Hest 23.
in diesem Leben anch eine ernste Pflicht zu erfüllen
hat. Doch davon ist jetzt eigentlich nicht die Rede, ich
will ja von der Rovcn sprechen. Aon allem Anfänge
an, als sie hier bei Hofe und in der Gesellschaft er-
schien, empfand ich etwas wie Scheu vor ihr. Es hätte
mich fchon gelockt, auch bei ihr mein ,Glück zu ver-
suchen, besonders da die Freunde — Du weißt ja,
wie diese sind — stachelten und stichelten. Ich hatte
aber das Gefühl, ich müßte eine Niederlage erleiden,
und damals gab ich noch etwas auf meinen Ruf der
llnwiderstehlichkeit. Ich wollte mich nicht einer Nieder-
lage aussetzen und darum mied ich sie. Indessen schien
sie gerade für mich ein besonderes Interesse zu hegen, viel-
leicht eben meines Rufes halber, und ich muß gestehen,
es wurde mir oft schwer, meine kühle Zurückhaltung
zu bewahren. Wenn ich in ihrer Nähe war, glaubte
ich manchmal, ich müsse ihr zu Füßen stürzen; Tags
darauf hatte ich freilich das Gefühl, als wäre ich einer
großen Gefahr entronnen; dann packte mich ein förm-
liches Grauen, über dessen Ursache ich mir nie klar-
geworden bin. Doch laß mich zu Ende kommen. Auf
dem gestrigen Balle hatte ich das — vielbeneidete —
Glück, von ihr besonders ausgezeichnet zu werden. Man
hat das mehr bemerkt, als ich selbst vielleicht, denn
Glückwünsche und Anzüglichkeiten bekam ich genug zu
hören. Und denke Dir, schließlich ließ sich ihre Tante,
die stolze Herbart, so weit herab, mir Vorwürfe zu
machen, daß ich sie nicht besuche. Die Roven mußte
ihr einen Wink gegeben haben, anders kann ich cs mir
nicht erklären. Mir bleibt natürlich nichts Anderes
übrig, als heute den Damen einen Besuch abzustatten.
Ich wollte, er wäre vorüber."
„Du hast jetzt — entschuldige meine Offenheit —
zu meiner Ueberraschung so vernünftig gesprochen, daß
ich Dir auch zumuthe, vernünftig handeln zu können.
UebrigenS machst Du ja heute nur einen etikettemäßigen
Besuch, und Du besitzest ja doch Gewandtheit genug,
um einer bedenklichen Wendung des Gespräches vorzu-
beugen."
Van Son sah auf die Uhr. „Es ist Zeit. Be-
gleite mich, mein Wagen hält unten. Du kannst dann
in dem Club mich erwarten. Die Anderen kommen
heute auch zu einem Frühstück dahin, das Harry gibt."
„Wie, Harry2"
„Vergaß ganz, es Dir zu sagen. Er ist gestern
wieder eingerückt; trug mir ans, Dich zu grüßen."
Die beiden Freunde brachen auf, fuhren zunächst
nach dem Hanse der Gräfin Herbart, und van Son
bestand darauf, daß Oskar, der hier aussteigen wollte,
den Wagen bis zum Clublokale benutze. Er werde
wohl etwas länger verweilen, meinte er, und der Wagen
könne noch rechtzeitig genug znrüekkommen; übrigens
sei es ja heiteres Wetter und der Boden sestgefroren,
im Nothfatle könne er daher auch gehen, wenn er etwa
von den Damen nicht empfangen werden sollte.
Der Fall trat freilich nicht ein, sein Besuch wurde
angenommen. Van Son mußte sich gestehen, daß er-
stich noch nie so unbehaglich gefühlt habe, wie in diesem
Augenblicke, als er in dem kleinen, mit altväterischer
Eleganz ansgestatteten Salon stand. Schon diescr
machte auf ihn einen unangenehmen Eindruck, er liebte
Helle Farben, volles Lieht, bezuemen Raum; hier war
es düster, enge, Alles schwerfällig und verblichen; die
alte Gräfin Hcrbart hielt an dem Alten fest, an alten
Sitten und alten Möbeln, nur neue Menschen, das
heißt junge sah sie gerne um sich. Sie hielt daher
auch offenes Haus, und da sie bei Hofe als Obersthof-
meisterin der Prinzessin Amalie eine angesehene Stel-
lung einnahm, so fand sich an ihren Abenden so ziem-
lich Alles ein, was zur „Gesellschaft" gehörte. Seit
sie ihrer Nichte, der Gräfin Ida Roven, die Stellung
als Hofdame der Prinzessin Amalie verschafft hatte,
waren diese Empfangsäbende noch stärker besucht; denn
die Roven hatte gleich bei ihrem Eintritt in die Ge-
sellschaft Sensation erregt.
