erfah-
rungen und bewiesene Führer"
eigenschaften die Grundlagen der
Bewertung sind. Heinrich Kaiser, Berlin

Dei Landwirtschafts-Referendar
eingeführt

r Durch einen Erlaß des Reichsernährungsmini-
sters ist soeben eine Ausbildungsordnung für
Landwirte im höheren landwirtschaftlichen
Verwaltungsdienst in Kraft gesetzt worden.
Sie bringt die generelle Einführung des Land-
wirtschafts-Referendars und damit die Über-
nahme einer in anderen akademischen Beru-
fen, vor allem bei den Juristen, bereits be-
währten Einrichtung auch auf diejenigen aka-
demisch ausgebildeten Landwirte, die in der
Verwaltung tätig sein wollen. Bisher brauchten
nur solche Diplom-Landwirte, die Landwirt-
schaftslehrer oder Tierzüchter werden wollten,
im Anschluß an die Diplomprüfung noch ein
besonderes Praktikum zu absolvieren.

Nunmehr wird allgemein vorgeschrieben, daß
Diplom-Landwirte und Diplom-Gärtner im
öffentlichen Dienst, einschließlich des Reichs-
nährstandes, soweit sie als Beamte des höhe-
ren landwirtschaftlichen Verwaltungsdienstes
wirken wollen, umfassende wissenschaftliche
und praktische Kenntnisse besitzen und im
landwirtschaftlichen Verwaltungsdienst gründ-
lich ausgebildet sein müssen. Hierfür wird für
diese Diplom-Landwirte und Diplom-Gärtner
eine zweijährige Vorbereitungszeit als „Land-
wirtschafts-Referendar" vorgeschrieben. Dieses
Praktikum ist vor allem beim Landrat, aber
auch bei den Kreisbauernschaften, beim Regie-
rungspräsidenten usw. abzuleisten. Sie schließt
ab mit der Großen Staatsprüfung, bei deren
Bestehen der Referendar zum Landwirtschafts-
Assessor wird, der nunmehr in die Verwal-
tungsberufe von Staat und Nährstand eintre-
ten kann.

Allgemein soll nach dem neuen Erlaß die
Ausbildung der Landwirte im höheren Verwal-
tungsdienst eine praktische landwirtschaftliche
Ausbildung, das Hochschulstudium mit der
Prüfung als Diplom-Landwirt und den Vorbe-
reitungsdienst mit der Großen Staatsprüfung
umfassen. Diese erweiterte Ausbildung liegt
sowohl im Interesse der späteren Berufsaus-
übung der Verwaltungslandwirte, wie auch im
Interesse einer vielseitigen Einsatzfähigkeit
und damit in ihrem persönlichen Interesse. Die
Große Staatsprüfung wird vor dem Reichsprü-
fungsamt für höheren landwirtschaftlichen Ver-
waltungsdienst abgelegt. Die neue Ausbildungs-
ordnung wird am 1. Oktober dieses Jahres
wirksam«.

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i

(Aufn.: ^-Kriegsberichter Keintzel)

Wehrmachtsstudenten hören In der Nähe der Front einen Einführungsvortrag In das
gesamte wissenschaftliche Studium durch einen kriegsversehrten StudentenfUhrer und
Offizier, den der Seichsstudentenführer Gauleiter Dr. Scheel zu Ihnen entsandt hat.

Siudienkurse
an der Ostfront

Der Saal wirkt nüchtern und kahl. Der
Schmuck, den deutsche Landserhände ihm
gaben, vermag sein Gesicht nicht zu wandeln.
Kein Wunder: Wir befinden uns in einem jener
typisch bolschewistischen Zweckbauten, wie
sie, sinnlos und unorganisch nebeneinander-
gestellt, zwischen zerfallenen Hütten und ver-
rotteten Lehmkaten, das Antlitz sowjetischer
Städte prägen.

Welch ein Leben aber jetzt, welch farbige
Bewegung in diesem unpersönlichen Raum:
Junge Soldaten: Offiziere, Unteroffiziere und
Männer aller Waffengattungen, sitzen an lan-
gen Tischen in bunter Reihe. Ihre wetterge-
bräunten Gesichter sind hell und heiter ent-
spannt. Hinter dem Tisch an der Stirnwand
aber, vor dem billigen Bühnenvorhang, den
jetzt die Kriegsflagge des Reiches ziert, sieht
man zwischen den Uniformen von Generälen
und hohen Offizieren des Heeres und der Luft-
waffe die schlichten Straßenanzüge einiger
Zivilisten. Eine Kapelle der Luftwaffe intoniert
und aufspringend singt der ganze Chorus das
„Gaudeamus ..."

