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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

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Heft 22
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https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0478
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Varöuchfül-Me
Illustnette fsmilienreitung
22. liest. MS.
Amerika». Copyright ISIS by Union Tcutsche Verlagsgescllschaft, Stuttgart.


Seneral der Kavallerie Freiherr v. Pflanrer-Saltln,
der siegreiche tMrer der gleichnamigen österreichisch-ungarischen Armeegruppe in der gukowina. (8. 482)

schick, gerade
nach Dingen zu fragen,
die Arnulf eben erörtert
hatte.
Geduldig wiederholte
er alles, und aufmerksam
hörte sie ihm zu.
Dann war. Walli er-
schienen und hatte zu
Tisch gebeten.
So geriet ihm die An-
gelegenheit in Vergessen-
heit.
Nach dem Essen machte
Arnulf mit Fräulein Walli
eine Partie Salta, das
öeidelerdenschaftlichspiel-
ien, und die Mutter saß
chit einer Handarbeit da-
neben.
Sie wollte an die
«ache nicht weiter den-
ken und dachte doch im-
merfort an sie. Ja, als
hie Klingel ging, erschrak
be, als könne er herein-
Men, der wieder in ihrer
Aähe war. Er hatte doch
flrw stärkere Rolle in
chrem Erleben gespielt,
tt's sie sich jemals bewußt
geworden war, und sie
kam zu keiner Klarheit,
oh die heutige Erkennt-
ws dessen sie ärgere oder
neue.
Ach, die Leere, die
große Leere seitdem!
„ Sie lechzte nach einer
Ausfüllung dieser Leere.
nNd seine Eigenart ver-
band es, die Leere mit
"ben auszufüllen!
Die Saltaspieler wa-
fertig. Walli hatte
»wetzt unaufmerksam, ja
Alecht gespielt und die
Partie verloren. Ihre
Medankeu waren eben wo
Laders, ganz wo anders!
^01 Sonntagnachmittag
gehörte ihr. Das war
w Dienstvertrag verein-
.ott' Frau Emmerich
ewte keinerlei Einwen-
- Angen gemacht, es paßte
,, Prächtig zu ihren eige-
nen Absichten, denn
sonntags war meist Ar-
Aji da, und sie konnte
am. ihm ohne fremde
-Seilschaft rückhaltlos
.den. Walli aber wid-
ke den Nachmittag und
eud ihrem Verlobten.

ver freideulei'.
Homgn von stttur Wincklel'-Innnendefg.
Üottfthung.) . -.. lNÄchdruck o-i-twkeiM
Mit etwas plötzlichem Eifer ließ Klemen-
I« tine das Thema fallen und wandte sich
I einem anderen zu. Dabei hatte sie
II das Mißge-
schick, gerade

Das war aber eine sehr seltsame Verlobung!
Sie währte schon ins zehnte Jahr, und die Aus-
sichten, daß sie je zu einer Heirat führen würde,
waren schlecht. Gotthard Leitner war Kanzlist in
einem Spandauer Amtsbureau. Sein kleines Ein-
kommen wurde dadurch noch geschmälert, daß er
Schulden von früher abzuzahlen hatte; da durfte
er an die Gründung eines eigenen Hausstandes
noch nicht denken. Als junger Mensch hatte er ge-

spielt, und die Wucherer, denen er damals in die
Hände geraten war, hielten ihn in eiserner Klammer.
Eine einzige versäumte Abzahlungsrate drohten sie
mit der Anzeige bei der Behörde zu beantworten,
und dann war diese geordnete, endlich und mühsam
gefundene Existenz vernichtet. So hielt er still,
arbeitete und arbeitete eigentlich nur für seine
Gläubiger und ein elendes, freudloses Hungerleben.
Walli aber wartete. Ihre Schönheit war verblaßt.
Verwandte besaß sie nicht,
und in ihrem Verlobten
nur hatte sie so etwas wie
ein Anrecht an Menschen-
herzen. Wenn sie sich
trafen zum Kaffee und
Abendbrot in einer nicht
zu teuern Gartenwirt-
schaft, bezahlte jedes für
sich, denn selbst zur ein-
fachsten Kavalierpflicht
reichte es bei dem Ver-
lobten noch nicht.
Mit den schmalen wei-
ßen Fingern legte Walli
jetzt die runden Spiel-
steine in den Kasten, ge-
nau nach Farbe und Num-
mer geordnet. Dann trug
sie ihn weg und sagte:
„Gnädige Frau, haben
Sie noch Aufträge für
mich?"
Das war die gewöhn-
liche Frage.
„Nein,"klang'szurück.
„Dann darf ich mich
empfehlen?"
„Bitte — und viel
Vergnügen!"
„Ich danke verbind-
lichst."
Nun waren Mutter
und Sohn allein. So
ging's schon seit Jahr
und Tag. Man hatte sich
damit zurechtgefunden,
als müßte es sein. Die-
selbe Ordnung herrschte
zwischen den Verlobten
bezüglich der Treffpunkte;
es mußte schon etwas Be-
sonderes dazwischenkom-
men, wenn die Reihen-
folge geändert wurde.
Dieser arme Tintensklave
und die korrekte Gesell-
schaftsdame mußten ein-
mal eine Modellehe klein-
beamtlicher Hausordnung
abgeben. Ach,wannwürde
dies Mustergebilde in die
Erscheinung treten?!
Zur selben Stunde
ging in der großen Aus-
kunftei von W- N. Stuhr
die elektrische Glocke. Ein
kleiner Diener öffnete
und empfing den Einlaß
begehrenden Herrn mit
einer stummen Vernei-
gung, nahm ihm Hut und
Stock ab und überreichte
eine kleine gedruckte Karte
 
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