Gräfin Ida hatte die Jahre der Kindheit und ersten
Jugend auf den: Gute ihres Vaters zugebracht. Der-
selbe hatte eiust eine bedeutende Rolle als Staatsmann
gespielt, war aber verbittert aus dem Staatsdienste
geschieden, da man ihm mit Undank gelohnt hatte, und
mied fortan den Hof und die Residenz. Es hatte nicht
wenig Mühe gekostet, ihn zu bewegen, daß er seiner
Tochter die Annahme der Stellung als Hofdame ge-
stattete, und er hatte nur der Schwester zu Liebe schließlich
darein gewilligt, da diese erklärte, sie bedürfe bei ihrem
zunehmenden Alter einer Gehilfin und wünsche natür-
lich dazu eine ihr vollständig ergebene Persönlichkeit.
Schließlich hatte Graf Roven auch eingesehen, daß seine
Tochter einmal doch in die Gesellschaft und bei Hofe
eingeführt werden müsse, und wenn sich die Schwester
dieser Mühe unterziehe, so sei es um so besser für ihn,
dann brauche er wenigstens nicht den ihm verhaßten
Boden zu betreten.
Gräfin Ida zählte bereits neunzehn Jahre, als sie
zu der Tante kam. Sie war eine außerordentliche Er-
scheinung, und mit Entzücken hafteten die Augen an
dieser Gestalt, welche so vollkommen allen Gesetzen der
Schönheit entsprach, als wäre sie zum Musterbilde ge-
Das Buch für Alle.
schaffen. Weibliche Anmuth paarte sich in ihr mit
männlicher Kraft, nnd wenn ihre Erscheinung auch immer-
frauenhaft blieb, so lag doch etwas darin, als wäre
sie nach dem Ebenbilde des Mannes geschaffen. So
mußte der Grieche sich Diana gedacht haben, die jung-
fräuliche Schwester Apollo's. Diese Erscheinung fand
ihre natürliche Erklärung darin, daß Gräfin Ida mit
ihrem Bruder alle körperlichen Hebungen gepflegt hatte;
sie war eine vortreffliche Reiterin, turnte, focht und
schwamm wie kaum eine Zweite ihres Geschlechtes, nnd
dem verdankte sie die kraftvolle, ebenmäßige Schönheit
ihres Leibes. Daß Gräfin Ida in frischer Berglust und
Hellern Lichte ausgewachsen war, mochte anch noch eine
andere eigenartige Erscheinung erklären: die Bronze-
farbe ihres Gesichtes. Es schien, als ob unter einer
weißen, durchsichtigen Haut eine dünne Schichte gold-
farbenen Erzes läge, das den seltsamen Effekt eines
bräunlich-hellen Schimmers hervorbringe. Das blau-
schwarze Haar und die großen feurigen Augen stimmten
zu dieser Färbung, und man konnte es vollständig be-
greifen, wenn Jemand ihre Heimath im heißen Süden
gesucht Hütte. Es leuchtete und strahlte etwas von der
Gluth des Südens von diesem Kopfe nnd ans diesen
Augen; nm so überraschender war der Gegensatz der
unbeweglichcn Ruhe ihrer Züge, der stolzen Gemessen-
heit jeder ihrer Bewegungen. Van Son hatte in der
That nicht ganz Unrecht, wenn er von einer „gefrorenen
Gluth" sprach; es war so, als ob vulkanisches Feuer
hinter einer Mauer durchsichtigen Eises lodere.
Ter weltgewandte, Frauen gegenüber so selbst-
bewußte Offizier verbeugte sich, um eine ihm sonst
fremde Verwirrung zu verbergen, tiefer wie nothwendig
war, als Gräfin Ida in den Salon trat.
„Tie Tante läßt um Ihre Nachsicht bitten, sie ist
noch etwas ermüdet von dem gestrigen Abend, und da
sie Nachmittags bei Ihrer Hoheit erscheinen muß, will
sie noch ein wenig der Ruhe pflegen."
«Fortsetzung folgt.)
Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm von Gaden
und seine Graut prinzessm Hilda von Gahan.
«Siche die 2 Porträts auf Seite 529.)
