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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 54.1919

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Heft 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.44086#0026
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17


„Wozu?" fragte Elben-
born ruhig. „Morgen sagst
du doch bestimmt ja, oder
ich müßte dich schlecht ken-
nen. Daß ich dir schon an-
geboten habe, nach Elben-
born überzusiedeln, als du
Witwe wurdest, um mir die
Hausfrau zu ersetzen, wird
dir erinnerlich sein. Damals
hattest du eingewendet, daß
du dich von deinem Jungen
während seiner Schulzeit
nicht trennen wolltest, und
da du ja eine so vernünf-
tige Mutter bist, von der
nicht zu fürchten war, daß sie
ihr Küken verziehen und zu
einem unbrauchbaren Men-
schen heranpäppeln würde,
so habe ich dir recht ge-
geben. Jetzt aber ist Mar
flügge geworden, will, soll
und muß allein schwimmen,
was du ohne weiteres ein-
sehen wirst — also fällt die-
ser Einwand nun weg. Dein
zweiter, daß ich noch hei-
raten könnte und du dann
an die Luft gesetzt sein wür-
dest, ist dadurch, daß ich
nach reichlich zehn Jahren
immer noch den Fallstricken
klugrechnender Mütter trotz
meiner Jugend und Schön-

phok. Carl piehner, Wien.


Erzherzog Karl Stephan, der von polnischer Seite als König von
Polen vorgeschlagen wurde.

heit glücklich entronnen bin,
gleichfalls hinfällig gewor-
den, denn du wirst mir
doch hoffentlich nicht zu-
trauen, daß ich mit meinen
fünfzig Jahren noch heiraten
werde..."
„Trau, schau, wem! Alter
schützt vor Torheit nicht,"
warf Frau v. Tüßnitz nase-
rümpfend ein.
„Na, eben deswegen ist's
schon nötig, daß du kommst,
um ein wachsames Auge auf
mich zu haben," schmunzelte
der Majoratsherr mit einem
Blick in den Spiegel. Nun
mußte Frau v. Tüßnitz bei
ihrem ausgesprochenen Sinn
für Humor doch lachen, aber
sie wußte auch, daß sie da-
mit verspielt hatte. Sie
breitete die Arme weit aus
und sah sich in dem engen
Raume um.
„Lebt wohl, ihr Berge,
ihr geliebten Triften!" de-
klamierte sie mit einem
Schluchzen, das in einem
neuen Lachen erstarb. „Gut
denn — es sei! Sobald
also die erwartete Nachricht
aus Florida kommt, werde
ich meine Zelte hier ab-
brechen . . . ^Fortsetzung iolgt.s


1- Meister und Schüler (S. 3). — Eines der wenigen künstlerischen
Betätigungsgebiete, in denen sich eine durch Geschlechter gehende Über-
lieferung erhalten hat, ist die Holzschnitzerei. Soweit heute noch von
einer Kunst in der Holzschnitzerei gesprochen werden kann, findet sie sich
an den Plätzen und bei den Familien, die seit Generationen schon Be-
sonderes auf diesem Felde hervorgebracht haben, so in einigen Gebirgs-
dörfern Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Daß bei solcher,
gewissermaßen instinktiver Veranlagung zur künstlerischen Holzschnitzerei
und in einer Umgebung, die förmlich vollgesogen ist von fachlicher Über-
lieferung, das Verhältnis von Meister zu Schüler ein anderes ist als
etwa in einer von vielfach gearteten Strömungen und Bewegungen
durchsetzten Großstadt, ist einleuchtend. Es liegt in der Natur der Sache,
daß in jenen stillen Holzschnitzdörfern Meister und Schüler häufig Ver-
wandte, oft Vater und Sohn sind, da seit uralten Zeiten diese Kunst
bei ihnen heimisch ist. Sie stellt ja die älteste bildhauerische Betätigung
überhaupt dar; jeder Bildhauer war früher zugleich Holzschnitzer. Von
jeher hat die Holzbildnerei im Dienst der Kirche gestanden; die meister-
haftesten Schöpfungen sind auf diesem Gebiet entstanden, - ob es nun
kunstvolle Schnitzereien an Chorgestühl, Altären oder Heiligenfiguren
waren. Die Blütezeit der Holzschnitzerei ist seit langem vorüber; nach
einer Zeit der Verflachung beginnt sie sich nun wieder zu heben, doch
hat sich das Betätigungsfeld geändert; heute ist sie meistens ein Zweig
der Möbeltischlerei, abgesehen von jenen stillen Plätzen, wo sie stets eine
Heimat hatte, und wo sich die Liebe zur „Herrgottschnitzerei" von Ge-
schlecht zu Geschlecht vererbt hat.
1- Bilder aus dem Osten (S. 10/11). — Wenn die englischen Kriegs-
hetzer, deren Programm der „knoolc out", der Vernichtuugschlag, ist,
ihren Völkern die angeblichen deutschen Weltherrschaftsgelüste recht
packend darstellen wollen, dann sprechen sie von dem „deutschen Alerander-
zug", der auf nichts weniger als auf die Eroberung Indiens abziele.
Mit hellseherischer Gebärde weisen sie auf die deutschen Kriegszüge gen
Osten, in die Ukraine, irr die Krinr und auf dem Balkan hin. Daß die
Besetzung dieser Landesteile nur zu Verteidigungszwecken, zur Siche-
rung des „Brotfriedens" geschehen ist, wissen sie wohl, verschweigen es

