Var Luch sürMle
Illustnette ^amilienrestung
27. fiest. 19W.
lSorqehung.)
51. yudertus. Nach einem Semalde von N. yutscheni-euchei-. (5. 592)
pfeifendem Atem, das eingefallene Gesicht in Fieber-
hitze brennend, die Hände unruhig auf der Decke
hin und her zuckend, verwirrte Worte murmelnd,
der Kranke lag.
Den grauen Bart zwischen die Zähne zerrend
stand Christian Havestrand, und von der Stirn fiel
ihm der Schweiß in großen Tropfen nieder.
Dann drückte er lautlos die Tür wieder zu und ging
mit Walter Niefenstahl ins Wohnzimmer hinunter.
Da hörte er denn auch auf seine Frage, wie das
Freifräulein v. d. Eichen hierhergekommen und als
was sie hier im Hause war.
Kontorfrüulein war sie also, und hier im Hause
wohnte sie, aß mit am Tische und konnte womöglich
jeden Augenblick dort zur Tür hereintreten!
Er sprang von seinem Stichle auf. „Helfen kann
ich ja doch nichts, da will ich nur wieder gehen und
mir im Goldenen Löwen ein Nachtquartier suchen.
Morgen früh frag' ich wieder an."
Ohne ein Wort des Abschieds lief er fort. Wut,
Sorge und Angst erstickten ihn fast.
Im Goldenen Löwen ließ er sich dann zwei
Flaschen Rotwein auf seine Stube bringen, und bei
dem saß er die halbe Nacht hindurch, bis ihm die
Gedanken im Kopf wie Blei so schwer wurden, daß
er sich kaum zu seinem Lager fand, über das er sich
hinwarf und auf dem er die Nacht bis zum Hellen
Morgen verschlief. —
Auf Edelas Lider senkte sich keinen Augenblick der
Schlummer herab, und doch war sie so müde, wie
nur Hoffnungslosigkeit
müde sein kann, die er-
kannt hat, daß sie an
ihres Lebens Grenzen
angelangt ist, wie lang
auch noch das Dasein sei,
das vor ihr lag. Noch
da sein, weiter dauern
— aber nicht mehr leben!
Das war zu Ende, wie
auch die Lose fallenmoch-
ten, die jenseits des Flurs
über Tod und Leben ent-
schieden.
Wenn ans dem Flur
draußen der schlurfende
Schritt der alten Hei-
nersdorf hörbar wurde,
schreckte sie zusammen
und stand lauschend mit
vorgeneigtem Kopf, ob
in der Küche, die unter
ihrer Stube lag, das leise
Krachen der zerkleinerten
Eisstückchen wieder ver-
nehmbar wurde. Ja, sie
hörte es noch, hörte, wie
die Alte mit dem frisch-
gefüllten Eisbeutel wie-
der zurückkam.
Sie legten noch im-
mer Eis auf — also lebte
er noch!
Gegen Mitternacht
holten sie den Arzt noch
einmal. Der blieb bis
zum Morgengrauen da,
und als er ging, sagte er
auf dem Flur: „Die
Schlacht hätten wir ge-
wonnen ! Ich hätt's kaum
mehr gedacht!"
Edela stürzte vor ihrem
Lager in die Knies und
rang die Hände. —
Walter Riefenstahl
war selbst in den Löwen
hinuntergelaufen, dem
Vater die frohe Bot-
schaft zu bringen. Es
hatte kräftigen Klopfens
bedurft, bevor sich Chri-
stian Havestrand ermun-
terte, und als er dann das
rote Gesicht mit dem zer-
wühlten grauen Haar
zur Tür herausstreckte,
war's, als müßte er sich
erst darauf besinnen, wer
der da draußen war und
Wie hatte sie das gemeint?
her, wo auch sein Sohn
war — sein Sohn, von
dem in allen Zeitungen
zu lesen war. Hatten sie
sich vielleicht zur schönen
Versöhnung hier zu-
sammengefunden? Oder
war's, daß man einem
— einem Toten nichts
mehr nachtrug?