Am 26. April hat in Wien die Verlobung des Erbgroß-
herzogs Friedrich Wilhelm von Baden, eines Enkels des
deutschen Kaisers, mit der Prinzessin Hilda von Nassau statt-
gefunden, und am 27. April wurde dieses frohe Ereignis;
durch ciu Handschreiben des Grostherzogs von Baden an den
Staatsminister Turban, welches die „Karlsruher Zeitung" in
einen; Extrablatt veröffentlichte, der Bevölkerung der badischen
Hauptstadt und dem ganzeu Laude mitgetheilt. Wir führen
unseren Lesern auf S. 529 die Porträts des jungen fürst-
lichen Paares vor. Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm ist am
9. Juli 1857 zu Karlsruhe geboren als der erste Sohn des
Großherzogs Friedrich (geb. 9. September 1826) und der
Großherzogin Luise, Prinzessin von Preußen (geb. 3. Dezem-
ber 1838), der einzigen Tochter des jetzigen deutschen Kaiser-
paares. Der Erbgroßherzog erhielt unter den Augen seiner
Eltern, deren mnstergiltiges Familienleben ja allgemein be-
kannt ist, und unter der Aufsicht des Hofraths Dr. Wagner
eine ausgezeichnete Erziehung, welche er au der Universität
Heidelberg vervollständigte, und machte sodann seine erste
militärische Schule bei dem 1. badischen Leibgrenadierregimeut
Nr. 109 zu Karlsruhe durch. Später kam er nach Potsdam
in das 1. Garderegiment zu Fuß, dem er noch heute als
Major ü la saits nngehört; gegenwärtig ist er zur Dienst-
leistung zum 1. Garde-Ulanenregiment kommaudirt. Bereits
vor einigen Jahren hat er auch während einer schweren
Krankheit des Großherzogs dessen Stelle vertreten und in
seinem Namen zu allgemeiner Zufriedenheit das Staatswesen
geleitet. — Die Braut, Prinzessin Hilda von Nassau, ist ge-
boren am 5. November 1864 zu Biebrich als die Tochter des
ehemaligen Herzogs Adolph von Nassau (geb. 24. Juli 1817)
aus dessen zweiter Ehe mit der Herzogin Adelheid Marie
(geb. 25. Dezember 1833), Tochter des verstorbenen Prinzen
Friedrich von Anhalt. Die Prinzessin gilt für geistvoll, an-
muthig und liebenswürdig; sie erhielt eine vorzügliche Er-
ziehung theils in Wien, theils auf dem schönen Schlosse Hohen-
burg bei Lenggries in Oberbayern, welches der Herzog zn
Anfang der siebenziger Jahre käuflich erworben hat. Der Erb-
großherzog hatte gelegentlich eines Besuches bei der Familie
des Herzogs von Nassau auf Schloß Königstein im Taunus
zu Anfang dieses Jahres die nähere Bekanntschaft der Prin-
zessin gemacht, nnd schon damals tauchten Gerüchte von
einer Verlobung des jungen Paares ans, welche nunmehr
ihre Bestätigung gesunden haben. Eine politische Bedeutung
hat diese Verlobung, welche der Großherzog von Baden in
seinen; erwähnten Handschreiben als eine „aus reinster Nei-
gung entstandene Verbindung" bezeichnet, aber dadurch ge-
wonnen, daß sie zugleich die volle Aussöhnung des preußischen
Königshauses mit dem Hause Nassau kundthut.
Messtua.
«Siehe das obere Bild aus Seite 532.)
Wenn der von Neapel kommende Dampfer aus dem süd-
östlichen Winkel des tyrrhenischen Meeres in die herrliche
Meerenge von Messina einbiegt, so erblicken die Reisenden
bald an; Fuße der malerischen Anhöhen der sicilischen Küste
die langen weiße;; Häuserzeilen von Messina, überragt von;
Fort Gonzaga. Die Lage der Stadt, welche etwa 77,000 Ein-
535
wohner zählt, erweist sich von der See aus als herrlich,
lieber die in; Hasen liegenden wohlgeschützten Schiffe hinweg
erblickt man links die Citadelle und den Bahnhof; mehr rechts
zieht sich der mit schönen hohen Gebäuden besetzte nunmehrige
Corso Vittorio Emaunele, früher Via della Marina, hin, und
weiter hinaus parallel mit demselben die HanptverkehrSader
der Stadt, die breite mit schönen Lüden ansgestattete Strada .
Garibaldi. Der noch höher sich hinziehende, von der Villetta
Mazzini ausgehende Corso Cavour ist die Straße des kleineren
Verkehrs, mit stattlichen, meist modernen Häusern, der Prä-i
sektnr, Post, Polizei und Quüstur. Außer den verschiedenen
Kirchen mit ihren Knnstschätzen sind an öffentlichen Gebäuden
sehenswerth das alte Bürgerspital, Ospedale civico, von 1542
bis 1605 erbaut, die 15Ä gegründete Universität, das mo-
derne Stadthaus, Palazzo della Citta, das Teatro Vittorio
Emanuele und die beiden prächtigen Brunnen Monte Nettuno
und Fontana del Duomo bei dem im höchsten Grade sehens-
werthen Dom. Allein für Denjenigen, welcher sich nicht für
Handel und Verkehr interessirt, ist nicht die Stadt selbst die
Hauptsache, sondern die herrliche Umgebung, welche zn
größeren und kleineren Ausflügen einlüdt. Unter den letzteren
sind besonders genußreich wegen ihrer herrlichen Aussichten
das hochgelegene Fort Gonzaga, das Castellaccio, ein jetzt ver-
lassenes Fort, und das nun theilweise zu einem Gefängniß
eingerichtete Kapuzinerkloster, Cappuccini, auf der ersten An-
höhe hinter der Stadt, von wo aus auch unsere Ansicht auf
S. 532 ausgenommen ist. Man hat von dort aus ein Pano-
rama von ganz Messina und der Meerenge bis zur calabre-
sischen Küste hinüber. Besichtigenswerth ist ferner der Friedhof
(Campo fanto), und der Leuchtthurm auf der Landzunge. Zu
weiteren Ausflügen stehen Dampferlinien und Eisenbahn, weich'
letztere der ganzen sicilischen Ostküste entlang bis Syrakus führt,
zur Verfügung. Jedenfalls verlohnt es sich, in Messina, den;
Zankle der Alten, einige Tage zu verbringen, besonders anch
um das Volksleben zu studiren, das noch rühriger und auf-
geregter ist als dasjenige von Neapel, nnd um die wahrhaft
paradiesische Natur Siciliens in ihrer ganzen Fülle und
Mannigfaltigkeit kennen zu lernen.