Es sind Studenten, junge Akademiker aus
allen Teilen des Reiches, das sie jetzt auf den
Feldern des Ostens mit der Waffe schützen,
die hier zusammengekommen sind. Sie stehen,
die lachenden Augen der Bühne zugewandt und
singen den Herren am Tisch „Ihr" ... vivant
professores!"

Denn es sind wirklich und wahrhaftig Pro-
fessoren von Deutschlands Hochschulen, die
hier zwischen den Soldaten sitzen. Wenn sie
für einige Wochen ihr Lehramt verließen, um
hinaus an die Ostfront zu fahren, dann hat dies
einen tieferen Sinn. Der Kameradschaftsabend,
der 6ie hier mit einigen hundert Vertretern der
kämpfenden Jugend nach altem Studenten-
brauch zusammenführt, steht im Mittelpunkt
eines ernsten Arbeitsprogramms, einer Aktion,
die im Verlauf weniger Tage eines der wichtig-
sten Probleme unserer Zeit an der Wurzel
packt

Seite 4 / Die Bewegung / Ende September 1943

Wie immer, wenn um Deutschlands Leben
und Freiheit gerungen wird, stehen auch heute
wieder die deutschen Studenten an allen Fron-
ten in vorderster Linie. Sie folgen damit einer
Tradition, die auf die frühesten Anfänge der
deutschen Studentenschaft zurückgeht.

Indem sie aber den Hörsaal mit dem Schlacht-
feld, das Kollegheft mit der Waffe vertausch-
ten, wurden sie für lange Zeit ihrem akademi-
schen Lebenskreis und ihrer eigentlichen Zu-
kunftsaufgabe entzogen. Ihre eben begonnene,
oder doch jedenfalls nicht abgeschlossene Ent-
wicklung wurde in empfindlicher Weise unter-
brochen; eines Tages, wenn dieser Krieg zu
Ende geht, müssen und werden sie den An-
schluß an das Gestern finden.

Ohne Frage liegt hier ein ernstes Lebens-
problem, nicht nur für den einzelnen, sondern
für die völkische Gesamtheit. Freilich, jeder
Soldat, ob Bauer, Arbeiter, Handwerker, Ge-
lehrter oder Künstler, wurde, da er zur Waffe
griff, für eine im voraus nicht zu schätzende
Zeit seinem friedlichen Wirken entrissen; wenn
er sie eines Tages aus der Hand legt, wird er
vor neuen, vielleicht schwierigen Fragen stehen.
In der studierenden Jugend aber ist die geistige
Führerschaft des Volkes von morgen betroffen;
was für alle gilt, gilt hier in verstärktem Maße:
es darf dieser Krieg, der um unser Leben geht,
nicht die große Gefahr eines geistigen Vakuums
heraufbeschwören, das möglicherweise eines
Tages nicht mehr zu schließen wäre.

Es ist selbstverständlich, daß eine solche
Gefahr mit der Dauer des Krieges wächst; es
hat auch keinen Sinn, vor klaren Erkennt-
nissen die Augen zu schließen. Wir müssen da-
für sorgen, daß der junge Akademiker in der
kämpfenden Front während des Krieges den
inneren und äußeren Zusammenhang mit jener
anderen Welt nicht verliert, aus der er kam
und in die er einst zurückkehren wird.

Hier nun liegen die Gründe für jenes Aka-
demikertreffen, das in diesen Tagen im Osten
stattfand, rund hundert Kilometer hinter der
Front. Der tatkräftigen Initiative des zuständi-
gen Luftgaukommandos und dem kamerad-
schaftlichen Zusammenwirken aller beteiligten
militärischen Stellen sowie der unermüdlichen
Betreuungsarbeit des Reichsstudentenwerkes

ist es zu danken, wenn hier ein Gedanke auf-
gegriffen und erstmalig verwirklicht wurde,
der den Auftakt für eine Fülle weiterer Maß-
nahmen in dieser Richtung zu bilden be-
stimmt ist.