Jetzt würde der Herr
Ingenieur wohl schon
gestorben sein, hatte vor-
hin der Junge gesagt.
Seine Blicke fuhren
an den Fenstern der Villa
hin und her. Kam denn
niemand, der ihm sagte,
wie's da drinnen stand?
Dort trat einer aus
dem Hause heraus. Dem
lief er nun entgegen. Es
war Walter Niefenstahl,
und auf den ersten Blick
wußte dieser, wen er vor
sich hatte. Er streckte die
Hand aus, sagte mit war-
mer Herzlichkeit eiu tröst-
liches Wort und daß man
die Hoffnung nicht ver-
lieren dürfe.
„Er lebt also noch?"
„Gewiß, Herr Have-
strand. Nur heftiges
Fieber hat er und phan-
tasiert. Niemand darf zu
ihm als der Doktor und
die alte Heinersdorf, die
ihn pflegt."
Christian Havestrand
wollte die alte Frau auf
jeden Fall sprechen.
Sie kam die Treppe
herab, wiegte den Kopf
hm und her und mur-
melte: „Auf einundvier-
zrg steht das Fieber-
thermometer. Wenn's
nur nicht auf zweiund-
vwrzig steigt!"
Christian Havestrand
wurde wild. „Wenn ich
schon nicht mit ihm spre-
chen soll — sehen will ich
chn unbedingt!"
Das konnten sie dem
Vater nicht verweigern
und ließen ihn durch
euren Türspalt zum Bett
hmüberblicken, wo mit
Var Hand der liebenden.
Roman von stedwig Rbt.
. . '.. — (Nachdruck verboten.)
och Edelas Mund hatte sich fest ge-
schlossen, die Lider hatten sich ihr tief
über die Augen gesenkt, und langsam
wandte sie sich und schritt die Straße
hinauf.
Die Augen quollen Christian Havestrand aus dem
Kopfe hervor, wie er ihr nachsah, bis ihre Gestalt im
Abenddämmer verschwamm. Was hatte sie gesagt?
Und wie kam sie hier-
-
HW
XXVII. Idio
Illustnette ^amilienrestung
27. fiest. 19W.
lSorqehung.)
51. yudertus. Nach einem Semalde von N. yutscheni-euchei-. (5. 592)
pfeifendem Atem, das eingefallene Gesicht in Fieber-
hitze brennend, die Hände unruhig auf der Decke
hin und her zuckend, verwirrte Worte murmelnd,
der Kranke lag.
Den grauen Bart zwischen die Zähne zerrend
stand Christian Havestrand, und von der Stirn fiel
ihm der Schweiß in großen Tropfen nieder.
Dann drückte er lautlos die Tür wieder zu und ging
mit Walter Niefenstahl ins Wohnzimmer hinunter.
Da hörte er denn auch auf seine Frage, wie das
Freifräulein v. d. Eichen hierhergekommen und als
was sie hier im Hause war.
Kontorfrüulein war sie also, und hier im Hause
wohnte sie, aß mit am Tische und konnte womöglich
jeden Augenblick dort zur Tür hereintreten!
Er sprang von seinem Stichle auf. „Helfen kann
ich ja doch nichts, da will ich nur wieder gehen und
mir im Goldenen Löwen ein Nachtquartier suchen.
Morgen früh frag' ich wieder an."
Ohne ein Wort des Abschieds lief er fort. Wut,
Sorge und Angst erstickten ihn fast.
Im Goldenen Löwen ließ er sich dann zwei
Flaschen Rotwein auf seine Stube bringen, und bei
dem saß er die halbe Nacht hindurch, bis ihm die
Gedanken im Kopf wie Blei so schwer wurden, daß
er sich kaum zu seinem Lager fand, über das er sich
hinwarf und auf dem er die Nacht bis zum Hellen
Morgen verschlief. —
Auf Edelas Lider senkte sich keinen Augenblick der
Schlummer herab, und doch war sie so müde, wie
nur Hoffnungslosigkeit
müde sein kann, die er-
kannt hat, daß sie an
ihres Lebens Grenzen
angelangt ist, wie lang
auch noch das Dasein sei,
das vor ihr lag. Noch
da sein, weiter dauern
— aber nicht mehr leben!