Eine Meße in der römischen Campagna.
(Siehe das untere Bild auf Seite 532.)
Unter der „Campagna di Roma" im engeren Sinne ver-
steht man jenes ausgedehnte, zum größten Theil öde und
kulturlose Flachland rings um die Siebenhügelstadt, welches,
von den; Tiber und dem Anio durchflossen, in; Südei; von
Albano und Palestrinn, im Osten von Tivoli, im Norden
von dem Linie Soracte-Civitavecchia und im Westen von dem
Gestade bei Ostia begrenzt wird. Der eigentliche Agro Ro-
mano, d. h. das Gebiet der Gemeinde Roms, umfaßt nicht
weniger als 204,350 Hektar, aber auf dieser ungeheuren Ebene,
die mit Recht ihres ungesunden Charakters wegen verrufen
ist, finden sich nur 4000 seßhafte Einwohner. Die ganze
Bearbeitung des Bodens und das Einbringen der Ernten be-
sorgen daher fremde Arbeiter ans den Marken, den Abruzzen
und ans Umbrien, so daß vom Juli an gewöhnlich gegen
30,000 dieser von den Pächtern der großen Landgüter oder
Tenuten angeworbenen Fremden in der Campagna thütig sind.
Diese Leute Hansen, da in der ganzen Campagna die Wohn-
stätten sehr selten sind nnd Ortschaften gänzlich fehlen, unter
aus Stauden oder Rasen hergestellten Schutzhütten, über-
nachten auch wohl im freien Felde, indem sie sich durch Ein-
wickeln in Schafpelze und durch Anzünden großer Feuer nor-
den Dünsten der Malaria zn schützen suchen. Natürlich gibt
es auch nirgendwo in der Campagna Kirchen, wo die Schaa-
ren dieser Arbeiter, die, wie das gesammte italienische Land-
volk, sehr kirchlich gesinnt sind, dem Gottesdienste beiwohnen
könnten, nnd man ist daher ans die Idee gekommen, eine
Art ambulanter Kapellen einzuführen, die von einem Gute zum
anderen befördert werden können nnd in denen von Zeit zn
Zeit Morgens früh vor Beginn der Arbeit in; freien Felde eine
Messe für die betreffenden Arbeiter gelesen wird. Es sind zmei-
räderige, meist von einem der mächtigen Büffel aus der Cam-
pagna gezogene Karren mit einem hölzernen Hänschen, in dein
sich der einfache Altar befindet. Sobald nun in der Frühe eine
derartige ambulante Kapelle sichtbar wird, strömen die Ar-
beiter des Bezirks hinzu; der Büffel wird abgespannt und
der Priester liest mitten im Felde eine Messe, während die
Männer, Frauen und Kinder rings herum knieen. Unser unteres
Bild auf S. 532 veranschaulicht einen derartigen eigenartigen
Gottesdienst. Der Priester hat soeben die Messe mit den;
„lös, nrissa sst" beendet nnd ertheilt nun den Gläubigen
den Segen, indem er sie mit Weihwasser besprengt, worauf
sie dann unverdrossen an ihr mühsames Tagewerk gehen.
Der erste Auerhahn.
«Siche das Bild auf Seite 533.)
Den balzenden Auerhahn in früher Morgenstunde, wenn
kaum der erste Schimmer am fahlen Aprilhimmel sich zeigt,
zn beschleichen und durch einen sicheren Schuß vom Baume
herabzuholen, ist ein Jägerstück, das nicht Jeder auszufllhren
vermag, denn der scheue Vogel bleibt anch während der Periode
seiner Liebestollheit noch vorsichtig nnd läßt sich nur vom ge-
übten Jäger berücken. Es ist daher kein Wunder, daß der
junge Försterssohn, den wir auf den; hübschen Bilde von
H. Leinweber „Der erste Auerhahn" (siehe unfern Holzschnitt
auf S. 533) freudestrahlend in's Zimmer treten sehen, wo
die überraschten Eltern und Geschwister gerade beim Früh-
stück sitzen, nicht wenig stolz aus das abgelegte Probestück ist,
welches zeigt, daß er in der Schule seines Vaters ein tüch-
tiger Jägersmann geworden isü Das hübsch komponirte, in
lebendiger, lebenswahrer Weise durchgeführte und keines
weiteren Kommentars bedürfende Genrebild wird anch in den
Kreisen des Publikums, welche nicht zn den Jagdliebhabern
gehören, allgemeinen Beifall finden.
