Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 54.1919

DOI Heft:
Heft 2
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44086#0036
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft 2

DasBuchfürAtle

25


Das Geständnis.

E. Teschendorfs.

zur Fürstin machen zu wollen, war gewiß nichts als eine leere
Redensart gewesen.
Bald vergaß er, selbst weiter darüber nachzusinnen. Was
ihn mehr als alles beschäftigte, waren Gedanken an das Spiel.
Er hatte im Klub zuletzt große Summen verloren und hatte sich
vorgenommen, sie in der kommenden Nacht wieder zurückzu-
gewinnen.
Als Fürst Wuka Pascadianu in den Spielsaal des Klubs trat,
verkündete ein Eongschlag der Uhr die zweite Stunde,' er trug
Frack, Seidenweste, Lackstiefel und eine

Blume im Knopfloch.
Seine schwarzen, ste-
chenden Augen glit-
ten suchend umher:
er schlenderte an den"'
Spieltischen vorbei,
blieb bald da und
dort stehen, um eine
Weile zuzusehen, ging
dann aber weiter.
Das Spiel hatte
überall den Höhe-
punkt erreicht,- man
sah erregte Gesich-
ter, und mancher der
Spieler schrieb mit
zitternder Hand An-
weisungen.
Fürst Wuka such-
te das Rauchzimmer
auf: aber auch dort
traf er Anton v. Ne-
gensperg nicht an.
Ein Herr näherte
sich ihm und fragte:
„Suchen Sie Baron
v. Regensperg?"
„Ja, leider konnte
ich ihn aber nirgends
sehen."
„Er ist hier ge-
wesen. Aber das
Glück war ihm auch
heute nicht günstig.
Sie wissen, mit wel-
chem Mißgeschick er
zuletzt spielte. Heute
beging er die Unbe-
sonnenheit, das Glück
zwingen zu wollen;
er versuchte es mit
den höchsten Sähen."
Der Fürst zeigte
keinerlei Erregung.
Leichthin antwortete
er: „Das gelingt
nie."

„Aber ein schönes Kind! Du hast recht, Kinder muß man
behüten, daß sie nicht der ersten Leidenschaft verfallen. Deshalb
verbirgst du sie wohl so sorgfältig?"
„Ich habe gar nichts über sie zu bestimmen. Arel läßt sich
von mir nicht beraten."
„Ihr Bruder?"
„Ja!"
„Ich will sie noch mal seheü!"
Die Worte zischten förmlich über seine zusammengepreßten
Lippen, und der entschiedene Ton verriet, wie sehr er es
gewöhnt war, daß
seine Wünsche erfüllt
wurden.
„Ich wiederhole
dir, daß sie zu gut
ist, um ein Spiel¬
zeug für dich zu
sein."
„Also doch eifer¬
süchtig? — Genügt
dir Ada v. Wallen¬
dorf nicht?"
„Mein Väschen
ist eine Regensperg,
. vergiß das nicht."
Nicht ohne Stolz
gab Anton v. Regens¬
perg den Bescheid.
Sofort antwor¬
tete der Fürst: „Wer
sagt dir, daß ich dabei
nicht weiter denke?
Sie ist schön genug,
um als Fürstin.be¬
wundert zu werden."
Ein rascher Blick
streifte ihn; dann er¬
klärte Anton v. Re¬
gensperg beharrlich:
„Ich habe nichts zu
bestimmen."
Und nun wurde
der Name Ena v. Re¬
gensperg zwis chenbei
den Freunden nicht
mehr genannt; sie
plauderten von an¬
deren Dingen, vom
nächsten Frühjahrs¬
rennen, vom Spiel
und von Pferden. Als
sie sich jetzt trennten,
fragte der Fürst noch:
„Bist du nachts im
Klub?"
„Ja!"
„Ich werde kommen und darf hoffen, dich zu sehen?" „Es ist so, wie Sie sagen. Und so kam es auch, daß er große
„Gewiß." Summen verlor. Zuletzt stellte er noch Scheine aus. Gegen
„Auf Wiedersehen!" ein Uhr war er verschwunden, ohne eine Erklärung zu hinter-
Jm Weiterreiten hielt Anton v. Regensperg die Zügel lässig lassem
in der Hand; die Fuchsstute kannte den Weg.
Seine Gedanken waren zu seiner Cousine Ena zurückgeirrt. .
Nein, sie war zu gut für den Fürsten. Ob Pascadianu im Ernst
daran dachte, sie zu seiner Frau zu machen? Er glaubte nicht
daran; in ein paar Tagen hatte dieser Ausländer die Begegnung
sicher wieder vergessen. Jedenfalls war es zwecklos, darüber
nachzugrübeln; Ena war doch noch ein Kind, ausgelassen, toll
und lustig. Er konnte sich nicht vorstellen, daß der Georgier
ernstlich daran dachte, sie trotz ihrer Armut zu heiraten. Und
y>as würde das für ein Glück werden für die kindliche Ena? Sie

„Sagte er, ob er wiederkommen würde?"
„Nein!"
„Nun, ich werde noch etwas warten."
„Wollen Sie nicht spielen, Fürst?"
„Ich bedauere. Es macht mir kein Vergnügen."
Er verabschiedete sich, dankte noch für die Aufklärung und
schlenderte wieder zu den Spieltischen. Dort war jeweils nur
die Stimme des Bankhalters zu hören, das Klingen von Geld-
stücken, das Knistern von Bankscheinen und dazwischen manchmal
ein halb unterdrückter Ausruf.
 
Annotationen