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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 15.1880

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Heft 18
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https://doi.org/10.11588/diglit.44381#0395
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V r g e n nnd ftalrtt c.
Historischer Romcm ans Bayerns Vergangenheit.
Von
Gqöert tzarkssen.
!FortscIjU»g.) ^N^druck v°rb°u„.)
ugen führte Josephinens Hand an seine
Lippen. „Wie gransam Ihr seid, Cou-
sine," lächelte er, „mich einer solchen
Unbeständigkeit anznklagcn. Ich glaube
übrigens noch nicht an die Ungnade, das
Wort klingt viel zu gewichtig für eine
vorübergehende Laune eines allerhöchsten
Hauptes."
„Pst, Pst," warnte Josephine, „sprecht hier nicht zu
laut von Laune, die Wände haben Ohren."
„Ohren und Augen," warf Engen hin, aber sein
Blick heftete sich forschend bei den Worten
auf Josephinens Antlitz.
„Die Angen brauchen Nur nicht zu
fürchten," crwiederte Fräulein v. Hehdvin
unbefangen, „cs sei denn, daß Ihr doch
nicht ganz ohne Sorge um Euch selbst
fortfahrt, mir hier die Zeit zu vertreiben."
„Die Sorge nm mich selbst, Ihr habt
cs getroffen, Josephine, nur gebt den
Worten einen anderen Sinn. Die Sorge
nm mich selbst sollte mich freilich Eure
Gesellschaft meiden lassen, denn mein ganzes
Selbst verliere ich in Eurer Nähe und
werde zum willenlosen Sklaven."
„Süperbe, Cousin, Ihr werdet galant,
das ist reizend," lachte Josephine, indem
sic sich kokett hinter ihrem Fächer versteckte.
„Es ist mehr als Galanterie, Josephine,"
fuhr er lebhaft fort, „wenn ich mich Euren
Sklaven neune. Bei Allem, was ich thuc
und treibe, ist mein einziger Gedanke:
.Werde ich so Josephine gefallen?' Ihr
seid mein Gewissen, Euer Bild steht vor
mir Tag und Nacht —"
„Aber, Vetter," unterbrach ihn Jo-
sephine lachend, indem ihre schwarzen Augen
ihn über den Federsanm deS Fächers fun-
kelnd ansahen, „das ist ja eine förmliche
Liebeserklärung. Ihr werdet zu ernst, auch
führt Euch Eure Einbildungskraft und der
Wunsch, mir etwas Angenehmes zu sagen,
zu weit. Denn vor Allem ist es doch der
Wille Eures Herrn Vaters, welcher Euch
als Gesetz gilt. Und mit vollem Recht.
Die Ermahnungen eines erprobten Ehren-
mannes, wie Onkel Sandhorst, sind weit
mehr geeignet, einem jungen Vavalier zur
Richtschnur zu dienen, als die krausen Lau-
nen eines Hoffrüuleins."
„Ihr verhöhnt mich, Josephine, Ihr
wollt es nicht sehen, nicht hören, welch'
glühende Leidenschaft für Euch mich ver-
zehrt, nicht wissen, daß jeder Schlag dieses

Es ist so, wie ich Euch sage, hinterher würden Euch
die Augen aufgchcu und Ihr würdet bei Anderen weit
größere Vorzüge entdecken als bei mir. Ich kenne
Euer starkes Geschlecht, und Euch, oller oon.llu, habe
ich auch die Ehre gehabt, ein wenig kennen zu lernen."
Wie reizend der kleine volle Mund anssah, als die
Worte so über die rothen Lippen sprudelten! Und wie
schelmisch die schwarzen Augen über dem koketten Stumpf-
näschen den Offizier anlachten. Es war rein nm einen
Liebhaber zur Verzweiflung zu treiben.
Eugen trat ihr einen Schritt näher und faßte trotz
ihres Sträubens die kleine Weiße Hand. „So entkommt
Ihr mir nicht, Josephine," sagte er in leiserem Tone,
aber mit vor Aufregung zitternder Stimme, „ich lasse
mich nicht so abweisen. Habt Ihr einen Linderen ge-
hört, so sollt Ihr auch mich hören."
„Einen Anderen? ülon clieu, ich weiß nicht, wen
Ihr meint, Cousin. Aber bitte, laßt meine Hand los,
es thnt mir weh, wie Ihr sie drückt. Ich
höre Euch ja schon lange geduldig an und
will Euch auch noch länger znhörcn, vor-
ausgesetzt, daß meine gnädigste Gebieterin
nur die Zeil dazu läßt."
„Verstellt Euch nicht, Josephine, Ihr
wißt recht gut, wen ich mit dem Anderen
meine. Euer heutiges Benehmen macht
den Verdacht, den ich gestern Abend ge-
faßt, zur Gewißheit. Als ich gestern von
Sandhorst zum Schloß zurückritt, begeg-
nete mir lb'aver Meindl. Er rief mir
,Guten Abend' zu in einem eigenen trium-
Phireuden Tone: ich gab meinem Pferde
die Sporen, weil ich keine Lust hatte, mich
in ein Gespräch mit ihm einzulassen, aber
der Gedanke verfolgte mich, was der Fe-
derfuchser so spät am 'Abend noch im Walde
zu suchen hätte und was ihn gar in so gute
Laune versetzt. Darüber grübelte ich nach;
als ich im Stall mein Pferd abgegeben
und der Wachtstnüe znschritt, wo ich Euren
Bruder zu finden hasste, da sah ich im
Mondschein eine weibliche Gestalt schnellen
Schrittes von der Richtung des WaldcS
Herkommen und auf das Schloß zneilen.
Ich blieb hinter einer Hecke stehen, die
Dame ging au der anderen Seite derselben
vorüber, ohne mich zu bemerken, ich aber
erkannte sie genau, diese Dame wäret
Ihr, Josephine!"
Sie schlug ihn mit dein Fächer auf
die Hand, welche die ihrige festhieit. „Wenn
Ihr mich erkannt habt,' war es recht un-
artig von Euch, daß Ihr mich nicht be-
grüßtet und zum Schloß begleitetet. Und
jetzt laßt meine Hand los, ich fürchte, die
blancn Flecke von Eurem Drücken werden
gar nicht wieder fortgehen."
„Erst beantwortet mir eine Frage,
Josephine, ich beschwöre Euch, laßt mich
nicht ohne Antwort. Habt Ihr gestern
Abend ll'aver im Walde getrosten?"'

Herzens Euch gehört, daß ich mir kein Glück denken
kann ohne Euren Besitz —"
Wiederum unterbrach ihn Josephine mit ihrem Hellen
Lachen. „Illusionen, lieber Vetter, weiter nichts," rief
sie. „Ihr müßt mehr vergleichen. Ist Couitesse Ma-
rogna zum Beispiel nicht viel hübscher als ich? Oder
gar die Baronin Frohmanusdorf mit dem seclenvolleu
blauen Auge? Seht sie Euch nur einmal genau an
und ich bin überzeugt, daß ich unendlich daneben ver-
lieren werde."
„Niemals, Josephine, niemals!"
„Wenn jetzt noch nicht," scherzte sie, indem sie die
Weißen Schultern zuckte, „so doch jedenfalls später,
wenn Ihr wirklich meinen Besitz errungen hättet, von
dem Ihr Euch jetzt ein so großes Glück versprecht. Ja,
ja, Vetter, runzelt nur nicht so die Stirne und zieht
die Brauen nicht so drohend zusammen, es steht Euch
nicht gut, Ihr seht Viel hübscher aus, wenn Ihr lacht.

Friedrich Kücken.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. 415.)
 
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