in diesem Leben anch eine ernste Pflicht zu erfüllen
hat. Doch davon ist jetzt eigentlich nicht die Rede, ich
will ja von der Rovcn sprechen. Aon allem Anfänge
an, als sie hier bei Hofe und in der Gesellschaft er-
schien, empfand ich etwas wie Scheu vor ihr. Es hätte
mich fchon gelockt, auch bei ihr mein ,Glück zu ver-
suchen, besonders da die Freunde — Du weißt ja,
wie diese sind — stachelten und stichelten. Ich hatte
aber das Gefühl, ich müßte eine Niederlage erleiden,
und damals gab ich noch etwas auf meinen Ruf der
llnwiderstehlichkeit. Ich wollte mich nicht einer Nieder-
lage aussetzen und darum mied ich sie. Indessen schien
sie gerade für mich ein besonderes Interesse zu hegen, viel-
leicht eben meines Rufes halber, und ich muß gestehen,
es wurde mir oft schwer, meine kühle Zurückhaltung
zu bewahren. Wenn ich in ihrer Nähe war, glaubte
ich manchmal, ich müsse ihr zu Füßen stürzen; Tags
darauf hatte ich freilich das Gefühl, als wäre ich einer
großen Gefahr entronnen; dann packte mich ein förm-
liches Grauen, über dessen Ursache ich mir nie klar-
geworden bin. Doch laß mich zu Ende kommen. Auf
dem gestrigen Balle hatte ich das — vielbeneidete —
Glück, von ihr besonders ausgezeichnet zu werden. Man
hat das mehr bemerkt, als ich selbst vielleicht, denn
Glückwünsche und Anzüglichkeiten bekam ich genug zu
hören. Und denke Dir, schließlich ließ sich ihre Tante,
die stolze Herbart, so weit herab, mir Vorwürfe zu
machen, daß ich sie nicht besuche. Die Roven mußte
ihr einen Wink gegeben haben, anders kann ich cs mir
nicht erklären. Mir bleibt natürlich nichts Anderes
übrig, als heute den Damen einen Besuch abzustatten.
Ich wollte, er wäre vorüber."
„Du hast jetzt — entschuldige meine Offenheit —
zu meiner Ueberraschung so vernünftig gesprochen, daß
ich Dir auch zumuthe, vernünftig handeln zu können.
UebrigenS machst Du ja heute nur einen etikettemäßigen
Besuch, und Du besitzest ja doch Gewandtheit genug,
um einer bedenklichen Wendung des Gespräches vorzu-
beugen."
Van Son sah auf die Uhr. „Es ist Zeit. Be-
gleite mich, mein Wagen hält unten. Du kannst dann
in dem Club mich erwarten. Die Anderen kommen
heute auch zu einem Frühstück dahin, das Harry gibt."
„Wie, Harry2"
„Vergaß ganz, es Dir zu sagen. Er ist gestern
wieder eingerückt; trug mir ans, Dich zu grüßen."
Die beiden Freunde brachen auf, fuhren zunächst
nach dem Hanse der Gräfin Herbart, und van Son
bestand darauf, daß Oskar, der hier aussteigen wollte,
den Wagen bis zum Clublokale benutze. Er werde
wohl etwas länger verweilen, meinte er, und der Wagen
könne noch rechtzeitig genug znrüekkommen; übrigens
sei es ja heiteres Wetter und der Boden sestgefroren,
im Nothfatle könne er daher auch gehen, wenn er etwa
von den Damen nicht empfangen werden sollte.
Der Fall trat freilich nicht ein, sein Besuch wurde
angenommen. Van Son mußte sich gestehen, daß er-
stich noch nie so unbehaglich gefühlt habe, wie in diesem
Augenblicke, als er in dem kleinen, mit altväterischer
Eleganz ansgestatteten Salon stand. Schon diescr
machte auf ihn einen unangenehmen Eindruck, er liebte
Helle Farben, volles Lieht, bezuemen Raum; hier war
es düster, enge, Alles schwerfällig und verblichen; die
alte Gräfin Hcrbart hielt an dem Alten fest, an alten
Sitten und alten Möbeln, nur neue Menschen, das
heißt junge sah sie gerne um sich. Sie hielt daher
auch offenes Haus, und da sie bei Hofe als Obersthof-
meisterin der Prinzessin Amalie eine angesehene Stel-
lung einnahm, so fand sich an ihren Abenden so ziem-
lich Alles ein, was zur „Gesellschaft" gehörte. Seit
sie ihrer Nichte, der Gräfin Ida Roven, die Stellung
als Hofdame der Prinzessin Amalie verschafft hatte,
waren diese Empfangsäbende noch stärker besucht; denn
die Roven hatte gleich bei ihrem Eintritt in die Ge-
sellschaft Sensation erregt.
