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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 47.1912

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.60743#0066
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Var Luch MMe
Kustnette ^amilienreitung
z. liest. 1Y12.

stau8 Rickenbach.
Roman non 6eosg startmig (Lmmis Roeppel).
ieorlsetiung.) (Hachdi'lick oerbolen.)
ist das erste Mal i» meiner Praxis,
daß ein Laie mich in meinem ärztlichen
Urteil umrennen will," siel der Medizinal-
rat gemessen ein, dem die Persönlichkeit
des Sprechers von Minute zu Minute
unsympathischer und verdächtiger wurde. „Sie
mögen aus der Szene zwischen Ihnen und Bicken-
bach und aus der Szene zwischen Bickenbach und
Ihrer Tochter ersehen haben, was Sie wollen,
mir ist das Urteil maßgebend, das ich ein Jahr
lang bei der Behandlung des Kranken gewonnen
habe. Es liegt eine Wolke über seinem Geist, die
in irgend einer psychischen Bedrückung oder Rebellion
begründet ist, aber die Möglichkeit bietet, zerstreut
zu werden. Wann? Wie? Wodurch? Das liegt
außerhalb menschlichen Wissens, aber die Möglichkeit
ist nicht auszuschließen noch auszuschalten."
Bergitzky verbarg durch eine Bewegung den bösen
Blick, der in seinem Äuge aufzuckte, als er geschmeidig
sagte: „Bei aller Hochachtung vor Ihrer anerkannten
Kunst, eine Diagnose zu stellen, dürfte ich es mir
doch nicht versagen, im Interesse der Meinen noch
andere Urteile zu Rate zu ziehen."
„Wie Sie wollen."
Der Besucher verneigte sich dankend. „Ich habe
selbstverständlich den Wunsch, meine seelisch fast rui-
nierte Tochter tunlichst von ihrem Unglück nbzulenken
— und da sie darauf besteht, die Räume, in denen
Bickenbach zuletzt gewohnt hat, nicht zu verlassen, so ist
sie aus meinen Vorschlag eingegangen, den Kranken in
eine entferntere Anstalt zu bringen, wo er bessere
Luft und nebenbei auch mehr Ruhe in ganz neuer
Umgebung finden wird. Meine Enkelin zum Beispiel
wird dann nicht immer in Versuchung kommen, die
Wärter mit Bitten um Einlaß zu bestürmen und
schließlich mit ihrem Eindringen Unheil anzurichten."
„Ob Besuche empfangen oder abgewiesen werden
sollen," sagte der Medizinalrat mit verschärftem Nach-
druck, „unterliegt der Einsicht des Anstaltsarztes,
nicht der Zugängigkeit oder Nichtzugängigkeit der
Wärter — darin haben Sie gar nichts zu befürchten.
Prinzipiell kann ich gegen einen Anstaltswechsel nichts
einzuwenden haben, die Erlaubnis dazu unterliegt
nicht meinem Ermessen. Aber über die Zweckmäßig-
keit des Wechsels habe ich meine eigene Anschauung
und nebenbei moralische Bedenken. Die von Ihnen
sehr scharf betonte Betrübnis Ihrer Tochter dürfte
sich mit einer größeren Entfernung schlecht decken
sie würde Ihnen sehr bald zum Vorwurf gemacht wer-
den müssen. Mir, dem Hausarzt, würde die Möglich-
keit genommen, die Kette meiner Beobachtungenfort-
zusetzen. Das ist alles, was positiv dadurch erreicht
wird. Ich wüßte keinen besseren Aufenthalt für Hein-
rich Bickenbach in diesem Stadium seines Leidens
als den Aufenthalt in hiesiger Anstalt, dessen Leiter
zugleich mein Freund und Kollege ist."
Bergitzky erhob sich, indem er sich in die Brust
warf, was bei seiner geringeren Körpergröße und
Schmächtigkeit der kraftvollen Persönlichkeit des
Medizinalrats gegenüber nichts Imponierendes au
sich hatte. „Es ist nichts in mir," sagte er, die Bös-
artigkeit seiner Gedanken durch ein verbindliches
Kopfneigen verbergend, „was Ihren interessanten
Äußerungen nicht mit äußerster Spannung gefolgt
wäre. Nur fühlte ich mich im Verlauf derselben
immer mehr zu der Überzeugung hingedrängt, daß
wir, meine Tochter und ich, uns selbst und ganz

Italienische kuschei-mädchen. Nach einem öemäide von p. Sabrini. (5. HO)


III. ISI2.
 
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