Die Wehrmacht hat bisher jungen Studenten
im Rahmen der militärischen Möglichkeiten
Studienurlaube gewährt. Die Entwicklung der
Kampflage hat es mit sich gebracht, daß die-
ses Mittel zur Bannung der vorher aufgezeich-
neten Gefahr nicht unerheblich beschränkt wer-
den mußte. Dieses erste Zusammentreffen zwi-
schen Professoren und Studenten im rückwär-
tigen Frontgebiet war, nur vorzugsweise be-
stimmt, neue Wege aufzuzeigen und erstmalig
zu beschreiten. In drei aufeinanderfolgenden
Kurzlehrgängen von je drei Tagen gab eine
Anzahl Professoren deutscher Hochschulen den
Jungakademikern im Waffenrock in knappen
Vorlesungen einen Überblick über den Stand
ihrer Wissensgebiete. Diese Vorlesungen konn-
ten und sollten selbstverständlich nicht er-
schöpfend sein, sie erhoben natürlich nicht den
Anspruch, die entstandenen Lücken schließen
zu wollen; sie erfüllten vor allem einen Zweck:
Sie gaben dem jungen Studenten, der so lange
die Luft des Hörsaals entbehrte, wieder das
Gefühl der Geborgenheit, das Wissen: Ihr seid
nicht vergessen; eines Tages werdet ihr wieder
zu unseren Füßen sitzen, und was ihr dann
vielleicht verloren habt an theoretischem Wis-
sen, das werdet ihr gewonnen haben an Le-
bensernst und Lebensreife, und euer im Kampf
gestählter Wille wird die Brücke schlagen vom
Gestern ins Morgen!

Freilich, es ist mit derartigen Kurzlehr-
gängen, und fänden sie auch häufiger und
planmäßiger statt, nicht getan. Es sind zahl-
lose Fragen, Fragen des praktischen Lebens,
die den jungen kämpfenden Studenten bewe-
gen und die aus dem Ernst der Zeit heraus
eine Antwort erheischen. Diese Antwort ver-
mochte der gleichfalls erschienene Vertreter
des Reichsstudentenführers im weitgehenden
Maße zu geben. In engem Zusammenwirken mit
dem Oberkommando der Wehrmacht hat das
Reichstudentenwerk die verschiedensten Mög-
lichkeiten geprüft und erwogen, und so konnte
der Referent, selbst Kriegsstudent, Kamerad

unter" Kameraden, bereits zahllose konkrete
Pläne ankündigen.

Diese Pläne werden sich im Rahmen einer
vom Studentenwerk ausgehenden großzügigen
Fernbetreuung abwickeln. Es wird zu-
künftig in stärkerem Maße auf das Mittel der
Fern-Immatrikulation zurückgegriffen werden.
Mit dieser Immatrikulation erwirbt der Kan-
didat das Recht auf die Bezeichnung Student.
Das Studentenwerk aber gewinnt auf diese
Weise einen Überblick über die Besetzung der
einzelnen Fakultäten und erhält damit die
Möglichkeit vorbereitender Planung. Es wird in
diesem Zusammenhang die Frage erwogen wer-
den, inwieweit sich an dieses Fernstudium Prü-
fungen anschließen lassen.

Für den Fall längerer Kriegsdauer aber sind,
über diese Maßnahmen hinausgehend, laufende
Vorlesungen im rückwärtigen Frontgebiet ge-
plant. Die erste Tagung vereinigte noch Stu-
denten aller Fakultäten; zukünftig werden der-
artige Vorlesungen in mehrwöchigen Kursen
getrennt nach Wissensgebieten stattfinden. Auf
diese Weise soll vor allem die Möglichkeit
reger Aussprache zwischen Professoren und
Studenten geschaffen werden, wobei dann auch
das in Skriptenform übersandte Studienmate-
rial zugrunde gelegt werden kann. Vom Wis-
senschaftsamt der Reichsstudentenführung er-
halten die Frontstudenten künftig eigenes Stu-
dienmaterial im Form von „Soldatenbrie-
fen zur Berufsförderun g".

Schließlich ist daran gedacht, neue Uni-
versitäten hinter den Fronten zu
errichten, die in Zeiten der Ruhe ein plan-
mäßiges Studium ermöglichen, ohne doch den
Studenten dem Zugriff der Front zu entziehen,
wenn sie ihn braucht.

Der Vortrag des Referenten erwies in seinem
weiteren Verlauf, wie weitgehend sich das
Reichsstudentenwerk bereits mit allen Fragen
auseinandergesetzt hat, die den Jungakademi-
ker an der Front beschäftigen.

Was Wunder, daß die jungen Studenten dem
Kameraden vom Studentenwerk und den Pro-
fessoren, die Zeit und Mühe nicht gescheut hat-
ten, zu ihnen heraus an die Front zu kommen,
mit hegeistertem Jubel dankten.

if -Kriegsberichter Fritz Heike
 
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