Gräfin Ida hatte die Jahre der Kindheit und ersten
Jugend auf den: Gute ihres Vaters zugebracht. Der-
selbe hatte eiust eine bedeutende Rolle als Staatsmann
gespielt, war aber verbittert aus dem Staatsdienste
geschieden, da man ihm mit Undank gelohnt hatte, und
mied fortan den Hof und die Residenz. Es hatte nicht
wenig Mühe gekostet, ihn zu bewegen, daß er seiner
Tochter die Annahme der Stellung als Hofdame ge-
stattete, und er hatte nur der Schwester zu Liebe schließlich
darein gewilligt, da diese erklärte, sie bedürfe bei ihrem
zunehmenden Alter einer Gehilfin und wünsche natür-
lich dazu eine ihr vollständig ergebene Persönlichkeit.
Schließlich hatte Graf Roven auch eingesehen, daß seine
Tochter einmal doch in die Gesellschaft und bei Hofe
eingeführt werden müsse, und wenn sich die Schwester
dieser Mühe unterziehe, so sei es um so besser für ihn,
dann brauche er wenigstens nicht den ihm verhaßten
Boden zu betreten.
Gräfin Ida zählte bereits neunzehn Jahre, als sie
zu der Tante kam. Sie war eine außerordentliche Er-
scheinung, und mit Entzücken hafteten die Augen an
dieser Gestalt, welche so vollkommen allen Gesetzen der
Schönheit entsprach, als wäre sie zum Musterbilde ge-
Das Buch für Alle.
schaffen. Weibliche Anmuth paarte sich in ihr mit
männlicher Kraft, nnd wenn ihre Erscheinung auch immer-
frauenhaft blieb, so lag doch etwas darin, als wäre
sie nach dem Ebenbilde des Mannes geschaffen. So
mußte der Grieche sich Diana gedacht haben, die jung-
fräuliche Schwester Apollo's. Diese Erscheinung fand
ihre natürliche Erklärung darin, daß Gräfin Ida mit
ihrem Bruder alle körperlichen Hebungen gepflegt hatte;
sie war eine vortreffliche Reiterin, turnte, focht und
schwamm wie kaum eine Zweite ihres Geschlechtes, nnd
dem verdankte sie die kraftvolle, ebenmäßige Schönheit
ihres Leibes. Daß Gräfin Ida in frischer Berglust und
Hellern Lichte ausgewachsen war, mochte anch noch eine
andere eigenartige Erscheinung erklären: die Bronze-
farbe ihres Gesichtes. Es schien, als ob unter einer
weißen, durchsichtigen Haut eine dünne Schichte gold-
farbenen Erzes läge, das den seltsamen Effekt eines
bräunlich-hellen Schimmers hervorbringe. Das blau-
schwarze Haar und die großen feurigen Augen stimmten
zu dieser Färbung, und man konnte es vollständig be-
greifen, wenn Jemand ihre Heimath im heißen Süden
gesucht Hütte. Es leuchtete und strahlte etwas von der
Gluth des Südens von diesem Kopfe nnd ans diesen
Augen; nm so überraschender war der Gegensatz der
unbeweglichcn Ruhe ihrer Züge, der stolzen Gemessen-
heit jeder ihrer Bewegungen. Van Son hatte in der
That nicht ganz Unrecht, wenn er von einer „gefrorenen
Gluth" sprach; es war so, als ob vulkanisches Feuer
hinter einer Mauer durchsichtigen Eises lodere.
Ter weltgewandte, Frauen gegenüber so selbst-
bewußte Offizier verbeugte sich, um eine ihm sonst
fremde Verwirrung zu verbergen, tiefer wie nothwendig
war, als Gräfin Ida in den Salon trat.
„Tie Tante läßt um Ihre Nachsicht bitten, sie ist
noch etwas ermüdet von dem gestrigen Abend, und da
sie Nachmittags bei Ihrer Hoheit erscheinen muß, will
sie noch ein wenig der Ruhe pflegen."
«Fortsetzung folgt.)
Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm von Gaden
und seine Graut prinzessm Hilda von Gahan.
«Siche die 2 Porträts auf Seite 529.)