aber ihren Nationen. Seit dem Zuge Alerander des Großen oder seit
den Kreuzzügen haben so gewaltige Heeresmassen allerdings nicht Kriegs-
fahrten irr solcher Ausdehnung unternommen, wie sie der deutsche Soldat
in diesem Weltkriege erlebt. Tausende, die bis dahin über die Grenzen
ihres Heimatortes nicht hinausgekommen waren, haben im feldgrauen
Rock die Seltsamkeiten und Schönheiten des Ostens geschaut, haben die
schwermütigen Weiten Rußlands, die malerischen Gestade des Schwarzen
Meeres, die eigenartigen Lebensbilder Kaukasiens, des Balkans und
mancher anderer Länder erblickt. Das gesamte deutsche Volksleben hat
damit eine Bereicherung an fremdländischen Eindrücken erhalten, wie
sie in gleichem Umfange vor Jahrhunderten nur durch die Kreuzzüge
eintrat.
t vom Scheinwerfer erfaßt (S. 15). — Mit der Vervollkommnung
des Heeresflugwesens im Kriege hat auch die Verbesserung der Flieger-
abwehrwaffen gleichen Schritt gehalten. Zu ihnen zählt auch der Schein-
werfer, den die tonangebende deutsche optische Industrie auf eine hohe
Stufe gebracht hat. Es sind besondere Scheinwerferabteilungen ein-
gerichtet worden, deren Führer und Mannschaften auf Scheinwerfer-
schulen ausgebildet werden. Der gewaltige Lichtstrahl des Schein-
werfers ist nicht nur ein Hilfsmittel für die Abwehrgeschütze, denen er
den feindlichen Flieger sichtbar macht, er ist eine Waffe selbst. Es ist
eine der gefährlichsten Lagen für einen Flieger, von einem Scheinwerfer
erfaßt zu werden. Die grelle Lichtflut blendet den aus tiefstem Dunkel
Kommenden häufig derart, daß er nichts zu erkennen vermag, daß er
das Gleichgewichtsgefühl verliert und nicht merkt, daß sein Flugzeug
nach rechts oder links „hängt"; ein verhängnisvoller Sturz ist leicht die
Folge. Mit äußerster Anstrengung und unter allerlei Finten und Listen
sucht daher der Flieger aus dem Bereich des gefährlichen Lichtkegels zu
kommen. Bei der außerordentlichen Schnelligkeit des Flugzeuges, das
in einer Minute drei Kilometer zurückzulegen und sich im Sturzflug in
einer halben Sekunde Hunderte von Metern zu senke,: vermag, gehört
nicht geringe Übung dazu, den Feind im Lichtkegel festzuhalten. Ver-
einigen zwei Scheinwerfer ihre Strahlen aus ein Flugzeug, so läßt sich
Entfernung und Höhe des Luftziels feststellen.
 
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