Das war zu Ende, wie
auch die Lose fallenmoch-
ten, die jenseits des Flurs
über Tod und Leben ent-
schieden.
Wenn ans dem Flur
draußen der schlurfende
Schritt der alten Hei-
nersdorf hörbar wurde,
schreckte sie zusammen
und stand lauschend mit
vorgeneigtem Kopf, ob
in der Küche, die unter
ihrer Stube lag, das leise
Krachen der zerkleinerten
Eisstückchen wieder ver-
nehmbar wurde. Ja, sie
hörte es noch, hörte, wie
die Alte mit dem frisch-
gefüllten Eisbeutel wie-
der zurückkam.
Sie legten noch im-
mer Eis auf — also lebte
er noch!
Gegen Mitternacht
holten sie den Arzt noch
einmal. Der blieb bis
zum Morgengrauen da,
und als er ging, sagte er
auf dem Flur: „Die
Schlacht hätten wir ge-
wonnen ! Ich hätt's kaum
mehr gedacht!"
Edela stürzte vor ihrem
Lager in die Knies und
rang die Hände. —
Walter Riefenstahl
war selbst in den Löwen
hinuntergelaufen, dem
Vater die frohe Bot-
schaft zu bringen. Es
hatte kräftigen Klopfens
bedurft, bevor sich Chri-
stian Havestrand ermun-
terte, und als er dann das
rote Gesicht mit dem zer-
wühlten grauen Haar
zur Tür herausstreckte,
war's, als müßte er sich
erst darauf besinnen, wer
der da draußen war und
Wie hatte sie das gemeint?
her, wo auch sein Sohn
war — sein Sohn, von
dem in allen Zeitungen
zu lesen war. Hatten sie
sich vielleicht zur schönen
Versöhnung hier zu-
sammengefunden? Oder
war's, daß man einem
— einem Toten nichts
mehr nachtrug?
Jetzt würde der Herr
Ingenieur wohl schon
gestorben sein, hatte vor-
hin der Junge gesagt.
Seine Blicke fuhren
an den Fenstern der Villa
hin und her. Kam denn
niemand, der ihm sagte,
wie's da drinnen stand?
Dort trat einer aus
dem Hause heraus. Dem
lief er nun entgegen. Es
war Walter Niefenstahl,
und auf den ersten Blick
wußte dieser, wen er vor
sich hatte. Er streckte die
Hand aus, sagte mit war-
mer Herzlichkeit eiu tröst-
liches Wort und daß man
die Hoffnung nicht ver-
lieren dürfe.
„Er lebt also noch?"
„Gewiß, Herr Have-
strand. Nur heftiges
Fieber hat er und phan-
tasiert. Niemand darf zu
ihm als der Doktor und
die alte Heinersdorf, die
ihn pflegt."
Christian Havestrand
wollte die alte Frau auf
jeden Fall sprechen.
Sie kam die Treppe
herab, wiegte den Kopf
hm und her und mur-
melte: „Auf einundvier-
zrg steht das Fieber-
thermometer. Wenn's
nur nicht auf zweiund-
vwrzig steigt!"
Christian Havestrand
wurde wild. „Wenn ich
schon nicht mit ihm spre-
chen soll — sehen will ich
chn unbedingt!"
Das konnten sie dem
Vater nicht verweigern
und ließen ihn durch
euren Türspalt zum Bett
hmüberblicken, wo mit
Var Hand der liebenden.
Roman von stedwig Rbt.
. . '.. — (Nachdruck verboten.)
och Edelas Mund hatte sich fest ge-
schlossen, die Lider hatten sich ihr tief
über die Augen gesenkt, und langsam
wandte sie sich und schritt die Straße
hinauf.
Die Augen quollen Christian Havestrand aus dem
Kopfe hervor, wie er ihr nachsah, bis ihre Gestalt im
Abenddämmer verschwamm. Was hatte sie gesagt?
Und wie kam sie hier-
-
HW
XXVII. Idio