Am 26. April hat in Wien die Verlobung des Erbgroß-
herzogs Friedrich Wilhelm von Baden, eines Enkels des
deutschen Kaisers, mit der Prinzessin Hilda von Nassau statt-
gefunden, und am 27. April wurde dieses frohe Ereignis;
durch ciu Handschreiben des Grostherzogs von Baden an den
Staatsminister Turban, welches die „Karlsruher Zeitung" in
einen; Extrablatt veröffentlichte, der Bevölkerung der badischen
Hauptstadt und dem ganzeu Laude mitgetheilt. Wir führen
unseren Lesern auf S. 529 die Porträts des jungen fürst-
lichen Paares vor. Erbgroßherzog Friedrich Wilhelm ist am
9. Juli 1857 zu Karlsruhe geboren als der erste Sohn des
Großherzogs Friedrich (geb. 9. September 1826) und der
Großherzogin Luise, Prinzessin von Preußen (geb. 3. Dezem-
ber 1838), der einzigen Tochter des jetzigen deutschen Kaiser-
paares. Der Erbgroßherzog erhielt unter den Augen seiner
Eltern, deren mnstergiltiges Familienleben ja allgemein be-
kannt ist, und unter der Aufsicht des Hofraths Dr. Wagner
eine ausgezeichnete Erziehung, welche er au der Universität
Heidelberg vervollständigte, und machte sodann seine erste
militärische Schule bei dem 1. badischen Leibgrenadierregimeut
Nr. 109 zu Karlsruhe durch. Später kam er nach Potsdam
in das 1. Garderegiment zu Fuß, dem er noch heute als
Major ü la saits nngehört; gegenwärtig ist er zur Dienst-
leistung zum 1. Garde-Ulanenregiment kommaudirt. Bereits
vor einigen Jahren hat er auch während einer schweren
Krankheit des Großherzogs dessen Stelle vertreten und in
seinem Namen zu allgemeiner Zufriedenheit das Staatswesen
geleitet. — Die Braut, Prinzessin Hilda von Nassau, ist ge-
boren am 5. November 1864 zu Biebrich als die Tochter des
ehemaligen Herzogs Adolph von Nassau (geb. 24. Juli 1817)
aus dessen zweiter Ehe mit der Herzogin Adelheid Marie
(geb. 25. Dezember 1833), Tochter des verstorbenen Prinzen
Friedrich von Anhalt. Die Prinzessin gilt für geistvoll, an-
muthig und liebenswürdig; sie erhielt eine vorzügliche Er-
ziehung theils in Wien, theils auf dem schönen Schlosse Hohen-
burg bei Lenggries in Oberbayern, welches der Herzog zn
Anfang der siebenziger Jahre käuflich erworben hat. Der Erb-
großherzog hatte gelegentlich eines Besuches bei der Familie
des Herzogs von Nassau auf Schloß Königstein im Taunus
zu Anfang dieses Jahres die nähere Bekanntschaft der Prin-
zessin gemacht, nnd schon damals tauchten Gerüchte von
einer Verlobung des jungen Paares ans, welche nunmehr
ihre Bestätigung gesunden haben. Eine politische Bedeutung
hat diese Verlobung, welche der Großherzog von Baden in
seinen; erwähnten Handschreiben als eine „aus reinster Nei-
gung entstandene Verbindung" bezeichnet, aber dadurch ge-
wonnen, daß sie zugleich die volle Aussöhnung des preußischen
Königshauses mit dem Hause Nassau kundthut.
Messtua.
«Siehe das obere Bild aus Seite 532.)
Wenn der von Neapel kommende Dampfer aus dem süd-
östlichen Winkel des tyrrhenischen Meeres in die herrliche
Meerenge von Messina einbiegt, so erblicken die Reisenden
bald an; Fuße der malerischen Anhöhen der sicilischen Küste
die langen weiße;; Häuserzeilen von Messina, überragt von;
Fort Gonzaga. Die Lage der Stadt, welche etwa 77,000 Ein-
535
wohner zählt, erweist sich von der See aus als herrlich,
lieber die in; Hasen liegenden wohlgeschützten Schiffe hinweg
erblickt man links die Citadelle und den Bahnhof; mehr rechts
zieht sich der mit schönen hohen Gebäuden besetzte nunmehrige
Corso Vittorio Emaunele, früher Via della Marina, hin, und
weiter hinaus parallel mit demselben die HanptverkehrSader
der Stadt, die breite mit schönen Lüden ansgestattete Strada .
Garibaldi. Der noch höher sich hinziehende, von der Villetta
Mazzini ausgehende Corso Cavour ist die Straße des kleineren
Verkehrs, mit stattlichen, meist modernen Häusern, der Prä-i
sektnr, Post, Polizei und Quüstur. Außer den verschiedenen
Kirchen mit ihren Knnstschätzen sind an öffentlichen Gebäuden
sehenswerth das alte Bürgerspital, Ospedale civico, von 1542
bis 1605 erbaut, die 15Ä gegründete Universität, das mo-
derne Stadthaus, Palazzo della Citta, das Teatro Vittorio
Emanuele und die beiden prächtigen Brunnen Monte Nettuno
und Fontana del Duomo bei dem im höchsten Grade sehens-
werthen Dom. Allein für Denjenigen, welcher sich nicht für
Handel und Verkehr interessirt, ist nicht die Stadt selbst die
Hauptsache, sondern die herrliche Umgebung, welche zn
größeren und kleineren Ausflügen einlüdt. Unter den letzteren
sind besonders genußreich wegen ihrer herrlichen Aussichten
das hochgelegene Fort Gonzaga, das Castellaccio, ein jetzt ver-
lassenes Fort, und das nun theilweise zu einem Gefängniß
eingerichtete Kapuzinerkloster, Cappuccini, auf der ersten An-
höhe hinter der Stadt, von wo aus auch unsere Ansicht auf
S. 532 ausgenommen ist. Man hat von dort aus ein Pano-
rama von ganz Messina und der Meerenge bis zur calabre-
sischen Küste hinüber. Besichtigenswerth ist ferner der Friedhof
(Campo fanto), und der Leuchtthurm auf der Landzunge. Zu
weiteren Ausflügen stehen Dampferlinien und Eisenbahn, weich'
letztere der ganzen sicilischen Ostküste entlang bis Syrakus führt,
zur Verfügung. Jedenfalls verlohnt es sich, in Messina, den;
Zankle der Alten, einige Tage zu verbringen, besonders anch
um das Volksleben zu studiren, das noch rühriger und auf-
geregter ist als dasjenige von Neapel, nnd um die wahrhaft
paradiesische Natur Siciliens in ihrer ganzen Fülle und
Mannigfaltigkeit kennen zu lernen.
Eine Meße in der römischen Campagna.
(Siehe das untere Bild auf Seite 532.)
Unter der „Campagna di Roma" im engeren Sinne ver-
steht man jenes ausgedehnte, zum größten Theil öde und
kulturlose Flachland rings um die Siebenhügelstadt, welches,
von den; Tiber und dem Anio durchflossen, in; Südei; von
Albano und Palestrinn, im Osten von Tivoli, im Norden
von dem Linie Soracte-Civitavecchia und im Westen von dem
Gestade bei Ostia begrenzt wird. Der eigentliche Agro Ro-
mano, d. h. das Gebiet der Gemeinde Roms, umfaßt nicht
weniger als 204,350 Hektar, aber auf dieser ungeheuren Ebene,
die mit Recht ihres ungesunden Charakters wegen verrufen
ist, finden sich nur 4000 seßhafte Einwohner. Die ganze
Bearbeitung des Bodens und das Einbringen der Ernten be-
sorgen daher fremde Arbeiter ans den Marken, den Abruzzen
und ans Umbrien, so daß vom Juli an gewöhnlich gegen
30,000 dieser von den Pächtern der großen Landgüter oder
Tenuten angeworbenen Fremden in der Campagna thütig sind.
Diese Leute Hansen, da in der ganzen Campagna die Wohn-
stätten sehr selten sind nnd Ortschaften gänzlich fehlen, unter
aus Stauden oder Rasen hergestellten Schutzhütten, über-
nachten auch wohl im freien Felde, indem sie sich durch Ein-
wickeln in Schafpelze und durch Anzünden großer Feuer nor-
den Dünsten der Malaria zn schützen suchen. Natürlich gibt
es auch nirgendwo in der Campagna Kirchen, wo die Schaa-
ren dieser Arbeiter, die, wie das gesammte italienische Land-
volk, sehr kirchlich gesinnt sind, dem Gottesdienste beiwohnen
könnten, nnd man ist daher ans die Idee gekommen, eine
Art ambulanter Kapellen einzuführen, die von einem Gute zum
anderen befördert werden können nnd in denen von Zeit zn
Zeit Morgens früh vor Beginn der Arbeit in; freien Felde eine
Messe für die betreffenden Arbeiter gelesen wird. Es sind zmei-
räderige, meist von einem der mächtigen Büffel aus der Cam-
pagna gezogene Karren mit einem hölzernen Hänschen, in dein
sich der einfache Altar befindet. Sobald nun in der Frühe eine
derartige ambulante Kapelle sichtbar wird, strömen die Ar-
beiter des Bezirks hinzu; der Büffel wird abgespannt und
der Priester liest mitten im Felde eine Messe, während die
Männer, Frauen und Kinder rings herum knieen. Unser unteres
Bild auf S. 532 veranschaulicht einen derartigen eigenartigen
Gottesdienst. Der Priester hat soeben die Messe mit den;
„lös, nrissa sst" beendet nnd ertheilt nun den Gläubigen
den Segen, indem er sie mit Weihwasser besprengt, worauf
sie dann unverdrossen an ihr mühsames Tagewerk gehen.
Der erste Auerhahn.
«Siche das Bild auf Seite 533.)
Den balzenden Auerhahn in früher Morgenstunde, wenn
kaum der erste Schimmer am fahlen Aprilhimmel sich zeigt,
zn beschleichen und durch einen sicheren Schuß vom Baume
herabzuholen, ist ein Jägerstück, das nicht Jeder auszufllhren
vermag, denn der scheue Vogel bleibt anch während der Periode
seiner Liebestollheit noch vorsichtig nnd läßt sich nur vom ge-
übten Jäger berücken. Es ist daher kein Wunder, daß der
junge Försterssohn, den wir auf den; hübschen Bilde von
H. Leinweber „Der erste Auerhahn" (siehe unfern Holzschnitt
auf S. 533) freudestrahlend in's Zimmer treten sehen, wo
die überraschten Eltern und Geschwister gerade beim Früh-
stück sitzen, nicht wenig stolz aus das abgelegte Probestück ist,
welches zeigt, daß er in der Schule seines Vaters ein tüch-
tiger Jägersmann geworden isü Das hübsch komponirte, in
lebendiger, lebenswahrer Weise durchgeführte und keines
weiteren Kommentars bedürfende Genrebild wird anch in den
Kreisen des Publikums, welche nicht zn den Jagdliebhabern
gehören, allgemeinen Beifall finden.